Wo die coolen Kerle wohnen
auch als Künstler eine völlig neue Richtung eingeschlagen habe, dass ich endlich viel näher bei mir und meinen echten inneren Anliegen angekommen bin. Ich arbeite und lebe jetzt komplett anders.«
Hannes
Hannes ist 51 und Feinmechaniker. Mit 33 hat er seine zweite Frau Astrid kennengelernt. Er begegnete ihr bei einem einwöchigenTantra-Kurs.
»Nach achtzehn Jahren habe ich die Beziehung hingeschmissen, das ist jetzt zwei Jahre her. Unser Sohn Béla war damals dreizehn. Die Schwierigkeiten miteinander hatten schon sehr früh angefangen, aber das merkt man ja fast immer erst im Rückblick.
Als unser Sohn Béla geboren wurde – er kam etwas zu früh und musste noch ein paar Wochen in den Brutkasten –, war ich 36 und Astrid 39. Unser Liebesleben war schon nach dem ersten Rausch abgeflaut, und nach der schwierigen Geburt und mit dem winzigen Béla wurde es nicht besser. Wir zogen in das Haus, das ich geerbt hatte, ein. Ich habe damals gut verdient, hatte Führungsaufgaben und habe mich darangemacht, auch noch das heruntergekommene Haus zu renovieren und für unsere kleine Familie wohnlich herzurichten. Astrid hat sich da rausgehalten, und mir fiel auf, dass sie meinen Arbeitseinsatz nie richtig würdigte. Als ich mit allem fertig war, hat sie sich nur darüber beschwert, dass ich noch keinen neuen Duschvorhang besorgt hatte.
Auch als Paar haben wir kaum mehr etwas gemeinsam unternommen. Wir dachten aber immer noch darüber nach, dass wir eigentlich noch ein zweites Kind möchten. Eines Tages kam Astrid von einer Fortbildung zurück, setzte sich mir auf den Schoß und teilte mir freudestrahlend mit, sie habe sich entschieden, kein Kind mehr zu bekommen. Sie schaffe das nervlich nicht, Punkt – beziehungsweise: Ausrufezeichen!
In diesem Moment fühlte ich mich völlig ausgeschlossen. Wie sie mir das einfach mitgeteilt hat, so strahlend. Die Entscheidung war sicherlich richtig, aber mich hat es sehr getroffen, dass meine Wünsche und Vorstellungen überhaupt keine Rolle spielten. Ich hatte den Eindruck, ich würde in ihrer Lebensplanung keine Rolle mehr spielen.
Ab einem gewissen Zeitpunkt sah ich in meinem Job kaum mehr Entwicklungsmöglichkeiten. Ich bekam die Chance, ein Sabbat-Jahr zu nehmen, in dem ich mich umorientierte. Ich merkte schnell, dass ich mehr mit Menschen arbeiten wollte, und habe eine Fortbildung gemacht, in der es neben beruflichen auch um persönliche Themen ging. Da habe ich zum ersten Mal einiges über mich selbst erfahren und festgestellt, dass ich mit vielen Kompromissen gelebt habe, die mir nicht guttaten. Im Beruf wie im Privatleben. Ich hatte bis dahin wenig von mir selbst gewusst.
Aus der Fortbildung entwickelte sich eine Zusatzausbildung, die ich nach dem Jahr anfing, in dem mich mein Arbeitgeber freigestellt hatte. So wurde mein achtundvierzigstes Lebensjahr das bisher anstrengendste für mich. Ich war in der Firma voll eingespannt, machte parallel meine Ausbildung, mit der ich mich dann als Berater selbstständig machen wollte, und hatte enormen Beziehungsstress. Bis vor kurzem habe ich immer gedacht: Wenn erst das Haus fertig umgebaut ist; wenn erst das Kind größer ist; wenn wir noch eine Therapie gemacht haben; wenn wir noch dies und das ändern, hier und da an unserer Beziehung rumbasteln; wenn ich beruflich wieder auf den Beinen bin – dann wird es auch wieder gut werden mit uns. Ich habe also meine Zufriedenheit in die Zukunft verlagert. Im Moment aber, im Jetzt, war es nie gut. Nur in unserer allerersten gemeinsamen Zeit.
Erst heute, im Rückblick, wird mir klar, mit wie vielen Neins ich mich abgefunden habe, und was diese Neins – vor allem Astrids völliges Desinteresse an Intimität und Sex – für eine ungesunde Überfülle von Bedürfnissen, Phantasien und Wünschen in mir erzeugt hat.
Ich bin jetzt dabei, meine eigene Beratungsfirma aufzubauen. Ich bin mir sehr sicher, dass das der richtige Weg für mich ist, auch wenn ich im Moment noch nicht genug verdiene. Es ist ein gutes Gefühl, endlich das zu tun, was ich aus innerster Überzeugung will und was mir am meisten liegt. Ende letzten Jahres haben Astrid und ich die Scheidung eingereicht, wir warten jetzt auf den Scheidungstermin. Vor einem Jahr wollte Béla zu mir ziehen. Das hat mich unheimlich gefreut, und so bin ich jetzt alleinerziehender Vater eines fünfzehnjährigen Jungen.
Ich hatte immer das gute Gefühl gehabt, im Vollbesitz meiner Kräfte zu sein, beim Bergwandern zum Beispiel. Dann gab es eine
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