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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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ihm werft«, schlug William Cecil nachsichtig vor. Elisabeth ließ den Arm sinken, legte das schwere Metallfässchen aber nicht weg.
    »Wir wissen Neues von Kelley zu berichten«, mischte ich mich ein, um Matthew beizustehen.
    »Wir hatten nicht um Eure Meinung gefragt, Mistress Roydon«, wies mich die englische Königin scharf zurecht. »Wie allzu vielen Frauen an meinem Hof fehlt es Euch eindeutig an Haltung oder Würde. Wenn Ihr bei Eurem Gemahl in Greenwich bleiben und nicht nach Woodstock zurückgeschickt werden wollt, wo Ihr eigentlich hingehört, dann wäre es klug, wenn Ihr es Mistress Throckmorton gleichtun würdet. Sie spricht nur, wenn sie aufgefordert wird.«
    Mistress Throckmorton sah Walter an, der direkt neben Matthew stand. Wir hatten ihn auf der Hintertreppe zu den Privatgemächern der Königin getroffen, und Walter hatte, auch wenn Matthew das für überflüssig gehalten hatte, darauf bestanden, uns in die Höhle der Löwin zu begleiten.
    Bess presste die Lippen zusammen, um sich das Lachen zu verkneifen, aber ihre Blicke tanzten. Jeder außer Elisabeth erkannte auf den ersten Blick, dass die attraktive junge Zofe der Königin und der schneidige, düstere Pirat ein Verhältnis hatten. Genau wie von Matthew prophezeit, hatte Cupidos Pfeil Sir Walter Raleigh getroffen. Der Mann war liebestrunken.
    Unter dem provozierenden Blick seiner Geliebten wurde Walters Mund wieder weich, und die offene Wertschätzung, die er ihr im Gegenzug zeigte, versprach, dass die beiden das Thema Haltung und Würde noch eingehend besprechen würden.
    »Wenn Dianas Anwesenheit nicht vonnöten ist, könntet Ihr meine Gemahlin doch heimkehren lassen, damit sie sich, wie von mir gewünscht, ausruhen kann«, sagte Matthew gleichmütig, doch seine Augen waren ebenso schwarz und zornig wie die der Königin. »Wir sind seit mehreren Wochen auf Reisen.« Die königliche Barke hatte uns abgefangen, bevor wir in Blackfriars an Land gehen konnten.
    »Ausruhen! Seit ich von Euren Abenteuern in Prag hörte, hatte ich keine ruhige Nacht mehr. Sie kann sich ausruhen, wenn ich mit Euch fertig bin!«, zeterte Elisabeth, und diesmal folgte das Tintenfass endgültig der Flugbahn des königlichen Schuhwerks. Es kam in weitem Bogen auf mich zugeflogen wie ein Baseball, doch Matthew fing es mit ausgestreckter Hand ab. Wortlos reichte er es Raleigh, und der warf es dem Kammerdiener zu, der bereits den Schuh der Königin in Händen hielt.
    »Master Roydon wäre weitaus schwieriger zu ersetzen als ein astronomisches Spielzeug, Eure Majestät.« Cecil streckte ihr ein besticktes Kissen hin. »Vielleicht könntet Ihr Euch hiermit behelfen, falls Ihr noch mehr Munition braucht.«
    »Glaubt nicht, Ihr könntet mir Befehle erteilen, Lord Burghley!«, zischte die Königin. Zornig wandte sie sich an Matthew. »So hat Sebastian St. Clair meinen Vater nicht behandelt. Er hätte es nicht gewagt, den Tudorlöwen zu necken.«
    Bess Throckmorton blinzelte, als sie den ihr fremden Namen hörte. Ihr goldener Lockenkopf drehte sich von Walter weg und der Königin zu wie eine Narzisse, die sich an der Frühlingssonne ausrichtet. Cecil räusperte sich sanft, als er die Verwirrung der jungen Frau bemerkte.
    »Wir wollen ein andermal Eures gesegneten Vaters gedenken, und dann mit der gebührenden Aufmerksamkeit. Wolltet Ihr Master Roydon nicht einige Fragen stellen?« Der königliche Sekretär sah Matthew entschuldigend an.
    »Ihr habt recht, William. Es liegt nicht in der Natur des Löwen, sich mit Mäusen und anderem Kleingetier zu messen.« Irgendwie gelang es der Königin mit ihrem herablassenden Tonfall, Matthew wie einen Schuljungen dastehen zu lassen. Nachdem er angemessen zerknirscht dreinblickte – auch wenn das Muskelzucken in seinem Kiefer mich an der Aufrichtigkeit seiner Reue zweifeln ließ –, nahm sie sich einen Augenblick Zeit, um sich zu fassen, wobei ihre Hände sich allerdings mit aller Kraft um die Armlehnen ihres Sessels krallten.
    »Ich wünsche zu erfahren, wie meinem Schatten die Sache so aus dem Ruder laufen konnte.« Jetzt klang sie wieder beleidigt. »Der Kaiser verfügt über viele Alchemisten. Da braucht er gewiss nicht noch meine.«
    Walters Schultern sackten ein bisschen herab, und Cecil verkniff sich ein erleichtertes Aufseufzen. Offenbar war der Zorn der Königin schon halb verraucht, sonst hätte sie Matthew nicht mit seinem Kosenamen angesprochen.
    »Man kann Edward Kelley nicht vom Hof des Kaisers pflücken wie ein dorthin

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