Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
Als mir die Bardame meinen Cocktail hinstellt, legt er zehn Euro auf den Tisch und sagt: „Der geht auf mich.“ Dann zwinkert er mir zu: „Wir sehen uns.“ Anschließend verlässt er die Bar. Was für ein Glück! Jetzt bin ich ihn endlich los. Dann kann der Abend ja jetzt gemütlich weitergehen.
12
Als ich am Montag aufstehe, fühle ich mich wie gerädert. Gestern habe ich bis Mittag geschlafen, und während ich Mühe hatte, aus meinen Federn zu kriechen, ist Sunny schon drei Stunden lang durch die Wohnung gehüpft, hat Wäsche gewaschen und nebenbei ein halbes Buch gelesen. Wieder einmal hat sie dabei den Anschein erweckt, als wäre sie das blühende Leben. Diese Frau ist so außergewöhnlich, dass ich mich mittlerweile nicht mehr nur noch frage, ob ihr Busen echt ist (zum Schutze meines Selbstbewusstseins sind meine Zweifel diesbezüglich wieder um eins Komma acht Prozent angestiegen). Vielmehr halte ich sie für einen Rundum-Alien. So viel Power kann einfach nicht von dieser Welt sein.
Wie dem auch sei. Durch die Aufregung hinsichtlich meines ersten Arbeitstages habe ich dann eine gefühlte Ewigkeit nicht einschlafen können.
Sobald Sunny und ich in der Kanzlei eintreffen, zeigt sie mir alles. Sie gibt mir die für mich notwendigen Schlüssel und stellt mich meinen neuen Kollegen sowie den Chefs vor. Bis auf die persönliche Sekretärin von Herrn Hübel, Frau Petra Petersen (ihre Namensgeber hatten offenbar eine enorm kreative Eingebung), empfinde ich sonst auch alle Personen als sehr angenehm.
Sunny erzählt mir, dass Frau Petersen schon eine halbe Ewigkeit in der Kanzlei beschäftigt ist. Sie ist nie verheiratet gewesen, und Sunny kann sich auch nicht daran erinnern, Frau Petersen schon einmal von einem Lebensgefährten sprechen gehört zu haben. Allerdings sorgt sie immer mal wieder für frischen Wind im Büro, denn eine ihrer Spezialitäten sei es, neue Rechtsanwaltsfachangestellte erst zum Weinen und anschließend in psychologische Behandlung zu bringen. „Seit wann machen wir das denn so?“, ist die Lieblingsfrage von Frau Petersen. Des Weiteren zieht sie mindestens einmal wöchentlich eine zähe Knoblauchfahne hinter sich her, behütet ihr Erspartes, wie einst Gollum den Ring von Sauron, und die Hutablage ihres Autos wird von einer getigerten Wackelkatze geziert. Außerdem hat sie sich schon seit mindestens fünfzehn Jahren keine neue Kleidung mehr gekauft. So ähnlich riecht sie auch, was mich entweder zu der Annahme bringt, dass sie ihre Klamotten schon genauso lange nicht mehr gewaschen hat oder es einen neuen, abartigen Weichspüler mit dem Geruch von Katze geben muss.
Herr Klotz befindet sich diesem Vormittag nicht im Hause, doch er hat ein halbes Dutzend Kassetten hinterlassen, auf dem wichtige Schriftsätze diktiert sind. Das finde ich gut, denn dabei kann man immer ganz wunderbar abschalten.
Als gegen Mittag der Fahrstuhl aufgeht, schaue ich in der Erwartung auf, meinen neuen Chef begrüßen zu dürfen. Doch aber hallo ... Der Herr, der sich da so leichtfüßig auf mich zubewegt, ist wesentlich interessanter, als mein neuer Vorgesetzter.
„Sie müssen Frau Hansen sein“, er reicht mir die Hand.
Sein strahlendes Lächeln lässt mich für einen Moment vergessen, ob ich wirklich Frau Hansen bin. Trotzdem nicke ich und schüttle seine Hand.
„Ich bin Andreas Schneemann“, sagt er.
„Hallo“, entgegne ich.
Bevor er noch mehr sagen kann, kommt Frau Petersen herbeigeeilt. „Da sind Sie ja endlich, Herr Schneemann. Frau Schneider versucht schon den ganzen Tag, Sie zu erreichen. Bisher hat sie bestimmt schon sieben Mal angerufen.“
Herr Schneemann schaut gestresst, jedoch nicht genervt. Er wünscht mir einen angenehmen ersten Arbeitstag und eilt anschließend davon. Im ersten Moment finde ich das schade, stelle dann jedoch fest, dass seine Rückansicht auch nicht unbedingt von schlechten Eltern ist.
„Was ist denn mit dir passiert?“, fragt Sunny grinsend, als sie mit zwei Tassen Kaffee, von der sie mir eine reicht, aus der Küche zurückkommt. „Du guckst ja genauso, wie der Typ aus der Bar.“
„Ach wirklich?“, frage ich verblüfft. Das ist nämlich so gar nicht meine Art. Eigentlich ziehe ich es viel lieber vor, einem für mich interessanten Mann mit Respekt zu begegnen. Dabei erwecke ich ungern den Anschein, als hätte ich schon seit acht Monaten keinen Sex mehr gehabt. Mit Daniel ist es zuletzt nämlich dermaßen öde gewesen, dass ich ungefähr ein halbes Jahr vor
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