Wo die Wuerfel fallen
ihrem berühmten Dreifuß über der Erdspalte hockte, aus der Dämpfe aufstiegen. Wie in Trance stammelte sie Sprüche oder Worte, deren Sinn von den Orakelpriestern gedeutet wurde. Auch heute noch verwendet man das Wort Pythia, wenn von Prophezeiungen und der Auslegung von Orakelsprüchen die Rede ist. So ist beispielsweise auch im Zusammenhang mit dem bekannten Meinungsforschungsinstitut von der »Pythia von Allensbach« die Rede.
|32| Orakel
Orakel waren für die griechische und die römische Religion von so überragender Bedeutung, weil diese keine göttlichen Offenbarungen, keine »heiligen Schriften«, also kein »Wort Gottes« kannten. Orakel waren für die Menschen die unmittelbarste Möglichkeit, mit den Göttern in Kontakt zu treten. Der heute geläufige Begriff kommt aus dem Lateinischen:
orare
= reden, sprechen. »Orakel« bedeutet also Schicksalsspruch, Weissagung, aber auch »Sprechstätte«.
Der Nabel der Welt
In Delphi befindet sich auch der Omphalos, ein Stein, der bei Ausgrabungen wiedergefunden wurde und heute noch zu besichtigen ist. Er galt als »Nabel der Welt«. Der Omphalos wurde im Orakelschrein aufbewahrt und für die Griechen und die Römer war diese Stelle in der Tat der Mittelpunkt der Welt.
Musen & Parnass
Delphi liegt unmittelbar am Fuße des Parnass-Gebirges. Der Parnass galt in der Antike als Sitz der Musen, vereinfacht gesagt: der Künste. Die Wörter »Museum« und »Musik« leiten sich von Musen ab. Natürlich war Apollon ihr Schutzherr und hielt sich gerne in ihrem Kreis auf.
Moderne Alltagsbegriffe aus der Antike
akademisch
Der Hain, in dem Platon seine Philosophenschule begründete, ist nach dem mythischen attischen Heros Akademos bzw. Hekademus benannt.
Dieser bewahrte Athen vor der Zerstörung durch die Zwillingsbrüder Kastor und Polydeukes (lateinisch Pollux), als sie auf der Suche nach ihrer entführten Schwester Helena waren. Akademos verriet ihnen Helenas Versteck. Diese Friedenstat war den Athenern einen heiligen Hain im Nordwesten der Stadt wert.
arkadisch
Arkadien ist eine bevölkerungsarme Verwaltungspräfektur auf der Peloponnes und darüber hinaus ein Mythos. Weil die schöne Landschaft immer schon recht abgelegen war, wurde sie |33| bereits in der Antike als Idylle schlechthin betrachtet. Ackerbau wurde dort kaum betrieben, der karge Boden reichte nur für die archaischste Wirtschaftsform überhaupt – die nomadische Weidewirtschaft. Dazu gehören vor allem Hirten und Schafe und diese sind seit jeher die Hauptdarsteller in der von zivilisationsmüden Europäern aller Länder verherrlichten Traumlandschaft.
drakonisch
Schon in der klassischen Zeit galten die Strafgesetze, die der Aristokrat Drakon um 620 v. Chr. aufzeichnete, als sehr streng. Er kodifizierte jedoch lediglich die bestehenden Bestimmungen – in einer Zeit, in der zum Beispiel die Blutrache noch zum Alltag gehörte. Aber gerade Drakon setzte sich dafür ein, solche Auseinandersetzungen ausschließlich vor Gericht zu führen. Ein für die Rechtsgeschichte reformerischer Meilenstein ist die von Drakon eingeführte Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag. Im drakonischen Gesetz wird damit zwischen absichtlicher und unabsichtlicher Tötung unterschieden. Im modernen Strafrecht ist Mord die Tötung in einem besonders schweren Fall.
platonisch
Etwas vereinfacht gesagt, betrachtete der griechische Philosoph Platon (427 – 347 v. Chr.) nur die begriffliche Vorstellung (die »Idee«) einer Sache als wahres Sein, nicht die Sache selbst (seine Philosophie bezeichnet man auch als »idealistisch«). Ähnlich ist es mit den Dingen, die man als platonisch bezeichnet. In der Wirklichkeit gibt es sie nicht, sie existieren nur in der Vorstellung. Dementsprechend sah Platons Begriff von der Liebe aus. Auf deren sinnliche Wahrnehmung gab er nicht viel. Er interessierte sich vielmehr für die geistige Form der Liebe, die enge innere Seelenverwandtschaft zweier Menschen. Den Begriff der »platonischen Liebe« hat der bedeutendste »platonische« Philosoph der Renaissance, Marsilio Ficino (1433 – 1499), geprägt.
spartanisch
Nach allem, was man über den homosexuell geprägten Militärstaat Sparta weiß, spiegelt sich hier noch am ehesten die Mentalität der dorischen Griechen der Frühzeit. Das Leben war sehr rituell organisiert, die zivilisatorischen Ausdrucksformen asketisch. |34| Das ganze Gemeinwesen war auf Körperertüchtigung und die damit einhergehende militärische Kampfbereitschaft
Weitere Kostenlose Bücher