Wo die Hoffnung blüht - [Roman]: Wo die Hoffnung blueht
hätte sie auch das gehasst. Sie wollte nicht, dass man großen Wirbel um sie machte, aber wenn die Leute rasch zur Tagesordnung übergingen, würde sie auch das verletzen. Alles war so widersprüchlich – alles, bis auf ihren Kummer über den Verlust des Babys. Das war das einzig Beständige.
»Dr. Hendry hat mir erklärt, dass du für eine Weile ein wenig weinerlich sein würdest«, bemerkte Dan sanft und versuchte, sie an sich zu ziehen. »Er meinte, es gäbe in deinem Fall keine schnelle Heilung, aber ich solle dafür sorgen, dass du viel Ruhe bekommst, gutes Essen und auch ein wenig Bewegung. Warum legst du dich nicht etwas hin? Ich bereite uns eine Suppe zum Mittagessen zu, danach könnten wir im Park spazieren gehen.«
»Ich will nicht durch diesen schäbigen Park laufen, ich fühle mich, als würde sich mir gleich das Innerste nach außen kehren«, fuhr sie ihn an. Das entsprach nicht der Wahrheit. Es hatte sich so angefühlt, als sie im Krankenhaus das erste Mal aufgestanden war, aber das Problem hatte sich innerhalb von vierundzwanzig Stunden gelöst. Trotzdem zog sie es vor, einen medizinischen Grund für ihre Niedergeschlagenheit zu haben, statt den Eindruck zu erwecken, ein wenig verrückt zu sein.
»In Ordnung.« Dan zuckte die Schultern. »Dann bleiben wir eben hier. Wie wäre es, wenn wir uns beide jetzt hinlegen würden? Es ist lange her, seit wir das letzte Mal geschmust haben.«
»Ich bin nicht in der Verfassung für Sex«, schrie sie ihn an. »Kannst du denn niemals an etwas anderes denken?«
Dan stand auf und ging. An der Tür drehte er sich noch einmal zu ihr um, und in seinen Zügen standen Kränkung und Kummer. »Ja, ich denke an andere Dinge«, sagte er. »Ich denke zum Beispiel darüber nach, wie leid es mir tut, dass wir unser Baby verloren haben, ich denke darüber nach, dass ich dich heute nicht in eine hübschere Wohnung habe heimholen können und dass ich mir keinen Wagen leisten kann, um dich irgendwo hinzufahren, wo es schön ist. Ich denke darüber nach, welches Glück wir haben, dass unsere Nachbarn alle so freundlich sind. Und ich denke, dass du tatsächlich sehr neben dir stehen musst, wenn du glaubst, ich wollte mit dir schlafen, obwohl du so unglücklich bist.«
Kapitel 9
F ifi trug ihren Teebecher ins Wohnzimmer und stellte das Radio an, um die Acht-Uhr-Nachrichten zu hören, dann setzte sie sich ans Fenster. Seit ihrer Fehlgeburt waren drei Wochen vergangen, und die Niedergeschlagenheit, die sie befallen hatte, schien endlich ein wenig zurückzugehen. Es war Samstag, ein wunderschöner Morgen, und sie beschloss, sich nach dem Tee zu waschen und anzuziehen und anschließend einkaufen zu gehen. Eva Price, die rothaarige Frau, die in Nummer acht wohnte, dem Haus neben dem Kohlenhof, war auf dem Weg zu ihrer Arbeit in der Reinigung. Die geschiedene und allein mit ihrem zehnjährigen Sohn lebende Frau wirkte sehr adrett in ihrem hellgrünen Kleid. Fifi war schon seit einer Weile aufgefallen, dass sie irgendwie attraktiver aussah als früher, und hatte sich gefragt, ob es vielleicht einen neuen Mann in ihrem Leben gab.
Fifi lächelte bei der Erinnerung an ein Gespräch mit Dan vor einigen Tagen. Er hatte sie damit aufgezogen, dass sie langsam zu ihrer alten Neugier zurückfand und sich wieder daran ergötzte, durch die Gardinen hindurch die Nachbarn zu beobachten.
Er hatte Recht. Seit ihrer Rückkehr aus dem Krankenhaus hatte sie kaum mehr getan, als das Kommen und Gehen der Menschen in der Straße zu verfolgen. Und natürlich Dan unzählige Male mit einer Mischung aus Trübsal, Ironie und schlichter Gemeinheit aus der Fassung zu bringen.
Jetzt schämte sie sich dafür. Dan hatte eine solche Behandlung nicht verdient – er wusch sie, zog sie an, kochte und putzte. Und während all der Zeit war er so verständnisvoll gewesen, auch wenn sie sich unmöglich benahm und er noch nicht wieder hundertprozentig auf dem Damm war. Aber glücklicherweise ging es ihr jetzt, abgesehen von dem lästigen Gipsarm, langsam wieder besser.
Der Arzt hatte Dan Ende der vergangenen Woche grünes Licht gegeben, und seit Montag arbeitete er wieder. Fifi vermisste ihn; die Tage kamen ihr sehr lang und leer ohne ihn vor. Sie wünschte, er hätte sich nicht bereit erklärt, heute den ganzen Tag zu arbeiten. Doch sie brauchten das Geld, und so war sein Entschluss wahrscheinlich nur vernünftig.
Das Alleinsein zwang sie immerhin, viele Dinge selbst in Angriff zu nehmen. Sie hatte es sogar
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