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Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Wo die toten Kinder leben (German Edition)

Titel: Wo die toten Kinder leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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einen Moment kam mir der Unbekannte sehr nahe. Wenn ich meine Hand ausgestreckt hätte, hätte ich sein Bein berühren können. Dann verschwand er so plötzlich, wie er gekommen war.
    Ich atmete flach, blieb in meinem Versteck und wagte es nicht einmal, auf meine Uhr zu blicken. Meine Verfolger würden sich jetzt irgendwo auf die Lauer legen, in der Hoffnung, dass ich aus meiner Deckung kam und ihnen in die Arme lief. Und sie würden das mit den Eisenstangen tun, wofür sie der zweite Mann mitgebracht hatte.
    Aber dann dachte ich an Wagner. Die Männer mussten damit rechnen, dass er die Polizei gerufen hatte. Sie konnten nicht das Risiko eingehen, sehr viel länger im Wald auszuharren. Das war wohl auch der Grund, weshalb der eine so wütend auf die Bäume eingeschlagen hatte.
    Ich blieb noch eine Weile unter dem Asthaufen liegen, bevor ich herauskroch und mich gebückt zum Weg zurückmachte. Dabei vermied ich es aber, direkt auf dem weißen Kies zu laufen, sondern blieb stattdessen im Abstand von einigen Metern zwischen den Fichten. Ich hielt mich in deren Schatten und blickte mich ständig um. Aber die zwei Männer, die mich hatten töten wollen, blieben verschwunden.
    An der Stelle, an der der Kiesweg zum Studentenwohnheim mündete, trat ich aus dem Wald. Mein Golf stand auf dem Parkplatz. Auf dem Beifahrersitz saß eine einzelne Person. Nirgends Streifenwagen, keine Polizisten.
    Ich näherte mich vorsichtig, bis ich erkannte, wer sich in meinem Auto befand. Ich öffnete die Tür und ließ mich schwer hinters Steuer fallen.
    „Da sind Sie ja endlich“, sagte Wagner mit heiserer Stimme, wobei er versuchte, entspannt zu klingen. Sein Gesicht wirkte aber extrem blass und trug einen Ausdruck, der mir mehr als deutlich verriet, dass er sich ganz offensichtlich große Sorgen um mich gemacht hatte.
    „Das Schloss Ihrer Beifahrertür ist kaputt“, sagte er.
    „Das weiß ich“, antwortete ich, um anzufügen: „Wie geht es Ihnen?“ Im Schein der Straßenlampe, die nicht weit von uns brannte, konnte ich einen wütendroten Strich sehen, der sich quer über seinen Kehlkopf zog.
    „Wenn Sie ein paar Minuten später gekommen wären“, setzte er an. „… Ich glaube nicht, dass ich dann noch gelebt hätte… Ich muss Ihnen danken.“
    „Müssen Sie nicht.“
    Er räusperte sich. „Haben Sie ihn erwischt?“
    „Es ging nicht darum, ob ich ihn erwische. Er hatte einen Komplizen im Wald und führte mich ganz gezielt dorthin. Sie hatten es auf mich abgesehen. Als sie sich sicher sein konnten, dass ich ihnen ausgeliefert war, wollten sie mich umbringen.“
    „Ich hätte nie gedacht…“, begann Wagner und stoppte.
    „Was?“, fragte ich.
    „…dass das solche Ausmaße annimmt.“
    „Haben Sie die Polizei verständigt?“
    Wagner schwieg.
    „Wir müssen den Vorfall unbedingt der Polizei melden“, beharrte ich.
    Wieder erhielt ich keine Antwort.
    „Sie sind doch auch der Meinung, dass man das melden muss“, drängte ich. „Die haben Sie beinahe stranguliert und hatten auch vor, mich zu ermorden. Das sind skrupellose Verbrecher!“
    Wagner atmete tief durch. „Sie haben ja recht…“
    „Aber?“
    „Mein Auftrag ist es, diese Selbstmorde im Stillen zu untersuchen, ohne großes Aufhebens zu machen.“
    „Sie wollen das tatsächlich unter den Teppich kehren? Nach dem, was heute passiert ist, können Sie doch nicht allen Ernstes glauben, dass Ihnen das gelingen wird! Da steckt viel mehr dahinter, als wir ursprünglich angenommen haben. Hier geht es nicht nur um Suizid!“, entgegnete ich hitzig.
    Wagner biss sich auf die Lippen, wandte seinen Kopf von mir ab und tat so, als würde er zum Seitenfenster hinausblicken. „Die Weisungen, die ich in Bezug auf die Selbstmorde erhalten habe, waren unmissverständlich. Keine Öffentlichkeit.“
    „Auch wenn das bedeutet, dass damit unser beider Leben auf dem Spiel steht?“
    Wagner blieb still.

7
     
    „ I n diesem Zustand kann ich Sie nicht nach Hause lassen“, begann ich, nachdem wir längere Zeit schweigend nebeneinander gesessen hatten.
    „Doch, das schaffe ich schon“, meinte Wagner, bemüht, seiner Stimme einen zuversichtlichen Tonfall zu geben.
    Ich startete den Wagen. „Wir werden sehen.“
    Bis zu dem Jugendstilhaus, in dem er wohnte, brauchten wir eine knappe halbe Stunde. Wagner bewegte sich kaum. Nur manchmal, wenn er meinte, dass ich ihn nicht beobachtete, betastete er vorsichtig seinen Hals. Er schien starke Schmerzen zu haben.
    Als wir bei ihm

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