Wo die coolen Kerle wohnen
ganzheitliche Heilkunst versteht er als Ergänzung zur westlichen Schulmedizin, die sich besonders bei Funktionsstörungen, Schmerzzuständen und psychosomatischen Beschwerden als hilfreich erwiesen hat.
In der chinesischen Kultur beschäftigten sich Männer genauso wie Frauen mit der Pflege ihrer Gesundheit, sagt er. Der Selbstfürsorge haftet keinerlei »Makel« an, sie gilt nicht als »schwach« oder »weibisch«. Männer haben auch Verständnis für Frauensorgen, sie haben sowieso einen besseren Zugang zu Frauen als westliche Männer. »Wir sind sanft«, sagt Zhongwen Zhang, »wir sind poetisch. Das gefällt den Frauen.«
Chinesische Männer praktizieren genauso Yoga, Tai Chi oder Qi Gong wie die Frauen. Das sei in China ab vierzig einfach üblich. Wenn man morgens früher aufwacht, was mit fortschreitendem Alter meist passiert, geht man im Morgengrauen, in den kühlen Morgenstunden nach draußen in den nächsten Park und macht seine Bewegungsübungen. Da das viele tun, ist man nie allein. Das heißt, auch wenn man Single ist oder im Ruhestand und keine Arbeitskontakte mehr hat, trifft man ganz zwanglos auf der Straße oder im Park andere Menschen. Auch an den Wochenenden oder am Abend.
Manche spielen spontan Szenen aus der Pekingoper nach, jemand bringt Musik mit, es wird gespielt, getanzt, die Frauen haben etwas zum Essen dabei, man kocht gemeinsam, tauscht sich aus, wird seine Sorgen los, spricht über die Familie, was die Kinder so machen. Auf diese Weise kommt es zur Anbahnung von Beziehungen unter den Älteren und sogar zu Heiratsvermittlungen. Das ist alles nicht organisiert, zwang- und völlig kostenlos. Die Männer sind auch an kulturellen Aktivitäten genauso interessiert wie die Frauen. Alle nehmen das Älterwerden nicht so furchtbar ernst. »Asiatische Männer haben eine andere Art von Männlichkeit, sie wollen nicht mit ihrer körperlichen Kraft protzen, das ist in unserer Kultur kein anerkannter Wert. Deshalb sind die Männer nicht unter dem Druck, ihre Körper zu stählen, Bodybuilding zu machen, diesen ganzen Schwarzenegger-Kram.« (Das Wort »Schwarzenegger-Kram« klingt übrigens mit chinesischem Akzent ganz zauberhaft!)
Hier in Deutschland muss man für solche kulturellen oder sportlichen Aktivitäten gleich in einen Verein gehen, fährt Zhongwen Zhang fort, meistens kostet es Geld und ist weniger locker. »Bei uns in China gibt es auch sehr viel weniger Alkoholiker oder Abhängige von anderen Drogen«, sagt Herr Zhang. In China, erfahre ich, hört man es gern, wenn andere einen »alter Mann« oder »alte Frau« nennen. Das ist ein Ehrentitel. »Man ist stolz darauf, wenn man 80 Jahre alt ist, wenn man es schon so weit gebracht hat.« Der 47-jährigeZhongweng Zhang würde selbst allerdings noch nicht gerne so betitelt.
Wie im Deutschen existiert auch im Chinesischen ein Begriff für die weiblichen »Wechseljahre«, jene Zeit, in der sich bei Frauen die Fruchtbarkeit allmählich zurückentwickelt, bis sie keine Kinder mehr bekommen können. Niemals aber würde man mit der chinesischen Medizin in diesen Prozess eingreifen. So etwas wie »Hormonersatztherapie« ist in der TCM nicht denkbar. Es geht immer nur darum, die Selbstregulation des Körpers anzuregen.
»Die chinesische Medizin ist immer Hilfe zur Selbsthilfe. Und die erfordert ein individuelles Vorgehen.« Was bedeutet: Geht eine Frau mit Beschwerden wie Hitzewallungen zum Arzt, wird sie auf Grund einer Zungen- und Pulsdiagnose einen anderen Kräutertee-Mix verschrieben bekommen als ihre Freundin, die ebenfalls unter Hitzewallungen leidet. Niemals soll ein Prozess aufgehalten oder verhindert, sondern immer nur das Befinden individuell verbessert werden.
Bei Männern ist das nicht anders. Zwar gibt es keinen Begriff für männliche »Wechseljahre«, aber in der Traditionellen Chinesischen Medizin ist für den Mann in der Lebensmitte das sogenannte Nieren-Chi bedeutsam. Für die Frau ist es mehr die Leber. Und beide, Mann wie Frau, sollten sich in dieser Lebensphase um ihre Milz kümmern. Denn über die Milz kann die gesamte Lebensenergie aktiviert werden. Wenn man sehr nachdenklich wird, zu Depressionen, Erschöpfung, Müdigkeit oder Allergien neigt und sich leicht erkältet, ist das ein Zeichen dafür, dass die Milz geschwächt ist.
Die Zeit zwischen 40 und 60 ist weder bei Frauen noch bei Männern per se eine Krankheitsphase. »Es kann nur sein, dass die Kräfte im Körper nicht harmonisch fließen. Deshalb empfehlen wir ab 40
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