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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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er, er habe einen Mann getötet, weshalb ihn die kaiserlichen Wachen in Kürze wegen Mordes und Hochverrats verhaften würden. Er sah seinen eigenen Tod voraus und rief: »Ich werde wie die Engel in die Hölle stürzen.« Außerdem sprach er von dem Buch, das Ihr sucht und das, wie Ihr wisst, Kaiser Rudolf gestohlen wurde. Bisweilen nannte Kellaeus es das Buch der Schöpfung, bisweilen auch das Buch des Lebens. Weinend erklärte mir Kellaeus, das Ende der Welt stehe bevor. Er wiederholte düstere Prophezeiungen wie » Es beginnt mit Mangel und Verlangen, es beginnt mit Blut und Angst, es beginnt mit einem Hexenfund« und so fort.
    In seinem Irrsinn hatte Kellaeus drei Seiten aus dem Buch des Lebens gerissen, bevor es dem Kaiser entwendet wurde. Eines der Blätter überließ er mir. Kellaeus wollte mir nicht verraten, wem er die anderen Seiten überlassen hatte, stattdessen sprach er in Rätseln vom Engel des Todes und vom Engel des Lebens. Leider weiß ich nicht, wo sich das Buch gegenwärtig befindet. Auch mein Blatt besitze ich nicht mehr, nachdem ich es Abraham ben Elijah zur Aufbewahrung gab. Er starb an der Pest, darum ist die Seite womöglich für alle Zeiten verloren. Nur einer könnte in der Lage sein, Licht in dieses Mysterium zu bringen, und das ist Euer Erzeuger. Möge Euer Interesse an einer Heilung dieses zerrissenen Buches sich auch auf eine Heilung Eurer zerrissenen Herkunft erstrecken, und möget Ihr Frieden mit dem Vater schließen, der Euch Leben und Odem spendete. Der Herr behüte Euren Geist, von Eurem liebenden Freund Jehuda aus der heiligen Stadt Prag, Sohn des Bezalel, am Zweiten des Monats Elul 5369
    »Das ist alles?«, fragte Skovajsa nach einer langen Pause. »Es geht nur um ein Treffen?«
    »Im Wesentlichen.« Knox stellte auf der Rückseite des Aktenordners ein paar schnelle Berechnungen an. Löw starb 1609. Kelley hatte ihn achtzehn Jahre zuvor besucht. Im Frühling 1591. Er wühlte in der Tasche nach seinem Handy und sah angewidert auf das Display. »Hat man hier keinen Empfang?«
    »Wir sind im Keller«, sagte Skovajsa und deutete achselzuckend auf die dicken Mauern. »War es richtig von mir, Sie zu benachrichtigen?« Er leckte sich gespannt die Lippen.
    »Das haben Sie gut gemacht, Pavel. Ich nehme den Brief an mich. Und das Buch.« Sonst hatte Knox noch nie etwas aus der Strahover Bibliothek mitgenommen.
    »Gut. Da es um Alchemie geht, dachte ich mir gleich, dass Sie das interessiert.« Pavel feixte.
    Was danach geschah, war ausgesprochen bedauerlich. Skovajsa hatte das Pech gehabt, nach jahrelanger erfolgloser Wühlarbeit tatsächlich etwas gefunden zu haben, das Knox interessierte. Mit ein paar Worten und einer knappen Geste sorgte Knox dafür, dass Pavel niemandem verraten konnte, was er gesehen hatte. Aus sentimentalen und ethischen Gründen tötete Knox ihn nicht. Ein Vampir hätte keine derartigen Skrupel gehabt, das wusste er, seit im letzten Herbst Gillian Chamberlain tot an seiner Tür im Randolph Hotel gelehnt hatte. Aber da er ein Hexer war, löste er einfach das Gerinnsel, das in Skovajsas Schenkel schlummerte, und schickte es auf die Reise in dessen Hirn. Dort angekommen, löste es einen massiven Schlaganfall aus. Erst in mehreren Stunden würde ihn jemand finden, viel zu spät, um noch etwas auszurichten.
    Das bibelgroße Buch mitsamt dem Brief unter den Arm geklemmt kehrte Knox zu seinem Mietwagen zurück. Sobald er das Kloster weit genug hinter sich gelassen hatte, hielt er am Straßenrand und zog mit zitternden Händen den Brief heraus.
    Alles, was die Kongregation über das mysteriöse Buch der Ursprünge – Ashmole 782 – wusste, beruhte auf Fragmenten wie diesem. Und dieser Brief beinhaltete mehr als nur eine kurze Beschreibung des Buches und ein paar verschleierte Andeutungen über dessen Bedeutung. Hier bekamen sie Namen und Daten geliefert und erfuhren obendrein, dass dem Buch, das Diana in Oxford gesehen hatte, überraschenderweise drei Seiten fehlten.
    Knox überflog den Brief erneut. Er wollte mehr erfahren – er wollte jedes nützliche Informationsfitzelchen daraus ziehen. Diesmal stachen ihm manche Worte und Zeilen ins Auge: Eure zerrissene Herkunft; der Vater, der Euch Leben und Odem spendete; Euer Erzeuger. Beim ersten Lesen war Knox davon ausgegangen, dass Löw Gott meinte. Bei der zweiten Lektüre kam er zu einem ganz anderen Schluss. Knox griff nach seinem Handy und drückte eine Kurzwahltaste.
    » Oui? «
    »Wer ist Benjamin ben Gabriel?«, wollte

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