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Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Wo Dein Herz Zu Hause Ist

Titel: Wo Dein Herz Zu Hause Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna McPartlin
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heftiger sie es mit irgendwelchen Verführungstricks versuchte. Und ja, er hatte sie ausgelacht, aber warum er das getan hatte, wusste er nicht. Vermutlich war seine eigene Panik der Grund dafür gewesen. Er hatte nicht lachen wollen und wusste, wie sehr er sie damit verletzte, und oft hatte er sich vorgenommen, mit ihr zu sprechen, aber er schaffte eseinfach nicht. Ganz gleich, wie sehr er sich bemühte, er brachte es nicht über sich, ihr zu sagen, worin das eigentliche Problem bestand. Sie war immer wütender geworden, und er zog sich immer weiter von ihr zurück, weil er sich schämte. Es war lächerlich, dass sich ein erwachsener Mann vor seiner eigenen Frau schämte, aber so ging es ihm eben, und je länger es dauerte, desto unmöglicher fand er es, sich ihr oder irgendwem sonst anzuvertrauen. Er hatte einen Termin bei seinem Arzt ausgemacht und es sogar bis zum Parkplatz vor der Praxis geschafft, aber weiter nicht. Während er einparkte, wurde ihm bewusst, dass sein Arzt im gleichen Golfclub spielte wie er, also war es eindeutig unmöglich, mit dieser Sache zu ihm zu gehen.
    Immer weiter hoffte er, das Problem würde sich von selbst lösen, aber das war nicht der Fall. Als die Schwierigkeiten vor drei Jahren zum ersten Mal aufgetreten waren, hatte er es mit verschiedenen Methoden versucht, zum Beispiel mit energischer Masturbation, aber was dabei herauskam, waren ein schmerzendes Handgelenk und ein wundgeriebener Penis.
Was ist mit meinem Schwanz los, verdammt? Was ist bloß mit meinem Schwanz los?
Masturbation funktionierte also nicht. Stattdessen kaufte er sich Pornovideos, von Soft bis Hardcore, aber das brachte auch nichts. Er rief Telefonsexnummern an und sprach mit Frauen, die Busty oder Pussy Doll hießen. Busty war ganz nett – sie hatte einen französischen Akzent und mochte Neil Diamond. Mit Pussy Doll redete er nicht besonders lange – sie war ihm zu derb, und mit ihrer tiefen Stimme hätte sie glatt ein Mann sein können. Natürlich hatte er es auch mit Viagra probiert, aber davon wurde ihm nur schwindlig und schlecht. Und nachdem er seineFrau einen anderen Mann hatte küssen sehen, hatte er sich ins Auto gesetzt und war so lange in der Stadt herumgefahren, bis er auf dem Straßenstrich eine Nutte gefunden hatte. Sie war eingestiegen, und zehn Minuten später hatte sie ihre sämtlichen Erfahrungen in Sachen Blow-Job eingebracht. Doch auch das hatte nicht funktioniert.
    «Wissen Sie was, Mister? Sie sollten mal zum Arzt gehen.»
    Und jetzt war seine Frau weg. Seine Ehe, so wenig ihr Verhältnis diesen Namen in letzter Zeit auch verdient hatte, war am Ende, und zwar deshalb, weil er seine Schwäche nicht eingestehen konnte, seine beschämende Impotenz. Er hasste sich selbst, er hasste sich, weil er mit seinem dummen, verbohrten, kindischen, lächerlichen Verhalten einfach zugesehen hatte, wie sich die Frau, die er liebte, fast in Stücke riss, um von ihm wieder geliebt zu werden. Und er hasste sich, weil ihm der Mut oder die Stärke fehlte, sich Hilfe zu suchen – aber wie sollte er jemanden fragen, und wohin sollte er gehen, und wem könnte er sich anvertrauen, und wie sollte er die richtigen Worte finden? Wie sollte ein fünfzigjähriger Mann, der in seinem ganzen Leben weder jemanden um Hilfe gebeten noch welche nötig gehabt hatte, zugeben, dass er fremde Unterstützung brauchte? Und noch schlimmer: Wie sollte ein richtiger Mann wie Andrew es schaffen zuzugeben, dass er impotent war?
    «Dad, du weinst ja», sagte Beth und wischte ihm die Tränen von den Wangen. Sie hatte an seiner Schlafzimmertür geklopft, aber er hatte nicht reagiert.
    Sie stellte ein Tablett mit Tee und Keksen neben ihn aufs Bett.
    «Danke», sagte er.
    «Sie verdient dich nicht», sagte Beth. Ihr Vater schloss die Augen.
    «Ich bin ziemlich müde», sagte er.
    «Ich auch.»
    «Wir sehen uns dann beim Frühstück.»
    «Okay.»
    Sie zog die Tür hinter sich zu. Er ließ seinen Blick durch den Raum wandern, schüttelte den Kopf und hörte auf zu weinen. Seine Tochter hatte recht. Susan verdiente ihn nicht, weil sie etwas Besseres als ihn verdiente. Und jetzt, wo sie ihn verlassen hatte, würde sie vermutlich bald einen Besseren finden.

3.   August 1975   Sonntag
    Mam war wirklich komisch heute morgen. Sie hat mitten im Vorgarten auf dem Boden gesessen. Es hat geregnet, und sie hat einfach nur dagesessen. Sie hat geweint. Dann hat sie mich angesehen, und im ersten Moment war es, als würde sie mich nicht erkennen. Mir ist

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