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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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Knox wissen.
    Einen Moment blieb es still.
    »Hallo, Peter«, antwortete Gerbert von Aurillac dann. Knox’ freie Hand ballte sich zur Faust. Das war so typisch für die Vampire in der Kongregation. Ständig predigten sie Ehrlichkeit und Zusammenarbeit, aber sie hatten eindeutig zu lange gelebt und zu viel erlebt. Und wie alle Raubtiere waren sie nicht bereit, ihre Beute zu teilen.
    » Benjamin soll wüten wie ein Wolf. Ich weiß, dass Benjamin ben Gabriel ein Vampir ist. Wer ist er?«
    »Niemand, der weiter wichtig wäre.«
    »Wissen Sie, was im Jahr 1591 in Prag passierte?«, fragte Knox angespannt.
    »Vieles. Sie können nicht erwarten, dass ich Ihnen alle wichtigen Ereignisse aufzähle wie ein Geschichtslehrer.«
    Knox hörte das leise Beben in Gerberts Stimme, das nur jemandem auffallen konnte, der den Mann sehr gut kannte. Gerbert, der altehrwürdige, nie um eine Antwort verlegene Vampir, war nervös.
    »Dr. Dees Assistent Edward Kelley hielt sich 1591 in Prag auf.«
    »Das hatten wir doch schon. Es stimmt, die Kongregation glaubte früher, dass Ashmole 782 in Dees Bibliothek gestanden haben könnte. Aber schon als dieser Verdacht im Frühjahr 1586 erstmals laut wurde, besuchte ich Kelley in Prag. Dr. Dee besaß ein Buch voller Bilder. Es war nicht unser Buch. Seither haben wir jeden einzelnen Band aus Dr. Dees Bibliothek aufgespürt, um ganz sicherzugehen. Elias Ashmole kam weder durch Dee noch durch Kelley in den Besitz des Manuskripts.«
    »Sie irren sich. Im Mai 1591 hatte Kelley das Buch.« Knox machte eine kurze Pause. »Und er nahm es auseinander. In dem Buch, das Diana Bishop in Oxford sah, fehlten drei Seiten.«
    »Was wissen Sie, Peter?«, fragte Gerbert scharf.
    »Was wissen Sie , Gerbert?« Knox konnte den Vampir nicht leiden, trotzdem waren sie seit Jahren Verbündete. Beiden Männern war klar, dass ihrer Welt verheerende Veränderungen bevorstanden. Einige würden als Gewinner daraus hervorgehen, andere als Verlierer. Und beide hatten nicht die Absicht, auf der Verliererseite zu stehen.
    »Benjamin ben Gabriel ist Matthew Clairmonts Sohn«, erklärte Gerbert widerwillig.
    »Sein Sohn?«, wiederholte Knox wie betäubt. Auf keinem der ausgefeilten Vampirstammbäume im Besitz der Kongregation war ein Benjamin de Clermont zu finden.
    »Ganz recht. Aber Benjamin hat sich von seiner Sippe losgesagt. Kein Vampir würde das leichten Herzens tun, denn danach wird die Familie ihn umzubringen versuchen, um ihre Geheimnisse zu wahren. Matthew jedoch verbot es allen de Clermonts, das Leben seines Sohnes zu nehmen. Und seit Benjamin im 19. Jahrhundert in Jerusalem verschwand, hat ihn niemand mehr gesehen.«
    Knox fiel ins Bodenlose. Matthew Clairmont durfte auf keinen Fall Ashmole 782 bekommen.
    »Nun, wir müssen ihn finden«, erklärte Knox. »Denn diesem Brief zufolge verteilte Edward Kelley die drei Seiten. Eine gab er Rabbi Löw, der sie wiederum an jemanden namens Abraham ben Elijah aus Chelm weitergab.«
    »Abraham ben Elijah war einst als sehr mächtiger Hexer bekannt. Wisst ihr Hexen eigentlich überhaupt etwas über eure eigene Vergangenheit?«
    »Wir wissen, dass wir keinem Vampir trauen können. Bisher habe ich das immer als Vorurteil einiger Hysteriker abgetan, aber inzwischen frage ich mich, ob das nicht eher Historiker waren.« Knox überlegte kurz. »Löw wollte, dass Benjamin seinen Vater um Hilfe bittet. Mir war klar, dass sich de Clermont irgendwo versteckt. Wir müssen Benjamin de Clermont finden und ihn zwingen, uns zu verraten, was er und sein Vater über Ashmole 782 wissen.«
    »Benjamin de Clermont ist ein sehr aufbrausender junger Mann. Er leidet an derselben Krankheit, die auch Matthews Schwester Louisa heimsuchte. Die Vampire nennen sie Blutrausch, und die Kongregation fragt sich, ob diese Krankheit irgendwie mit dem neuen Leiden in Verbindung steht, das die Vampire in letzter Zeit befallen hat – und das zum Tod vieler Warmblüter geführt hat, nachdem man sie vergeblich in Vampire zu verwandeln versucht hat. Falls wirklich drei Seiten aus Ashmole 782 fehlen, werden wir sie auch ohne seine Hilfe finden. Es ist besser so.«
    »Nein. Es ist an der Zeit, dass die Vampire ihre Geheimnisse mit uns teilen.« Knox war klar, dass Erfolg oder Misserfolg ihres Planes möglicherweise von diesem instabilen Zweig am Stammbaum der de Clermonts abhing. Wieder sah er auf den Brief. Löw ließ keinen Zweifel daran, dass Benjamin nicht nur das Buch, sondern auch seine Familie wieder zusammenfügen

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