Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
mir, dass ich eine SMS von Mia erhalten habe. Ich bin überrascht. Eigentlich hatte ich nach all der Zeit gar nicht mehr damit gerechnet, dass sie immer noch die gleiche Nummer hat.
„Hey Atelie“, schreibt sie. „Das ist ja eine Überraschung! Wir denken ziemlich oft an dich und fragen uns andauernd, wie es dir wohl gehen mag. Liebe Grüße Mia.“
„Hallo ihr beiden. Tut mir wirklich leid, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe. Hatte viel um die Ohren. Habe mich von Daniel getrennt und bereite gerade meinen Umzug nach Hamburg vor. Ab Montag werde ich dort meinen neuen Job antreten.“
Plötzlich klingelt mein Handy, und die Tatsache, dass der Anruf von einer Hamburger Nummer stammt, lässt mich zusammenzucken.
„Hansen“, melde ich mich verhalten.
„Hallo Süße!“, tönt Sunnys Stimme in das Telefon. „Ich hoffe, es geht dir gut.“
Ach herrje ... Ob es mir gut geht, hat bisher niemanden so wirklich interessiert. Und Süße hat mich auch noch nie jemand genannt. Ich ahne Schlimmes.
„Äh ... Also noch geht es mir ganz gut, ja ... Und bei dir so?“
„Alles bestens. Das Wetter hält sich tapfer, und übermorgen ist ja auch endlich Wochenende. Bist du schon fleißig beim Packen?“
Ich zögere. Ist das jetzt eine Fangfrage? Hat die Kanzlei es sich vielleicht anders überlegt?
„Ich denke, dass ich heute Abend fertig sein werde“, antworte ich noch immer zurückhaltend.
„Super!“, freut Sunny sich. „Dann klappt das mit Samstag ja bestimmt. Denkst du, dass du mit deinen Helfern gegen Mittag hier sein kannst?“
„Will mich die Kanzlei jetzt doch nicht mehr einstellen?“, platzt es plötzlich verzweifelt aus mir heraus.
Sunny lacht. „So ein Unfug! Wie kommst du auf die Idee?“
Mir fällt ein Stein vom Herzen. Erleichtert lasse ich mich auf mein Bettsofa fallen und ringe nach Atem.
„Also wenn ihr es zum Mittag schafft, dann koche ich uns was Nettes“, plaudert Sunny ganz locker weiter. Offenbar hat sie nicht bemerkt, dass ich gerade knapp einem Herzinfarkt entgangen bin. „Ursprünglich wollte ich Fisch vorschlagen, doch die meisten Umzugshelfer bevorzugen ja eigentlich meist ein schönes Steak. Was meinst du dazu? Wäre das etwas für dich?“
„Klingt super!“, seufze ich beruhigt.
Freitagnachmittag stehen Bernd und sein Kumpel Paul pünktlich um sechzehn Uhr vor meiner Tür. Bernd hat anlässlich meines Umzugs den Transporter der Werkstatt, bei der er angestellt ist, für das Wochenende ausgeliehen, und nun helfen sie mir, den Wagen mit meinen Möbeln und Kartons zu beladen. Morgen früh packe ich dann noch schnell alle Sachen, die ich für diese Nacht benötige, zusammen, und dann geht es gegen neun Uhr los.
Meiner Nachbarin Lisa vermache ich meine alten Küchenmöbel und den Kühlschrank. In Hamburg wird dafür kein Platz sein, denn Sunnys Wohnung verfügt über eine Einbauküche. Und da Lisa in ihrer Küche nichts weiter als den Herd, der zur Standardausstattung jeder Wohnung dieses Blocks gehört, und eine Spüle besitzt, brauche ich nicht lange zu überlegen, wohin mit den Möbeln. Bernd, der mit Paul zusammen die Küchenmöbel bei Lisa montieren möchte, ist von ihr ganz angetan, als sie ihre Wohnungstür öffnet. „Du hättest ja mal erwähnen können, was für eine nette und gut aussehende Person sie ist!“, ruft er über den Treppenflur.
Der Rötung von Lisas Wangen nach zu urteilen, beruht die Sympathie offenbar auf Gegenseitigkeit, und das trotz des Altersunterschiedes von guten fünfzehn Jahren.
Nachdem das Gröbste im Transporter verstaut ist, gebe ich Lisa ein letztes Mal meinen Wohnungsschlüssel und hole die Flasche Whisky hervor, die seit ihrem Kauf vor zwei Tagen erschreckend viel an Inhalt verloren hat. Für den Bruchteil einer Sekunde überlege ich, ob ich nicht doch noch melancholisch werden sollte. Immerhin ist das hier meine erste Wohnung, und nach dieser Nacht werde ich mein halbes Leben hinter mir lassen. Bernd will in der kommenden Woche noch einige Löcher zuspachteln. Dann kümmert er sich um die Übergabe, und danach war es das. Soll ich jetzt also lieber auf die Vergangenheit oder die Zukunft trinken?
Mein Handy leuchtet auf. Wieder eine SMS von Sunny. „Hallo Süße. Für morgen ist alles vorbereitet. Ich hoffe, ihr kommt gut durch und müsst nirgendwo im Stau stehen. Wünsche dir eine angenehme letzte Nacht. Drück dich!“
„Also dann“, sage ich und erhebe mein Glas, „auf die Zukunft!“
11
Der Umzug am
Weitere Kostenlose Bücher