Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
zwei Schritte zu viel geht, fällt man direkt in der Erde Poritze ...
„Da ist es ziemlich langweilig, und ich weiß auch gar nicht, ob die Gegend schon auf Landkarten zu finden ist“, berichte ich in der Hoffnung, dass sie sich damit zufrieden gibt.
Die Mädels lachen. „Das klingt so, als hättest du mit Hamburg genau die richtige Stadt gefunden“, findet Ulli, die sich noch immer vor Lachen kringelt. „Wenn hier bei jemandem Langeweile aufkommt, macht er irgendetwas falsch.“
Derweil wird der Wein serviert, und bevor wir alle anstoßen können, trinkt Ulli die Hälfte ihres Glases in einem Zug leer.
„Der schmeckt ja wirklich ganz ausgezeichnet!“, schwärmt sie mit leuchtenden Augen.
Als Sunny meinen perplexen Gesichtsausdruck bemerkt, gackert sie.
„Kannst du dich nicht beherrschen?“, fragt Britta kopfschüttelnd. „Was soll Lilli denn jetzt bloß von uns denken?“
Ich grinse und erhebe mein Glas. „Auf Hamburg!“, sage ich, weil mir gerade nichts Besseres einfällt. Aber irgendwie scheine ich es auch tatsächlich so zu meinen, denn in mir tut sich plötzlich das Gefühl auf, dass ich mich hier ganz wohlfühlen könnte.
Die Mädels sind wirklich supernett. Beim Essen stellen sie mir viele Fragen über Familie, Arbeit und meine Ex-Freunde. Wir haben jede Menge zu lachen. Als wir das Restaurant verlassen, fällt mir plötzlich auf, dass ich ihnen kaum Fragen über ihr Leben gestellt habe. Aber es hat sich einfach toll angefühlt, so viel Interesse an meiner Person zu genießen. Auf der anderen Seite ist mir das aber auch nicht ganz geheuer, und ich frage mich, warum die das alles wohl über mich wissen möchten. Gehören sie vielleicht zu einer geheimen Bundesbehörde, die das Verhalten und die Lebensweise frustrierter Landeier erforscht?
„Was haltet ihr davon, wenn wir uns jetzt nach einer gemütlichen Bar auf der Reeperbahn umsehen?“, fragt Sunny und wirkt dabei so, als hätte der Tag für sie gerade erst begonnen. Das finde ich seltsam. Ihren Worten zufolge, ist sie heute Morgen auch schon ziemlich früh auf den Beinen gewesen. Nach dem Frühstück hat sie geputzt und anschließend für Mia, Max Bernd, Paul und mich gekocht. Danach hat sie alles wieder aufgeräumt und noch beim Ausladen geholfen. Aber so sehr ich es auch versuche, kann ich mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass sie auch nur einen Moment lang erschöpft ausgesehen hat. Die ganze Zeit strahlt sie wie ein Honigkuchenpferd. Das verwirrt mich. Wie kann ein einzelner Mensch so viel Ausdauer besitzen?
„Wollen wir zur U-Bahn-Station den Bus nehmen?“, fragt Ulli.
, Ja! ‘, denke ich. Zu viel Bewegung wird ohnehin überbewertet.
„Ach, lass uns mal laufen!“, lehnt Sunny ab. „Nach dem Essen tut uns ein kleiner Spaziergang ganz gut. Außerdem habe ich wegen des Weins schon ein ganz schlechtes Gewissen. Die vielen Kalorien sprengen meinen Diätplan.“
Betrübt schaut sie auf ihren Bauch. Es ist das erste Mal an diesem Tag, dass sie nicht rundum glücklich aussieht. Und obwohl ich ihre Konfektionsgröße auf achtunddreißig oder vierzig schätze (nur die Hosen, nicht die Oberteile), fühlt sie sich offenbar nicht besonders wohl in ihrer Haut.
„Hast du es jetzt schon einmal mit der Rohkostdiät versucht, von der ich dir erzählt habe?“, fragt Britta mitfühlend. Allem Anschein nach ist sie mit ihrer Figur ebenso unzufrieden.
„Ehrlich gesagt nicht. Nach der Kohlsuppendiät bin ich mit dem Experimentieren etwas vorsichtiger geworden.“
Ulli verzieht das Gesicht. „Mit dieser Kohlsuppendiät verliert man höchstens seine Freunde und keine Kilos. Der Abend damals in deiner Wohnung ist echt schlimm gewesen. Wir hätten wirklich woanders hingehen sollen.“
„Dann bist du immer noch an Weight Watchers dran?“, fragt Britta.
„Ja, allerdings hat es bisher nicht den gewünschten Effekt erzielt“, Sunny hakt sich bei mir ein. „Du bist ja plötzlich so still geworden“, bemerkt sie. „Naja, du kannst bei solchen Themen ja auch nicht mitreden. Mit deiner Figur hast du bestimmt keine Probleme.“
Während ich Sunny verwundert mustere, gleitet mein Blick unwillkürlich auf ihr Dekolleté. Und obwohl ich mittlerweile nur noch zu drei Prozent davon ausgehe, dass ihre Oberweite nicht Gott-gegeben sein kann, bekomme ich Komplexe. Doch von all dem ahnt sie nicht das Geringste und strahlt mich an, als müsste meine Welt in Ordnung sein. Ich versuche, ihr ein sorgloses Lächeln zuzuwerfen und sehne
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