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Wo bitte geht's nach Domodossola

Titel: Wo bitte geht's nach Domodossola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Pappkarton. Doch an den Wachtposten hatte ich meine helle Freude. In ihren Uniformen sahen sie aus wie die sympathischsten Waschlappen, die man sich vorstellen kann. Seit 150 Jahren leben die Schweden in Frieden mit der Welt und vertreten eine entschlossen antimilitaristische Haltung. Vermutlich wollen sie es daher vermeiden, daß ihre Soldaten allzuviel Ähnlichkeit mit wilden Machos haben, und lassen sie deshalb weiße Helme tragen, die Badekappen zum Verwechseln ähnlich sehen, und weiße Gamaschen, die auch Donald Duck gehören könnten, jedenfalls muß man sich schon sehr beherrschen, um nicht auf einen von ihnen zuzugehen und ihm unauffällig ins Ohr zu flüstern: »Hey, Lars, weißt du eigentlich, wie bescheuert du aussiehst?«
    Als ich wieder auf der Strömbron stand, war ich einmal mehr gefangen von dem Blick auf Brücken, Inseln und Wasser. Und während ich so am Geländer lehnte, fiel aus dem Nichts ein Regentropfen auf mich herab, und dann der nächste und noch einer.
    Ich sah zum Himmel auf und erblickte eine graue Wolkenwand, die sich von Westen her auf die Stadt zuwälzte. Innerhalb von Sekunden verdunkelte sich der Himmel, und der Regen prasselte los. Menschen, die eben noch Hand in Hand durch den Sonnenschein gebummelt waren, rannten mit Zeitungen über den Köpfen umher und suchten Schutz. Ich war von der Wankelmütigkeit des schwedischen Wetters zu verblüfft, um mich von der Stelle rühren zu können. Also blieb ich, wo ich war, und starrte über das nun graue, vom Regen gepeitschte Wasser hinaus, schneuzte mir mit den McDonald’s Servietten lautstark die Nase und dachte flüchtig darüber nach, was für ein reicher Mann ich wäre, wenn sich mit Rotz Geld verdienen ließe. Schließlich sah ich wieder zum unfreundlichen Himmel hinauf und traf eine wichtige Entscheidung.
    Ich würde nach Rom fliegen.

    Rom

    Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen. Ursprünglich hatte ich ja die Absicht, mich Rom so systematisch und logisch zu nähern, wie man es erwarten könnte – einmal der Länge nach durch Deutschland, durch Österreich und die Schweiz, dann durch einen Zipfel Frankreichs, durch die Lombardei und die Toskana, um endlich verschwitzt, schmutzig und erschöpft dort anzukommen. Doch nach fast einem Monat unter dem regnerischen Himmel Nordeuropas sehnte ich mich nach Sonnenschein. So einfach war das. Ich wollte in Hemdsärmeln durch die Straßen laufen, im Freien sitzen und Cappuccino trinken und mir die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Also warf ich meine geplante Reiseroute über den Haufen und überwand, von gelegentlichen Gewissensbissen geplagt, mit einem einzigen Satz die 2500 Kilometer zwischen Stockholm und Rom. Denn was wäre schließlich das Reisen – was wäre das ganze Leben – ohne Spontaneität?
    Es war meine erste Reise nach Rom. Dabei wollte ich diese Stadt schon kennenlernen, seit ich denken kann, zumindest seit ich als Teenager zum ersten Mal La Dolce Vita gesehen habe. Ich liebe italienische Filme, vor allem die wirklich miesen – die, die von Leuten in Szene gesetzt wurden, die es einfach nicht zulassen, daß ihr absoluter Mangel an schauspielerischen Fähigkeiten ihrer Karriere irgendwie im Wege steht. Die Hauptrollen sind immer mit Giancarlo Giannini und der reizenden Ornella Muti besetzt. Da schon die Titel verraten, wie schlecht die Filme sind – In einer Regennacht, Ein Sommer voller Zärtlichkeit –, braucht man gar nicht erst zu fürchten, man könnte von so etwas wie einer Handlung abgelenkt werden, sondern kann sich ganz auf die beiden wichtigsten Dinge konzentrieren: auf Ornella Muti, die dann und wann die Hüllen fallen läßt, und auf die guten Außenaufnahmen, von denen es in italienischen Filmen jede Menge gibt. Meistens knattern Ornella und Giancarlo dann auf einer Vespa am Colosseum vorbei und an der Piazza Navona und an den anderen touristischen Sehenswürdigkeiten Roms, um sich anschließend auf irgendeinem Bett zu tummeln oder mit viel Gefühl zu erörtern, wie es mit ihnen weitergehen soll, denn gewöhnlich lebt einer von beiden mit Marcello Mastroianni zusammen. Früher waren alle Filme voll von dieser Art Lokalkolorit – wenn ich nicht irre, existierte in den sechziger Jahren in Großbritannien ein Gesetz, demzufolge jeder Film mindestens eine Szene enthalten mußte, in der vier lachende junge Leute in einem offenen Morgan über die Tower Bridge fahren. Bis auf die Italiener scheinen inzwischen alle diese Technik abgelegt zu haben, was ich

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