Wo die coolen Kerle wohnen
schwierig sind, einzuhalten: Die beiden müssen – ohne eine Klärung – im Streit auseinandergehen. Das ist für die Frau schwer auszuhalten. Während er nämlich wahrscheinlich seelenruhig schläft, kann es sein, dass sie sich die ganze Nacht sorgenvoll hin- und herwälzt. Am nächsten Tag aber, wenn die Streitenergie weg ist, wird der Konflikt wieder auf den Tisch gebracht. Und das ist jetzt für den Mann die große Herausforderung, er muss sich dazu überwinden, denn er würde es lieber umgehen, vergessen, verdrängen, muss sich aber noch einmal stellen.« Beide Partner haben zugestimmt, aus ihren alten Verhaltensmustern ein Stück weit auszusteigen. Sie versuchen jetzt also, den Konflikt unter neuen Bedingungen noch einmal anzugehen, und die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu einer ersten Lösung kommen, ist ziemlich groß.
Johannes, 63, ist ein Mann, dem seine Frau die Pistole auf die Brust gesetzt hat: »Luisa hat gesagt, entweder du gehst mit in eine Therapie, oder es ist aus. Wir haben, als ich 53 und sie 42 war, unser erstes gemeinsames Kind bekommen. Alles wuchs uns über den Kopf. Nach fünf Jahren war unsere Beziehung fast am Ende. Egal, was ich tat, wie sehr ich mich auch anstrengte, nie war es genug. Ich verdiente nicht genug, ich war nicht genug für das Kind da, ich tat nicht genug im Haushalt … Nichts konnte ich richtig machen. Luisa war ständig unzufrieden und hat eigentlich nur noch geschimpft.«
In der Therapie bekamen die beiden ganz lebenspraktische, lebenserleichternde Alltags-Tipps wie diesen: Aufgabengebiete und die ausschließliche Verantwortung dafür vergrößern! Hatten Luisa und Johannes bisher die Aufteilung »Einer kocht, der andere räumt danach die Küche auf, und das wechselweise«, sollte jetzt der, der dran war, sowohl einkaufen und kochen als auch hinterher wieder Ordnung schaffen. Und der andere durfte ihm dabei nicht reinreden. »Das hat uns total entspannt. Wenn ich nach dem Essen noch einen Termin hatte, für den ich schnell wegmusste, habe ich eben am nächsten Tag gespült.«
Sicherlich ist es sinnvoll, dass sich ein Paar guten Rat holt, wenn es den Eindruck hat, seine Beziehung sei festgefahren. Wenn aber der Mann keinen Leidensdruck spürt, wird sie mit ihrem Vorschlag, gemeinsam eine Therapie zu machen, bei ihm wahrscheinlich ebenso auf Granit beißen wie mit ihrer Kritik, ihren Vorwürfen und ihren anderen Forderungen.
Midlife-Männer hassen es, wenn Frauen versuchen, sie zu etwas zu bringen, was sie selbst gar nicht wollen. Das fängt mit Kleinigkeiten an, wie Peter sie mir erzählte: »Wenn meine Freundin und ich durch die Stadt gebummelt sind, hat sie gesagt: ›Ach, wollen wir nicht mal auf die andere Straßenseite gehen?‹ Dieses ›Wir‹ hat mich immer total aufgeregt. Sie wollte nämlich auf die andere Seite, weil sie sich die Schuhe in einem Schaufenster anschauen wollte. Aber sie hat nicht gesagt: › Ich möchte da drüben das Schaufenster anschauen. Kommst du mit?‹ Auf so eine Frage hätte ich wenigstens mit Ja oder Nein antworten können.«
Hannes denkt mit Grausen an den indirekten Standardvorwurf seiner Exfrau, mit dem sie ihn zur Mithilfe im Haushalt animieren wollte: »Jemand sollte endlich mal den Müll runterbringen.« Und Manfred sagt, seine Frau hätte ihn immer zu korrigieren versucht: »›Du darfst sowas nicht sagen oder tun‹, oder noch schlimmer: ›Das hättest du nicht tun dürfen.‹« Typische Situation: Sie waren bei Verwandten zu Besuch, und hinterher tischt sie ihm sein vermeintliches Fehlverhalten auf. »Bei mir macht der Ton die Musik«, sagt Manfred. »Auf Anweisungen und Tadel wie von Frau Lehrerin reagiere ich allergisch.«
Matthias Stiehler erzählte mir aus seiner Beratungspraxis von einem Mann, dessen Ehefrau ihn dauernd dazu anhalten wollte, weniger oder wenigstens leiser zu sprechen. Immerzu machte sie »pscht!«, wenn er sich lautstark äußern wollte. Nachdem er ihre Maßregelungen jahrzehntelang missmutig, aber schweigend erduldet hatte, kam das »Pscht!« in der Paarberatung endlich einmal zur Sprache. Und als die Frau gerade wieder, wie gewohnt, »pscht!« machen wollte, erhob er zum ersten Mal seine Stimme: »Wenn du noch ein einziges Mal ›pscht!‹ sagst, lass ich mich scheiden!« Sie erschrak und war schwer beeindruckt, dass er endlich Position bezogen und ihr eine Grenze gesetzt hatte. Sie hatte all die Jahre nicht mehr bemerkt, wie übergriffig und respektlos sie ihn behandelt hatte. Es war doch nur gut
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