Wo die toten Kinder leben (German Edition)
ich wissen, ob Sie loyal sind.“
„Und, habe ich den Test bestanden?“
Satorius nickte einmal. „Das haben Sie. Voll und ganz. …Und passen Sie auf sich auf. Sorgen Sie mir dafür, dass Paul nichts geschieht.“
Diesmal nickte ich und probierte gar nicht erst, zu lächeln.
Ich wandte mich von Satorius ab, um den Wintergarten zu verlassen. Als ich mich zurückdrehte, um die Tür zu schließen, sah ich, dass sich der Professor bereits wieder seinem Computer widmete. Auf dem großen Bildschirm erschien die Darstellung einer Skulptur. Ein steinernes Monster mit langen Flügeln, Klauen und Hörnern fletschte ihm und mir seine Reißzähne entgegen.
Satorius beachtete mich nicht mehr.
12
W agner wartete im Vorgarten auf mich. Er hatte sich einen Zigarillo angezündet, rauchte mit dem Rücken zum Haus und streifte seine Asche in einen Blumenkübel ab.
„Wenn Sie Lorenzo dabei erwischt, werden Sie Probleme bekommen“, begrüßte ich ihn.
Als einzige Antwort nahm Wagner einen weiteren tiefen Lungenzug, bevor er die Kippe in die Erde des Kübels drückte, bis sie gänzlich verschwunden war. Er stellte mir keine Fragen über das, was ich mit Satorius besprochen hatte. Stattdessen stiegen wir in meinen Golf und ich ließ den Motor an. Langsam fuhren wir Richtung Autobahn, um nach Hause zu kommen.
„Was ich nicht verstehe, ist, warum dieser Mann in Bernhards Wohnung… - warum der uns angegriffen hat“, begann er nach einer Weile.
„Er und sein Komplize hatten vor, uns umzubringen“, sagte ich.
„Schon, aber waren die wirklich vorrangig da, um uns zu töten, oder hatten die eigentlich andere Gründe?“
„Wie meinen Sie das?“
„Hielten die sich dort auf, um uns eine Falle zu stellen, oder haben wir die bei irgendetwas gestört und sie mussten umplanen, und – sozusagen – ihre Spuren beseitigen?“
Ich dachte nach. „Eine gute Frage. Das würde aber bedeuten, dass zumindest der eine Typ einen anderen Grund hatte, in der Wohnung zu sein. Das Apartment war durchsucht worden.“
„Wozu durchstöbert man eine Wohnung?“, sagte Wagner mehr zu sich selbst.
„Weil man etwas finden will.“
„Genau. Und das bedeutet, dass dieses Etwas vielleicht noch dort ist.“
Ich trat hart auf die Bremsen, wendete den Wagen und wir fuhren erneut zu dem Studentenwohnheim.
Die Lobby war noch immer verlassen, kein Mensch weit und breit. Wir gingen hinauf zu Bernhards Apartment und Wagner zog einen glänzenden Schlüssel aus der Tasche.
„Ich habe heute früh das Schloss auswechseln lassen“, erklärte er auf meinen fragenden Blick.
Ich prüfte das Holz der Tür. Nichts war aufgebrochen, zerkratzt oder beschädigt. „Da hat sich in der Zwischenzeit keiner dran zu schaffen gemacht.“
Wagner sperrte auf. In der Wohnung war es noch immer stickig, es roch schlecht und die Gardinen an den Fenster verhinderten die Sicht nach draußen. Ich betätigte den Lichtschalter und eine Sparlampe an der Decke begann, ihr kaltes Licht in den Raum zu werfen.
Die Vorhänge hakten. Ich schob einige Computerteile, die am Boden auf einem Haufen lagen, mit dem Fuß beiseite, um besser an das Fenster heranzukommen. Erst dann gelang es mir, die Vorhänge zurückzuziehen.
Hinter mir klapperte es. Wagner begann, die Schränke zu öffnen und die restlichen Kleidungsstücke, die sich noch darin befanden, zu den anderen auf das Bett zu legen.
Jacken, Hosen, ein paar Pullover - wir griffen in die Taschen, untersuchten die Säume und jede einzelne Falte. Irgendwo mussten wir etwas finden, dessen Besitz es wert war, dafür zu töten.
Außer ein paar gebrauchten Papiertaschentüchern kam nichts zutage.
An den Wänden hingen Fotografien in angestaubten Glasrahmen. Wir nahmen sie herunter, lösten die Halterungen, um hinter die Bilder zu blicken. Wir durchsuchten jede einzelne der Aufnahmen auf diese Art und Weise, fanden aber nichts.
In der Küche durchforstete ich den Kühlschrank, ohne jedes Resultat.
Auf der Arbeitsplatte stand eine Schüssel mit nahezu schwarzen, geschrumpelten Kirschen, die vor sich hin moderten. Ich leerte sie aus, doch auch hier wurde ich nicht fündig.
Ich wechselte ins Bad und baute den Deckel vom Spülkasten ab, um hineinzublicken. Fehlanzeige.
Ich klopfte jede einzelne Kachel ab, um zu prüfen, ob sich darunter ein Hohlraum befand. Erfolglos.
Ich öffnete den Revisionsschacht der Dusche. Auch er war leer.
In dem Appartement war nichts verborgen - vielleicht nicht mehr, vielleicht war auch nie etwas
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