Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wo die Wuerfel fallen

Titel: Wo die Wuerfel fallen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
Vom Netzwerk:
ersten Sohn) war der bedeutendste Feldherr und Staatsmann seiner Epoche (übrigens der »Nabucco« der bekannten Verdi-Oper). Sein Reich umfasste den gesamten Nahen Osten von der Euphrat-Mündung bis zum Mittelmeer. 587 v. Chr. eroberte Nebukadnezar Jerusalem, zerstörte den Tempel Salomos und raubte die Tempelschätze. Außerdem nahm er viele Angehörige der jüdischen Oberschicht als Geiseln, eine damals gängige politische Praxis. Von ihrer »babylonischen Gefangenschaft« berichtet die Bibel ausführlich im »Buch Daniel«.
    Menetekel – Die Zeichen an der Wand
    Die berühmteste, ebenfalls sprichwörtliche Episode aus der babylonischen Gefangenschaft handelt vom Gastmahl des Belsazar. Dabei war der Sohn Nebukadnezars schon so vom Wein »umnebelt« (Daniel 5,1), dass er befahl, jüdische Kultgegenstände aus der Tempelbeute herbeizuschaffen, da er daraus trinken wollte. Bei diesem Frevel erschienen die berühmten geisterhaften Zeichen an der Wand, das »Menetekel«. Folgende Worte waren erkennbar: »Meneh, meneh tekel u pharsin.« Keiner der babylonischen Magier und Zauberer konnte die Worte deuten. Also holte man den jüdischen Propheten Daniel. Ihm zufolge bedeuten sie Folgendes: »Gezählt, gewogen und geteilt.« Das wird üblicherweise wiedergegeben mit »Gezählt, gewogen und zu leicht befunden«. Es sind aramäische Worte, die so stark wirken, dass sie in den Bibelübersetzungen unübersetzt bleiben und nur wie folgt erklärt werden: »Die Tage des Königs sind gezählt. Er wurde gewogen und zu leicht befunden. Belsazars Reich wird geteilt |37| zwischen den Medern und den Persern.« Und in der Tat war es der Perserkönig Kyros II., der Belsazars Babylon eroberte und den Juden die Rückkehr in die Heimat gestattete (etwa ab 540 v. Chr.). Mit diesen Persern mussten sich dann 150 Jahre später die Griechen bei Marathon und Salamis auseinandersetzen.
    Pharisäer
    »Pharisäer« (hebräisch
peruschim
) bedeutet wörtlich »die Abgesonderten«, weil sich diese priesterlichen Schriftgelehrten durch eine besonders aufmerksame Einhaltung der Ritualvorschriften absonderten. Im Neuen Testament prägen sie das Erscheinungsbild der jüdischen Religion. Das rein äußerliche Befolgen von Ritualen wurde den Pharisäern als Heuchelei und Selbstgerechtigkeit ausgelegt. Jesus von Nazareth prangerte das wiederholt an. Die Pharisäer sind für ihn geradezu das Feindbild Nummer eins einer oberflächlichen Religiosität, die nicht von Herzen kommt. Deswegen gilt »pharisäerhaft« regelrecht als Schimpfwort.
    Für die Juden hatte sich durch die Verschleppung nach Babylon die Frage gestellt, wie die Religion ohne Tempel und somit ohne Gottesdienst überhaupt weiterexistieren konnte. Die zweite Frage war, wie man sich im Umfeld des Hellenismus mit seiner Vielzahl von Göttern, Kulten und philosophischen Strömungen behaupten konnte. Die Antwort der Pharisäer lautete: Durch Gehorsam gegenüber Jahwe. Das bedeutete konkret die Einhaltung der zahlreichen biblischen Ritualvorschriften, die den jüdischen Alltag außerhalb des Tempeldienstes regelten (zum Beispiel die Sabbatruhe oder Essensvorschriften). Diese Form von Gottesgehorsam konnte jeder Einzelne leisten, sie war nicht an den Tempeldienst gebunden. Außerdem befassten sich die Pharisäer intensiver als andere mit den Schriften der jüdischen Überlieferung. Daher sind sie die »Schriftgelehrten«, die sich dann zu Rabbis (= Lehrern) entwickelten, in den Jahrtausenden der Diaspora die Träger der jüdischen Religiosität.

|38| Das alte Rom
    Ab urbe condita
    Ab urbe condita
= seit der Gründung der Stadt (753 v. Chr.) ist eine Zeitrechnung der Römer, die der bedeutende Gelehrte und Staatsmann der ganz frühen römischen Kaiserzeit, Marcus Terentius Varro (116 – 27 v. Chr.), eingeführt hat. Varro war eng befreundet mit Cicero und galt als der »gelehrteste aller Römer« (laut Quintilian). Von Cäsar wurde er zum Leiter der römischen Reichsbibliothek ernannt. Varros Werke umfassen alle nur denkbaren Themen von der Philosophie über die Medizin bis zur Gutsverwaltung oder zur Herkunft der lateinischen Sprache (er ging davon aus, sie stamme von der griechischen ab, so wie die Römer von den Trojanern). Auf dieser Vorstellung beruht auch die römische Zeitrechnung
ab urbe condita
: Wie die meisten Römer seiner Zeit hielt Varro das Jahr 1193 v. Chr. für das Jahr der Eroberung Trojas durch die Griechen.
    Die Römer dachten, dass die überlebenden Trojaner unter Führung des

Weitere Kostenlose Bücher