Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
Vom Netzwerk:
Blut getrunken. »Ich kann die Unsterblichkeit in deinem Blut schmecken und die wunderschönen Worte sehen, die durch deine Gedanken tanzen. Matthew ist ein Narr, dass er sie nicht mit dir teilen will.«
    »Er will nur die Hexe.« Kit legte einen Finger auf seinen Hals und stellte sich ganz offensichtlich vor, Matthew und nicht dessen Schwester hätte sein Blut getrunken. »Ich will, dass sie stirbt.«
    »So wie ich auch.« Louisa sah mich mit ihren bodenlosen schwarzen Augen an. »Darum werden wir um sie kämpfen. Wer sie gewinnt, darf die Hexe nach seinem Belieben für das Unheil büßen lassen, das sie meinem Bruder angetan hat. Bist du einverstanden, mein kleiner Liebling?«
    Jetzt, wo Louisa Kits opiatgetränktes Blut getrunken hatte, waren beide völlig weggetreten. Ich drohte schon in Panik zu geraten, als mir Philippes Anweisungen auf Sept-Tours einfielen.
    Überlege. Und überlebe.
    Dann dachte ich an das Baby, und die Panik stieg wieder in mir auf. Keinesfalls durfte ich unser Kind gefährden.
    Kit nickte. »Ich werde alles tun, damit Matthew mich wieder bemerkt.«
    »Das dachte ich mir.« Louisa lächelte und küsste ihn erneut. »Dann lass uns unsere Farben wählen.«

35
    I hr macht einen schrecklichen Fehler, Louisa«, warnte ich sie und zerrte an meinen Fesseln. Sie hatte gemeinsam mit Kit die formlose Puppe aus Stroh und Lumpen abgeschnitten und stattdessen mich an den Pfosten gefesselt. Dann hatte Kit mir mit einem dunkelblauen Seidenstreifen, den er von der Spitze einer bereitstehenden Lanze gerissen hatte, die Augen verbunden, damit ich die beiden nicht mit meinem Blick verzaubern konnte. Sie standen in meiner Nähe und stritten darum, wer die schwarz-silberne Lanze und wer die grün-goldene bekommen sollte.
    »Matthew ist bei der Königin. Er wird euch alles erklären.« Ich gab mir Mühe, ruhig zu klingen, aber meine Stimme bebte. Matthew hatte mir im Oxford der Neuzeit von seiner Schwester erzählt, während wir am Kamin in der Old Lodge Tee getrunken hatten. Nach seinen Worten war sie ebenso schön wie gewissenlos.
    »Du wagst es, seinen Namen auszusprechen?« Kit raste vor Zorn.
    »Kein Wort mehr, Hexe, sonst lasse ich Christopher doch noch deine Zunge herausschneiden.« Louisas Stimme triefte vor Gift, und ich begriff, auch ohne ihr in die Augen zu sehen, dass Mohn und Blutrausch keine gute Kombination waren. Die Spitze von Ysabeaus Diamant kratzte sacht über meine Wange, bis das Blut heraustrat. Louisa hatte mir den Finger gebrochen, um den Ring von meiner Hand zu reißen, und trug ihn nun selbst.
    »Ich bin Matthews Frau, seine Gefährtin. Was glaubt ihr wohl, wie er reagiert, wenn er herausfindet, was ihr getan habt?«
    »Du bist ein Monster – eine Bestie. Wenn ich den Kampf gewinne, werde ich dir die Maske der Menschlichkeit vom Gesicht reißen und dein wahres Antlitz entblößen.« Louisas Worte tröpfelten wie Gift in mein Ohr. »Danach wird Matthew erkennen, wie du wirklich bist, und deinen Tod genauso feiern wie wir.«
    Dann entfernten sich ihre Stimmen. Ich konnte unmöglich feststellen, wo sie standen oder aus welcher Richtung sie zurückkehren würden. Ich war völlig allein.
    Überlege. Und überlebe.
    Etwas flatterte in meiner Brust. Aber das war keine Panik. Es war meine Feuerdrachin. Ich war nicht allein. Und ich war eine Hexe. Ich brauchte meine Augen nicht, um die Welt um mich herum zu sehen.
    Was seht ihr?, fragte ich die Erde und die Luft.
    Meine Feuerdrachin antwortete mir an ihrer Stelle. Sie zirpte und schnatterte, ihre Flügel flatterten in dem Raum zwischen Bauch und Lunge, und dann schätzte sie die Lage ein.
    Wo sind sie?, fragte ich.
    Mein drittes Auge öffnete sich und offenbarte mir die wechselnden Frühsommerfarben in ihrer blauen und grünen Pracht. Ein dunkelgrüner Strang verdrehte sich mit einem weißen und verknotete sich dann mit etwas Schwarzem. Ich folgte ihm zu Louisa, die gerade auf den Rücken eines schnaubenden Pferdes kletterte, das keinen Vampir auf seinem Rücken dulden wollte und immer wieder scheute. Louisa biss es in den Hals, woraufhin das Pferd erstarrte und noch verängstigter wirkte.
    Ich folgte einer anderen Gruppe von Strängen, diesmal in Blutrot und Weiß, weil ich hoffte, dass sie mich zu Matthew führen würden. Stattdessen stieß ich auf einen chaotischen Wirbel aus Farben und Formen. Ich fiel – immer tiefer und tiefer, bis ich auf einem kalten Kissen landete. Schnee. Ich atmete tief die kalte Winterluft ein. Ich stand nicht mehr

Weitere Kostenlose Bücher