Wo die coolen Kerle wohnen
Privatlebens übernahmen, und zwar umso zupackender, je mehr sich die Männer von dieser Baustelle fernhielten. So etabliert sich fast automatisch ein massives Ungleichgewicht.
Beinahe ausnahmslos berichteten meine Gesprächspartner, dass sie sich in ihren Beziehungen wie minderbemittelt fühlten, während ihre Frauen wussten und sagten, wo’s langgehen sollte – von der Kinderzahl über die Urlaubsplanung, die Art der Einkünfte und ihrer Verwendung bis hin zur Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs. Das Gefühl, als Mann quasi fremdbestimmt zu leben, nahmen sie allerdings erst jenseits der vierzig deutlich wahr.
Und da hätten sie dann nichts zur Verfügung gehabt, was sie den Frauen hätten entgegensetzen können, sagen die Männer. Keinen Plan – von sich selbst:
»Ich wusste nicht einmal, was ich mir hätte wünschen können. Ich war eigentlich immer wunschlos unglücklich.«
»Wir Männer haben Scheuklappen, ich sah absolut keine Alternative zu den Vorgaben meiner Frau. Es war einfach so, und ich habe das akzeptiert.«
»Ich hatte den Tunnelblick. Ich habe nur auf meine beruflichen Ziele geschaut, die aber auch nicht wirklich selbstbestimmt waren. Ich hatte keine Idee, was ich hätte anderes machen können und wollen.«
»Ich muss zugeben, dass ich bis Ende vierzig nicht wusste, wie meine Sicht der Welt aussah. Ich fühlte mich meiner Frau irgendwie ausgeliefert.«
»Ich konnte mich selbst nicht richtig spüren, war von meinen Gefühlen wie abgeschnitten.«
»Ich habe mich gefügt und dachte immer: Ich muss ihr noch mehr zu Diensten sein, tun, was sie fordert, dann wird die Beziehung besser funktionieren, dann wird sie mich lieben.«
»Ich habe meine Zufriedenheit in die Zukunft verlagert. Ich dachte immer, das kommt noch. Im Moment aber, im Jetzt, war es nie gut.«
»Ich habe meinen eigenen Text nicht gesehen. Ich wusste nicht, was ich selbst eigentlich sagen wollte. Ich habe nur reagiert.«
»Ich hatte keine Wünsche an das Leben. Ich lebte immer im Mangel, immer im Selbstzweifel und in dem Gefühl von Heimatlosigkeit und Unentschiedenheit.«
»Eigentlich war es von Anfang an so, dass meine Frau total dominant war.«
Note Fünf im Fach »Männlichkeit«
Bernhard Claus Sander (Jahrgang ’60), systemischer Männercoach in München, kennt solche Geschichten von der Übermacht der Frauen und der Unklarheit der Männer aus seinen Männergruppen. Derzeit treffen sich in seinem Gruppenraum einmal im Monat rund zehn Männer zwischen 38 und 59 Jahren. Die überwiegende Mehrheit ist aber – »Na, was glauben Sie?«, fragt Sander grinsend und antwortet selbst: »zwischen 44 und 51. Die klassische Zielgruppe.«
Die Männer kommen zu ihm in die Gruppe, weil ihnen bewusst geworden ist, dass etwas nicht stimmt, dass sie aus dem Lot sind. »Und besonders dann, wenn es in der Runde um das Thema Partnerschaft geht, beurteilen sie sich selbst als ›mangelhaft‹ und ›ungenügend‹. Ist doch furchtbar, oder?«
Welch obskure Blüten mangelndes männliches Selbstbewusstsein im Einzelfall treiben kann,erzählen zwei Männer.
Ernst: »Meine Frauwollte vor allem konsumieren. Sie hat 30 000 Euro, die ich beiseitegelegt hatte, einfach ausgegeben, und zwar für völlig unnützen Kram, wie ich noch heute finde: Viel zu viel Spielzeug für unsere Kinder zum Beispiel – Massen von Barbiepuppen, Computer- und Technikspielen für den Jungen –, jede Menge viel zu teure Klamotten, Skiausrüstungen und ausschließlich First-Class-Ernährung. Ich fand das alles unnötig und auch unpädagogisch, habe meine Frau bei der Kindererziehung aber einfach machen lassen. Dann hat sie bei ihrer letzten Urlaubsplanung, bevor sie mich verlassen hat, zwei Pauschalfernreisen aus Prospekten rausgesucht. Ich hatte die Wahl: die Reise für 10 000 oder die für 15 000 Euro zu buchen. Ich habe dann die teurere gebucht, weil ihr das so wichtig war.
Dabei mag ich überhaupt keine Pauschalreisen! Mochte ich noch nie. Ich wäre viel lieber mit dem Camper aufs Geratewohl losgefahren. Abenteuerurlaub, Natur erleben, mit den Kindern Lagerfeuer machen, draußen schlafen. Meine Frau wollte immer nur in Luxushotels absteigen. Aber ich habe nie richtig widersprochen. Ich habe das viel zu lange mitgemacht. Und ich weiß gar nicht, warum. Wir hatten völlig unterschiedliche Vorstellungen vom Leben.«
Bald nach dem teuren gemeinsamen Urlaub hat sich die Frau von Ernst getrennt und sich einem anderen Mann zugewendet, obwohl Ernst doch all ihre
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