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Wo die letzten Menschen hausen

Wo die letzten Menschen hausen

Titel: Wo die letzten Menschen hausen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Chilson
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hetzte auf das Denkmal in der Mitte des Platzes zu.
    Atemlos krochen sie darunter. Noch während er sich umdrehte und hinausstarrte, hatte Trebor ein intensives Gefühl »Ich-bin-schon-einmal-hiergewesen«, und er dachte an die Stammwelt-Erbschaft. Die Erinnerung an den undeutlichen blauen Talisman, den ihm das Siegel der Wache gezeigt hatte, kehrte mit der Wucht eines Hiebes in den Magen zurück; sein Blick auf das blaue Monument über ihm hatte das déjà-vu- Gefühl ausgelöst.
    Das legendäre Aufbruch-Boot von Vallatia – das war es; es war der Talisman, der ihn zur Stammwelt-Erbschaft bringen würde.
    Ächzend vor plötzlich sengender Hoffnung, daß sie vielleicht doch überleben konnten, schaute er im Halbdunkel hinauf. Wie er sich von seinem Herumlungern im Schatten erinnerte, waren an die diamantharten Rumpfseiten schwere Eisenplatten geschweißt, sowie riesige Ringe und Ketten, die das Boot verankerten. Wenn er es befreien konnte – wenn er den Spruch gekannt hätte, der es in Betrieb setzte …
    Er stieß zu und erwischte einen Aeroben im Gesicht, als dieser sich bückte, um unter das Denkmal zu blicken. Mit einem Zucken seiner Herzen sah er, daß die schweren Ketten, seitdem das Aufbruch-Boot bei der Aufbruch-Parade das letzte Mal durch die Straßen gezogen worden war, nicht mehr verankert worden waren. Offenbar hatte man kaum Befürchtungen, es könnte gestohlen werden, obschon es nicht zu groß war, um aus der Stadt geschmuggelt zu werden.
    »Lissa! Viani! Zieht die Bolzen heraus! Diese Bolzen, seht ihr? Schnell!«
    Sekundenlang war er im Übermaß beschäftigt, hetzte hin und her und parierte ungeschickte Stöße breiter Klingen. Dann war das Aufbruch-Boot gelöst. Er hörte den Kapitän nach Bogenschützen rufen, hörte den Haushofmeister eifrig die Hilfe von Gogues anbieten, damit man sie unter dem Denkmal hervorhole, hörte Ozziwun sprechen und erinnerte sich mit einem krampfhaften Schlucken an den Zauberstab des anderen.
    Aber seine Aufmerksamkeit wurde nicht auf entscheidende Weise abgelenkt. Die Hand auf dem Siegel, die Gedanken bei der Stammwelt-Erbschaft, suchte er verzweifelt nach dem Befehlswort. Dann hatte er es plötzlich, mit dem Gefühl von »Aber natürlich«!
    »Folgt mir!« sagte er und sprang plötzlich hinaus, als die Aeroben auseinanderstoben, um sich nach den Bogenschützen umzusehen. Es gab ein kurzes Getümmel, bei dem niemand ernsthaft verletzt wurde, dann öffnete sich auf Trebors geistiges Kommando im schimmernd-glatten Rumpf des Bootes eine Luke. Er gab Anweisungen, als handle es sich nur um ein Schanschid, immer mit der Hand auf dem Siegel. Er stieß die Mädchen hinein, folgte ihnen und befahl die Schließung. Sie hielten in der Dunkelheit den Atem an.
    Sie lagen auf einem weich gepolsterten Boden zwischen vier Viertelkreis-Liegen. Zwei Lücken in diesem Kreis, auf gegenüberliegenden Seiten, befanden sich vor den Luken; durch eine davon waren sie hereingekommen. Eine Lücke vor dem horizontalen Fischschwanz des Bootes erlaubte Zugang zu einem niedrigen, engen Raum, der dem Kielraum eines Sandschiffes nicht unähnlich war. Eine andere wies nach vorne, woher das schwache Licht kam. Unmittelbar vor der Kreisliege befanden sich zwei gerade Liegen, zwischen denen man hindurchgehen konnte. Und dann standen drei dick gepolsterte Sessel da, unmittelbar vor dem Zauberbrett des Bootes.
    Die schimmernd-silbernen Flächen, die von außen wie Augen ausgesehen hatten, waren jetzt durchsichtig geworden und erwiesen sich als Fenster. Draußen wirbelte lautlose Verwirrung. Zögernd ging Trebor auf Zehenspitzen zum Zauberbrett und schaute zu den Fenstern hinaus. Niemand bemerkte ihn. Achtern hämmerte man an den Rumpf, rief aber nur schwächste Geräusche her vor. Er bemerkte, daß die Gogues zurückwichen und der Haushofmeister im Gesicht vor Angst grau wurde.
    Dann sah er Ozziwun. Der Pramantiner blickte nach oben, einen entrückten Ausdruck im Gesicht, die Augen halb geschlossen. Instinktiv legte Trebor die Hand auf das Siegel, und er fühlte Lyantha rings um sich, ihre Stimme, den Duft ihres Parfüms, die Wärme ihres Atems – und die Stimme klang hart und herrisch. Es tauchte ein Bild auf: Das Aufbruch-Boot wurde plötzlich plattgequetscht, und es brach auseinander wie ein zerdrücktes Ei. Ein magisches Katapult leuchtete für einen Augenblick in ihren Gehirnen auf, an dem ein Zaubermeister in blauem Gewand stand. Es war das erste Mal, daß Trebor im Gehirn eines anderen ein Bild

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