Wo der Pfeffer wächst (Sonderpreis bis zum 31.07.2012) (German Edition)
bisher noch nicht gewesen. Da heute jedoch Freunde von mir zu Besuch sind, wollte ich ihnen ein bisschen was von der Stadt zeigen.“ Er deutet auf seine Begleiter. Sunny und ich begrüßen sie. Die drei lächeln überaus freundlich und grüßen zurück.
„Sag mal!“, sagt Sunny nachdenklich zu der Udo-Walz-Muse, „bist du nicht Leon Hoffmann aus Wismar?“
Er mustert sie etwas verunsichert, scheint sie jedoch nicht zu erkennen. „Ja“, sagt er zögerlich.
Sunny lacht. „Ich bin Sandra Müller. Wir sind damals zusammen zur Schule gegangen. Ich bin in deiner Parallelklasse gewesen.“
Auf einmal scheint es bei ihm Klick zu machen. „Stimmt“, entgegnet er. „Ich hatte auch schon das Gefühl, als würde ich dich von irgendwo her kennen.“
„Wollt ihr euch nicht zu uns setzen?“, lädt Sunny sie ein, ohne mit der Wimper zu zucken. Sie hat mir noch nicht einmal die Gelegenheit gegeben, die Sache mitzuentscheiden.
Das finde ich eher weniger schön. Am liebsten würde ich vor Scham im Boden versinken, denn ich sehe einfach nicht angemessen aus. Außerdem verunsichert mich die Tatsache, dass nun ausgerechnet der Mann bei uns am Tisch sitzt, mit dem ich gedanklich vor zwei Tagen ganz allein auf einer einsamen Insel gestrandet bin. Diesen Abend hatte ich irgendwie anders geplant. Aber ich klammere mich an die Hoffnung, dass die vier vielleicht ablehnen.
„Sehr gerne!“, sagt Leon Hoffmann, der sich sogleich auf den Stuhl neben Sunny setzt und mit ihr über die Ereignisse der vergangenen Jahre plaudert.
Andreas Schneemann blickt derweil ebenso überfordert drein, wie ich. Doch die Entscheidung ist gefallen, und so setzt er sich zu mir.
„Sag mal, hast du keinen Anstand“, sagt der Mann namens Benny in demselben Ton zu Andreas, mit dem er zuvor schon die ihn begleitende Frau angesprochen hatte. „Willst du uns nicht vorstellen?“
„Du nun wieder!“, winkt die Frau ab. Lächelnd streckt sie mir ihre Hand entgegen und fügt hinzu: „Ich bin Nele. Und der komische Typ hier ist mein Freund Benny.“
Ha! Ich habe es doch gewusst. Sie sind ein Paar. Meiner Menschenkenntnis entgeht einfach nichts.
Der Abend verläuft ausgesprochen angenehm.
Sunny und Leon sind so sehr in ihre Gespräche vertieft, dass sie uns geschlagene zwei Stunden ignorieren.
Benny wirkt anfangs ein wenig gruselig. Besonders seltsam ist, dass er ständig irgendwelche Passagen aus „ Full Metal Jacke t“ zitiert und mir wiederholt die Frage stellt, ob ich eine Freundin in Vietnam hätte.
Doch Andreas wird nicht müde, mir genauso oft zu versichern, Benny sei absolut harmlos ist, und Nele meint, dass ich ihn einfach ignorieren soll.
Was bei den Beiden auf den ersten Blick nach einer anstrengenden Beziehung anmutet, wirkt beim genaueren Hinsehen wie das perfekte Zusammenspiel zweier füreinander geschaffener Menschen. Nele ist nicht aus der Ruhe zu bringen und ausgesprochen tough. Benny ist wie ein junger Golden Retriever, der am liebsten alles auf einmal möchte: Gassi gehen, spielen, futtern und vor allem ganz viel Aufmerksamkeit.
Andreas erzählt mir, er habe Benny und Leon beim Studium kennengelernt. Obwohl seitdem schon einige Jahre vergangen sind, treffen sie sich noch immer regelmäßig und telefonieren genauso oft.
Nele erzählt, sie sei eigentlich gar keine Hamburg-Besucherin, sondern lebe seit fast acht Jahren im nördlichen Umland. Benny hingegen wohnt in Bremen, weshalb sie bedauerlicherweise eine Fernbeziehung führen. Trotzdem sind sie jetzt schon seit über fünf Jahren zusammen. Bei diesen Worten strahlt er sie an, gibt ihr einen Kuss und flüstert ihr etwas ins Ohr, das sie kichern lässt. Zwei Minuten später bittet er Nele um ein Taschentuch. Sie bemerkt jedoch, das Letzte bereits vor einer halben Stunde aufgebraucht zu haben. Anschließend geht das Schauspiel von vorne los.
„Ich habe dir schon so oft gesagt, dass du ausreichend Taschentücher einpacken sollst!“, schnauft er vorwurfsvoll.
Nele lässt das völlig kalt. Sie zuckt mit der Schulter und pariert: „Dann pack dir beim nächsten Mal selbst welche ein!“
„Und wohin soll ich dann damit? Meine Hosentaschen sind von dem ganzen Zeug, das ich mit mir rumschleppe, so schon ausgebeult genug.“
„Ich leihe dir eine von meinen Handtaschen.“
„Wie sieht das denn aus? Am Ende werde ich noch von anderen Männern angebaggert.“
So geht das die ganze Zeit. Für einen kurzen Moment bin ich gewillt, zu bemerken, dass Benny schon irgendwie einen
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