Wo Dein Herz Zu Hause Ist
Bart- T-Shirt ?»
«Melissa, hast du mein Handy gesehen?»
«Mum, wo sind meine Turnschuhe?»
«Ich könnte schwören, dass ich meine Aktentasche neben das Sofa im Wohnzimmer gestellt habe. Hast du sie zufällig woandershin geräumt?»
«Mum, wo sind meine Pausenbrote?»
«Meine Schlüssel. Meine Schlüssel. Weißt du, wo meine blöden Schlüssel sind?»
«Mum, wo ist mein Captain-Jack-Sparrow-Bleistift mit dem Radierer obendrauf?»
Sie musste duschen, ein Hemd bügeln, ihrem Sohn die Pausenbrote schmieren, ein Babyfläschchen sterilisieren, einen Kaffee trinken, sich die Haare kämmen und hinter Make-up und Schminke verstecken, dass sie völlig fertig war.
Vielleicht sollte ich mir Rollschuhe unterschnallen
.
Gerry war bester Laune und tat so, als hätte er sie noch nie im Leben im Stich gelassen. «Guten Morgen, gute Fee.»
«Hör bloß auf!»
Nachdem er seine Aktentasche und seine Schlüssel gefunden hatte, küsste er sie, und Melissa überlegte kurz, ob sie ihm einen Kinnhaken verpassen sollte. Dann ließ sie es doch bleiben, aber nur, weil sie ihren Sohn nicht mit einem frühkindlichen Trauma belasten wollte. Stattdessen stürmte sie bloß türenknallend aus der Küche.
«Jacob, hat deine Mutter schlechte Laune?», fragte Gerry und fuhr seinem Sohn durchs Haar.
«Sie hat zu mir gesagt, ich könnte ihr mit meinem Captain-Jack-Sparrow-Bleistift mit dem Radierer obendrauf mal am Abend begegnen», sagte Jacob mit vollem Mund.
«Na ja, ich bin nicht so sicher, ob Captain Jack auf dieses Treffen Lust hätte», sagte Gerry, bevor er den Orangensaft direkt aus dem Tetra-Pack trank.
Melissa packte die Pausenbrote in Jacobs Schultasche. Dann zog sie den Captain-Jack-Bleistift aus ihrer Tasche und reichte ihn ihrem Sohn.
«Wo hast du ihn gefunden?»
«In der Schatzgrube unter deinem Bett.»
«Danke, Mum», sagte er und war schon auf dem Weg hinaus zum Auto.
Gerry tat so, als hätte er nicht bemerkt, dass sie sauer war. «Wo bleibt mein Abschiedskuss?»
«Du kannst mich mal, Gerry.»
«Mit Vergnügen.»
«Aber kein so großes Vergnügen wie das Dasein als alleinerziehende Mutter.»
«Jetzt kommt das schon wieder!», sagte er mit einem dramatischen Seufzer.
«Geh! Geh lieber, bevor ich dir den Kopf abreiße!»
So langsam bekam Gerry mit, dass Melissa keinen Spaß machte, doch ihr Verhalten erschien ihm trotzdem vollkommen übertrieben und irrational. «Melissa, hast du schon mal überlegt, ob du vielleicht Hilfe brauchst?»
«Ja, Gerry, hab ich. Und zwar brauche ich deine Hilfe, aber es sieht nicht danach aus, als würde ich die jemals bekommen, also verdrück dich am besten, bevor ich richtig explodiere, okay?»
Gerry war augenblicklich weg. Die Tagesmutter kam gerade so rechtzeitig, dass Melissa es noch knapp zu ihrer Budgetsitzung schaffte, die vier Stunden dauern würde. Danach würde sie an ihrem Schreibtisch ein Sandwich essen, bevor sie in das anschließende Verkaufsmeeting ginge, das ebenfalls mit vier Stunden angesetzt worden war, sodass sie ihren Papierkram abends zu Hause erledigen musste. Sie würde das Baby füttern, die Verkaufszahlenkontrollieren, das Baby Bäuerchen machen lassen, ein paar Absatzgrafiken erstellen und das Baby in den Schlaf wiegen, während sie ein paar Verkaufsangebote schrieb. Wenn das Baby schlief, würde Jacob sein Abendessen haben wollen und Hilfe bei seinen Hausaufgaben brauchen, dann würden sie sich darüber streiten, dass er etwas anderes im Fernsehen sehen wollte, als er durfte, und sie würde schimpfen, und er würde schmollen. Kurz nach halb acht würde Gerry nach Hause kommen. Er würde sich sein Abendessen, das sie im Herd warmgestellt hätte, auf einen Teller laden, damit ins Wohnzimmer gehen, und dort würde er zusammen mit seinem Sechsjährigen, den das Gemeckere seiner Mutter ziemlich erschöpft hatte, stumpfsinnig vor dem Sportkanal sitzen.
Ich hasse mein Leben. Ich will das alles nicht mehr
. Melissa hatte als Teamchefin ein umfangreiches Budget zu verwalten und deshalb unmöglich länger als sechs Wochen in Mutterschaftsurlaub gehen können.
«Wenn es letztes oder nächstes Jahr gewesen wäre, Melissa, hätten wir uns etwas einfallen lassen können, aber dieses Jahr können wir unmöglich auf dich verzichten.»
Und natürlich hatte Melissa verstanden, dass ihr Team sie brauchte, sie war nämlich ein unheimlich teamorientierter Mensch. Obwohl sie noch eine leichte postnatale Depression hatte, war sie wieder arbeiten gegangen, und sie konnte sich
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