Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
Dann springt er auf und sagt: „Ich muss dringend weg. Ein Notfall. Meine Oma ist ins Krankenhaus gekommen.“
„Okay“, entgegnet Sunny und sieht dabei kein bisschen enttäuscht aus.
Er wendet sich zum Gehen. In dem Moment, da wir uns in Sicherheit wiegen, dreht er sich jedoch noch einmal um und legt einen Zettel auf den Tisch. „Hier ist meine Nummer.“ Und mit einem mehr als siegesgewissen Lächeln fügt er hinzu: „Wir sehen uns.“
„Vielleicht“, sagt Sunny, nachdem Hamburgs amtierende Obernervensäge endlich aus der Bar verschwunden ist. „Wenn wir zwei Hübschen die letzten beiden Menschen auf der Welt sind, und ich jemanden brauche, der mir die Deckenlampen montiert. Aber auf die Gefahr hin, dass das jemals passiert, lerne ich es vorher lieber selbst.“
„Und jetzt nenne mir bitte noch einen einzigen Grund, warum ich mich über eine derart plumpe Art von Aufmerksamkeit freuen sollte?“, frage ich sie tadelnd.
„Ich nehme alles zurück“, nickt sie mit erhobenen Händen. „Das war ja der reinste Albtraum.“
„Allerdings. Jetzt sind wir ihn jedoch los, und ich glaube auch nicht, dass wir den heute noch mal wieder sehen.“
„Es gibt keine Oma im Krankenhaus, richtig?“
„Nein“, erwidere ich in einem vorwurfsvollen Ich-habe-es-dir-ja-gesagt -Ton. „Aber Happy Hour für Premiummitglieder der Telefonsex-Hotline.“
Sunny lacht. „Männer ...! Manchmal glaube ich tatsächlich, dass sie alle gleich sind.“
„Das bestimmt nicht“, widerspreche ich und denke dabei wieder einmal an Andreas Schneemann. „Es gibt halt nur weniger entwickelte und sehr weit fortgeschrittene Exemplare. Und der Typ von vorhin ist die absolute Urform der Evolution gewesen ...“
Als plötzlich die Tür aufgeht, bleibt mir fast das Herz stehen, denn der gute Herr Schneemann ist offenbar aus meinen Träumen direkt in diese Bar spaziert. Er ist in Begleitung zweier Männer. Beide haben eine normale Statur und dunkles Haar. Während es bei dem Größeren jedoch so sprießt, als könnte er die neue Muse von Starfriseur Udo Walz werden, versucht der andere, seine, die Macht übernehmenden Geheimratsecken mit jeder Menge Haargel zu kaschieren.
Den drei Männern folgt eine Frau mit dunklem Haar. Mit ihrem perfekt aufeinander abgestimmten Outfit sowie dem strahlenden, jedoch dezenten Make-up sieht sie aus, als wäre sie der allseits beliebten TV-Serie „ Sex and the City “ entsprungen. Einzig die Tatsache, dass sie kein Size-Zero-Model ist, lässt sie sehr natürlich wirken und verleiht ihr somit zusätzliche Ausstrahlung. So, wie der Kleinere der mir unbekannten Männer auf sie einredet und sie deshalb mit den Augen rollt, ist es höchstwahrscheinlich, dass die Beiden ein Paar sind.
„Bevor wir losgefahren sind, habe ich dir vier Mal gesagt, dass du andere Schuhe anziehen sollst. Aber du musstest ja unbedingt welche mit Absätzen tragen. Und jetzt müssen wir deinetwegen schon gleich an der ersten Bar Halt machen.“
„Du bist echt ein Arsch, weißt du das, Benny Hintermeyer?“, erwidert sie relativ gelassen und lässt ihn anschließend links liegen.
Herr Schneemann schaut sich nach einem Tisch um, und als sein Blick auf Sunny und mich fällt, zucke ich zusammen und verteile mein hüftlanges Haar gleichmäßig über mein Dekolleté. Das ist ja ganz super. Da lebt man einmal ein bisschen sorg- und BH-los in den Tag hinein, und dann passiert so etwas ...
Er kommt zu uns rüber, und mit jedem Schritt, den er sich auf uns zubewegt, wird mir mulmiger. Anders, als ich es sonst von ihm kenne, trägt er heute eine lässige Dreiviertelhose, dazu ein schickes T-shirt und passende Sneakers. Trotzdem sieht er umwerfend gut aus. Aber ich wette, dass er auch ganz ohne Kleidung eine großartige Figur machen würde.
„Hallo“, begrüßt er uns.
Sunny, die bisher gar nichts von seiner Anwesenheit mitbekommen hat, dreht sich um. „Das ist ja eine Überraschung!“, sagt sie mit einem strahlenden Lächeln und wirft mir einen vielsagenden Blick zu.
„Das finde ich auch“, nickt er erfreut. „Die Welt ist eben ein Dorf. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass man in einer Stadt wie Hamburg jemandem über den Weg laufen könnte, den man kennt. Doch mit gleich zwei Arbeitskolleginnen habe ich mich wohl gehörig verschätzt.“
„Nein“, winkt Sunny kichernd ab. „Nur ganz minimal. Kommen Sie oft hier her?“
Er schüttelt den Kopf. „Normalerweise gehe ich ziemlich selten aus, und in dieser Bar bin ich
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