Wo Dein Herz Zu Hause Ist
freute sich Susan, dass er nun zu Ende ging. Sie hatte inzwischen noch drei Mal mit Keith geschlafen, einmal in einem Hotel, einmal im Morgengrauen auf einer Decke hinter ein paar Felsen am Strand von Killiney und einmal mittags in Susans Ehebett. Und nach diesem letzten, besonders erfüllenden Stelldichein gestand Susan sich endlich ein, dass ihre Ehe am Ende war. Keith war bald danach gegangen, und nachdem er die Haustür hinter sich zugezogen hatte, packte Susan ihre Tasche. Sie weinte nicht und dachte auch nicht viel nach, sondern packte nur mechanisch die wichtigsten Sachen ein, die sie brauchen würde, wenn sie nicht mehr zu Hause wohnte.
Vom Auto aus rief sie Harri an.
«Kann ich eine Zeitlang bei dir wohnen?», fragte sie, als Harri abgenommen hatte.
«Ja, klar», antwortete Harri, ohne weitere Fragen zu stellen. So etwas hatte sie schon kommen sehen.
«Ich bin unterwegs», sagte Susan.
Ich rede mit Beth, sobald ich ein bisschen klarer sehe. Dann erzähle ich ihr alles. Oh Gott, ich hoffe, sie wird mich nicht hassen.
Als sie ankam, erwartete sie Harri mit einem frisch bezogenen Sofabett, dampfendem Tee, ein paar Keksen und einer herzlichen Umarmung.
«Es tut mir so leid für dich, Susan», sagte Harri. Sie hatte erwartet, dass Andrew Susan hinauswerfen würde, und sie war ein bisschen erschrocken darüber, dass Susan von selbst gegangen war.
«Ich habe es nicht mehr ausgehalten», sagte Susan. «Ich konnte das Schweigen und die Lügen nicht mehr ertragen.»
«Und was ist mit Beth?», fragte Harri. Dass Susan so spontan gegangen war, ohne ihre Tochter darauf vorzubereiten, verwunderte sie.
«Sie weiß es noch nicht.»
Beth jobbte in einer Boutique in der Stadt und würde erst später nach Hause kommen. Allerdings wusste Susan nicht genau wann. Harri fand, sie müsse mit ihrer Tochter reden. Also sprach Susan auf Beths Mailbox, dass sie nach der Arbeit zu Harri kommen solle, und betonte, es sei wichtig.
Beth kam um kurz nach acht. Harri begrüßte sie besonders herzlich und wollte ihr einen Rest Lasagne aufdrängen. Susan war schweigsam, und Beth beharrte darauf, keinen Hunger zu haben. Sie spürte, dass irgendetwas nicht stimmte.
Harri ließ die beiden allein und ging ins Bad, um sich eine Wanne einzulassen.
«Was hat er getan?», fragte Beth.
«Nichts», sagte Susan. «Er hat nichts getan.»
«Ich weiß aber, dass er was gemacht hat!», erwiderte Beth den Tränen nahe.
«Ich war es», gab Susan zu. «Ich bin diejenige, die eine Affäre hatte. Er hat es vor sieben Monaten herausgefunden.»
Zwar saß Beth, aber sie hatte dennoch das Gefühl, ihreKnie würden weich. Sie sank gegen die Lehne ihres Stuhls zurück. «Du?», fragte sie ungläubig.
«Es tut mir leid», sagte ihre Mutter.
«Du?»
Susan nickte. Beth verstand die Welt nicht mehr. Die ganze Zeit hatte sie geglaubt, es sei ihr Vater, der nebenbei etwas laufen habe, und er sei es, der die Familie zerstöre. Die ganze Zeit, in der sie über ihn hergezogen war, ihn beschimpft und ihre Mutter getröstet hatte – die ganze Zeit war ihr Vater das Opfer gewesen. Beth war sprachlos.
«Es tut mir leid», wiederholte Susan.
Beth erwachte aus ihrer Erstarrung, sprang auf und lief aufgebracht durch das Wohnzimmer. «Er hat überhaupt nichts gesagt!» «Warum hat er dich nicht rausgeworfen?» «Warum hat er sich meine Sprüche bieten lassen?» «Warum hat er dich in Schutz genommen?»
Susan konnte nur immer wieder sagen, dass sie nicht wusste, warum Andrew so reagiert hatte. Sie wusste auch nicht, warum er darauf bestanden hatte, dass ihre Tochter nichts von Susans Seitensprung erfuhr. Sie musste ihm versprechen, dass sie ihr nichts sagte, und sie hatte sich einverstanden erklärt – sie hätte alles getan, damit er ihr verzieh. Auch Susan war aufgefallen, wie merkwürdig es war, dass er sich kein einziges Mal verteidigt oder auf Susan gedeutet hatte, wenn Beth ihm wieder mal Vorwürfe machte. Schließlich war es für Susan ohnehin schon demoralisierend genug, dass sie ihrer Tochter nicht die Wahrheit sagen konnte. Sie hatte sich gefragt, ob Andrew genau das beabsichtigt hatte, doch für so machiavellistisch hielt sie ihn dann doch nicht. Sie konnte ihrer Tochter nicht erklären, warum ihr Vater so verzweifelt versuchthatte, ein Geheimnis aus ihrer Untreue zu machen. Es ergab überhaupt keinen Sinn.
«Wer war es?» «Und wann und wie lange ist es gegangen?» «Wie oft habt ihr euch gesehen?» «Warum?» All diese Fragen hatte Beth
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