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Wo die Nelkenbaeume bluehen

Wo die Nelkenbaeume bluehen

Titel: Wo die Nelkenbaeume bluehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Stevens
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lauter Mitgefühl. Wie konnten Menschen anderen Menschen nur so schreckliche Dinge antun? Zu Hause im Kaiserreich hatte man ja keine Ahnung von den Grausamkeiten, die sich hier in aller Öffentlichkeit abspielten! Und von den Befürwortern der Sklaverei wurde gar propagiert, dass Schwarzafrikaner minderwertige Menschen seien, die Schmerz und Leid nicht auf dieselbe Weise fühlten wie Europäer.
    Hatte jemand, der so etwas behauptete, schon einmal eine Sklavenkarawane gesehen? Henriette konnte es sich nicht vorstellen. Am liebsten hätte sie vor Empörung aufgeschrien, doch Entsetzen und Mitleid schnürten ihr die Kehle zu. In diesem Moment wusste sie, dass ihre Entscheidung, ihrem Vater nach Afrika zu folgen, die einzig richtige gewesen war. Sie musste etwas unternehmen, um diesen armen Menschen zu helfen. Denn keinem Mann, keiner Frau und keinem Kind sollte eine solch menschenunwürdige Behandlung widerfahren. Das musste ein Ende haben.
    Jambiani, Sansibar, Juli 1887
    „Jetzt ist es nicht mehr weit“, erklärte Jonathan Bennett und schenkte Celia ein kühles Lächeln. „Alles, was du da draußen erblickst, gehört mir – alles, so weit das Auge reicht.“
    Neugierig schaute Celia zum Fenster hinaus. Im ersten Moment war sie ein wenig enttäuscht. Überall nur Grün und noch mehr Grün. Ihr zukünftiger Ehemann sagte ihr prinzipiell recht gut zu, doch ihr behagte der Gedanke nicht, mitten im Urwald zu leben. Sie wünschte sich Komfort und Behaglichkeit. Konnte es hier draußen, fernab jeglicher Zivilisation, so etwas überhaupt geben?
    Doch dann wich das Buschwerk ein wenig zurück und gab den Blick frei auf die eigentliche Plantage. Als Celia die Arbeiter sah, fingen ihre Augen an zu glänzen. Schweiß schimmerte auf der dunklen Haut der Männer, die dort schufteten, und die Rücken der Frauen, die schwere Körbe schleppten, waren tief gebeugt.
    Das gefiel ihr schon besser.
    „Gehören all diese Neger auch uns?“
    Jonathan nickte. „Aber ja“, sagte er. „Jeder einzelne von ihnen.“
    Celia überlief ein wohliger Schauer. Von ihren zahlreichen Verehrern im Kaiserreich war sie geradezu mit Geschenken überschüttet worden, sodass ihr allerlei Schmuck und Tand gehörte. Doch einen Menschen hatte sie noch nie besessen. Es verlieh ihr ein schwer zu beschreibendes Gefühl von Macht.
    Plötzlich war Celia zuversichtlich, dass ihr das Leben auf der Gewürzfarm sehr gut gefallen könnte.
    Ja, wirklich ausgesprochen gut …

4. KAPITEL
    Gegenwart
    „Es gibt also wirklich keinen anderen Weg, als die Zwangsversteigerung der Farm abzuwarten?“
    „Leider nicht.“ Ronald Jamisson, der Notar, der den Nachlass von Rafe Bennett verwaltete, seufzte. „Ich habe bereits in Ihrem Namen angeboten, einen Großteil der vorhandenen Schulden auszugleichen, aber die Bank besteht auf einer Zwangsversteigerung. Das war leider auch nicht anders zu erwarten und hat vor allem formelle Gründe.“ Er zögerte kurz. „Und da ist noch etwas …“
    „Ja?“
    „Hören Sie, Miss, ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten … aber haben Sie sich Ihr Vorhaben auch wirklich gut überlegt?“
    Lena seufzte. Vier Tage waren vergangen, in denen ihre Idee, die Spice Farm zu kaufen und sich eine neue Existenz auf Sansibar aufzubauen, immer konkretere Formen angenommen hatte. Es mochte verrückt sein, dieses Vorhaben auch nur in Betracht zu ziehen, doch der Gedanke ließ sie einfach nicht mehr los.
    Im Grunde zog sie nichts nach Berlin zurück. Nach dem Unfall war sie nicht wieder an ihre Schule zurückgekehrt. Nicht, als es ihr wieder besser ging, und auch nicht, nachdem Andy …
    Nach und nach hatte sich in ihrem Leben etwas breitgemacht, das sich am besten mit dem Wort Trostlosigkeit beschreiben ließ. Nachts bekam sie kaum ein Auge zu, und wenn sie schließlich Schlaf fand, dann nicht ohne von jener schicksalhaften Nacht zu träumen. Und morgens brachte sie kaum noch die Energie auf, aus dem Bett zu steigen.
    Ohne Andy und ohne ihr gemeinsames Kind, das nie das Licht der Welt erblicken durfte, schien ihr nichts mehr von Bedeutung. Sie fühlte sich leer, ließ sich dahintreiben wie ein Blatt im Wind. Sie wollte das alles hinter sich lassen! Deshalb hatte sie sich so überstürzt auf den Weg nach Sansibar gemacht …
    „… Mr Bennett außer Schulden bedauerlicherweise nichts hinterlassen. Und wenn ich Sie richtig verstanden habe, besitzen Sie keinerlei Erfahrung im Gewürzanbau.“
    Die Stimme des Notars holte Lena wieder in die Gegenwart

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