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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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alten Knochen machen das nicht mehr mit.« Zu meiner Überraschung setzte Matthew sich wieder.
    »Hingegen wissen die Hexen in London noch nicht, dass Ihr eine Weberin seid, Diana, und das ist das Wichtigste«, fuhr Goody Alsop fort. »Natürlich werden wir die Rede einweihen müssen. Wenn andere Hexen hören, dass Ihr vor die Ältesten gerufen wurdet, werden sie annehmen, dass man Euch für Eure Beziehung zu Master Roydon zur Rechenschaft zieht oder dass Ihr in irgendeiner Weise mit einem Bannspruch belegt werdet, um ihm den Zugang zu Eurem Blut und Eurer Kraft zu verwehren.«
    »Aber Ihr werdet mich unterrichten, ganz gleich, wie der Rat entscheidet?« Ich war es gewohnt, dass mir andere Hexen mit Argwohn begegneten, und dass die Londoner Hexen meine Beziehung zu Matthew gutheißen würden, brauchte ich gar nicht zu hoffen, so viel war mir klar. Es interessierte mich nur am Rande, ob Marjorie Cooper, Elizabeth Jackson und Catherine Streeter (wer sie auch waren) bei Goody Alsops Schulungsprogramm mitwirkten. Aber bei Goody Alsop lag der Fall anders. Auf die Freundschaft und Hilfe dieser Hexe wollte ich keinesfalls verzichten.
    »Ich bin die Letzte unserer Art in London und eine von nur drei bekannten Weberinnen in diesem Teil der Welt. Die schottische Weberin Agnes Sampson sitzt in einem Gefängnis in Edinburgh. Von der irischen Weberin hat man seit Jahren nichts mehr gehört oder gesehen. Die Rede hat keine Wahl, als Euch von mir unterrichten zu lassen«, versicherte mir Goody Alsop.
    »Wann werden die Hexen zusammenkommen?«, fragte ich.
    »Sobald es sich einrichten lässt«, versprach Goody Alsop.
    »Wir sind bereit«, versicherte ihr Matthew.
    »Es gibt einige Dinge, die Eure Gemahlin allein tun muss, Master Roydon. Das Kind austragen und sich der Rede stellen zum Beispiel«, erwiderte Goody Alsop. »Es fällt einem Wearh nicht leicht zu vertrauen, ich weiß, dennoch müsst Ihr es um ihretwillen versuchen.«
    »Meiner Frau traue ich durchaus. Aber nachdem Ihr gespürt habt, was ihr die Hexen angetan haben, werdet Ihr nicht überrascht sein, dass ich sie keiner von Eurer Art anvertrauen will«, sagte Matthew.
    »Trotzdem müsst Ihr es versuchen«, wiederholte Goody Alsop. »Ihr dürft die Rede nicht vor den Kopf stoßen. Sonst wird Hubbard einschreiten. Diese zusätzliche Beleidigung wird die Rede nicht hinnehmen, sondern darauf bestehen, die Kongregation anzurufen. Und so groß unsere Meinungsverschiedenheiten auch sind, niemand in diesem Raum will, dass die Kongregation ihr Augenmerk auf London richtet, Master Roydon.«
    Matthew taxierte Goody Alsop. Schließlich nickte er. »Wie Ihr wollt, Goody.«
    Ich war eine Weberin.
    Bald würde ich eine Mutter sein.
    Ein Kind zwischen allen Stühlen, immer anders als andere Hexen, flüsterte Bridget Bishops geisterhafte Stimme.
    Matthew holte scharf Luft, und mir war klar, dass er eine Veränderung in meinem Geruch wahrgenommen hatte. »Diana ist müde und muss nach Hause.«
    »Sie ist nicht müde, sondern verängstigt. Die Zeit dafür ist vorbei, Diana. Du musst dich deinem wahren Wesen stellen«, widersprach Goody Alsop mit mildem Tadel.
    Aber meine Angst verstärkte sich immer weiter, selbst nachdem wir wohlbehalten ins Hart and Crown zurückgekehrt waren. Gleich nach unserer Ankunft streifte Matthew seine gepolsterte Jacke ab. Er legte sie mir um die Schultern, um die kühle Luft abzuhalten. Der Stoff roch nach ihm, nach Nelken und Zimt, vermischt mit Spuren des Rauches aus Susannas Kamin und der feuchten Londoner Luft.
    »Ich bin eine Weberin.« Vielleicht würden die Worte irgendwann Sinn ergeben, wenn ich sie nur oft genug wiederholte. »Aber ich weiß nicht, was das bedeutet oder wer ich bin.«
    »Du bist Diana Bishop – Historikerin und Hexe.« Er legte die Hände auf meine Schultern. »Ganz gleich, was du früher getan hast oder eines Tages sein könntest, das kann dir niemand nehmen. Und du bist mein Leben.«
    »Deine Frau«, korrigierte ich ihn.
    »Mein Leben«, wiederholte er. »Du bist nicht nur mein Herz, sondern auch der Herzschlag. Davor war ich nichts als ein Schatten, so wie Goody Alsops Phantom.« Sein Akzent war stärker durchzuhören, seine Stimme rau vor Liebe.
    »Eigentlich sollte ich erleichtert sein, dass ich endlich die Wahrheit kenne«, erklärte ich zähneklappernd und kroch ins Bett. Die Kälte schien sich in meinen Knochen festgesetzt zu haben. »Mein ganzes Leben habe ich mich gefragt, warum ich anders bin als alle anderen. Jetzt weiß

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