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Wo die Nacht beginnt

Wo die Nacht beginnt

Titel: Wo die Nacht beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Harkness
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steckt. Und was dich angeht«, fuhr Philippe fort, die hellen Augen auf seinen Sohn gerichtet, »du wirst nach unten gehen und auf mich warten, bis ich an Gallowglass und Raleigh geschrieben habe. Du warst lange nicht mehr zu Hause, und deine Freunde wollen endlich erfahren, ob Elisabeth Tudor tatsächlich ein Monstrum mit zwei Köpfen und drei Brüsten ist, wie so oft behauptet wird.«
    Nicht willens, sich völlig geschlagen zu geben, legte Matthew einen Finger unter mein Kinn, sah mir tief in die Augen und küsste mich wesentlich inniger, als sein Vater erwartet hatte.
    »Das wäre dann alles, Diana«, erklärte Philippe abfällig, als Matthew sich wieder aufrichtete.
    »Kommt, Madame«, sagte Alain und deutete auf die Tür.
    Wenig später lag ich wach und allein im Bett einer fremden Frau, lauschte dem Heulen des Windes und durchlebte im Geist noch einmal den vergangenen Abend. Hier wurden zu viele Intrigen gesponnen, als dass ich ein klares Muster erkannt hätte, außerdem fühlte ich mich verletzt und verraten. Ich wusste, dass Matthew mich liebte. Aber bestimmt hatte er genau gewusst, dass andere Wesen unseren Bund nicht anerkennen würden.
    So verging Stunde um Stunde, bis ich schließlich die Hoffnung auf Schlaf aufgab. Ich trat ans Fenster, schaute hinaus in die Dämmerung und fragte mich, wie unsere Pläne so schnell hatten scheitern können und wie viel Philippe de Clermont – und Matthews Geheimnisse – zu ihrem Scheitern beigetragen hatten.

9
    A ls ich am nächsten Morgen meine Zimmertür aufzog, sah ich Matthew an der Steinwand gegenüber lehnen. So wie er aussah, hatte er ebenfalls kein Auge zugetan. Er schreckte hoch und brachte damit die beiden jungen Dienstmägde, die hinter mir standen, zum Kichern. Sie waren es nicht gewohnt, ihn so verknittert und zerzaust zu sehen. Sofort verdüsterte sich sein Gesicht.
    »Guten Morgen.« Ich machte einen Schritt auf ihn zu und brachte damit meine preiselbeerroten Röcke zum Schwingen. Wie mein Bett, meine Zofen und praktisch alles andere, was ich berührte, gehörte auch das Kleid Louisa de Clermont. Ihr aus den bestickten Bettvorhängen sickernder Rosen- und Zibetduft hatte mir gestern Nacht den Atem geraubt. Ich atmete tief die kalte, klare Luft ein und versuchte die Klee- und Zimtaromen herauszufiltern, die so typisch und unverkennbar für Matthew waren. Sobald ich sie ausgemacht hatte, löste sich meine Erschöpfung, und ich kuschelte mich in die ärmellose schwarzwollene Robe, die mir die Zofen über die Schultern gehängt hatten. Sie erinnerte mich an meinen Akademikerumhang und spendete zusätzliche Wärme.
    Matthews Miene hellte sich auf, sobald er mich an seine Brust zog und mich mit bewundernswerter Finesse küsste. Die Zofen kicherten immer weiter und tuschelten leise, was er als Ermutigung auffasste. Ein plötzlicher Windstoß um meine Knöchel verriet mir, dass ein weiterer Beobachter erschienen war. Unsere Lippen lösten sich.
    »Du bist zu alt, um im Vorzimmer zu poussieren, Matthaios .« Sein Vater streckte den sonnengebräunten Kopf aus dem Nebenzimmer. »Das 12. Jahrhundert hat dir gar nicht gutgetan, und wir haben dich entschieden zu viele Gedichte lesen lassen. Nimm Haltung an, bevor die Männer dich sehen, und bring Diana dann nach unten. Sie riecht wie ein Bienenstock im Sommer, und der Haushalt wird Zeit brauchen, um sich an ihren Geruch zu gewöhnen. Wir wollen doch nicht, dass es zu ungewolltem Blutvergießen kommt.«
    »Die Gefahr wäre weniger groß, wenn du dich nicht ständig einmischen würdest. Dass du uns trennst, ist absurd.« Matthew nahm meinen Ellbogen. »Wir sind Ehemann und Ehefrau.«
    »Das seid ihr nicht, den Göttern sei Dank. Geht jetzt nach unten, ich komme in Kürze nach.« Philippe schüttelte resigniert den Kopf und zog sich zurück.
    Schmallippig saß Matthew mir an dem langen Tisch in dem zugigen Saal gegenüber. Zu dieser Uhrzeit war kaum jemand hier unten, und alle, die noch da waren, verschwanden, sobald sie Matthews abweisende Miene bemerkt hatten. Ofenwarmes Brot und Glühwein wurden vor mir abgestellt. Es war kein Tee, aber damit kam ich zurecht. Matthew wartete, bis ich meinen ersten tiefen Schluck genommen hatte, und sprach mich dann an.
    »Jetzt habe ich meinen Vater gesehen. Wir reisen sofort ab.«
    Ich presste die Finger fester um meine Schale und schwieg. Winzige Orangenschalenstückchen trieben vollgesogen auf der warmen Flüssigkeit. Durch das Zitrusaroma wirkte der Wein ein bisschen mehr wie ein

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