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Wo du nicht bist, kann ich nicht sein

Wo du nicht bist, kann ich nicht sein

Titel: Wo du nicht bist, kann ich nicht sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Blaxill
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auf die dunkle Seite zu locken.
    Dad: Menschen sind Allesfresser, Freya. Unsere Vorfahren hatten gute Gründe, Mammuts zu töten. Tofu enthält nicht all die Nährstoffe, die du brauchst.
    Freya: Aber Würstchen im Schlafrock sind kein echtes Fleisch. Da sind all die ekligen Teile vom Schlachthoffußboden drin, wahrscheinlich ist das noch schlimmer als alles mit einer E-Nummer drauf. Und denken Sie doch mal an die Tiere: Kühe und Schweine umzubringen, ist auch nicht besser, als Babys zu töten.
    Dad: Also eine große Portion Pommes für dich?
    Das ist auch so etwas, das Dad an Freya mag: Sie hat Appetit. Es macht ihn immer total unruhig, wenn Leute in ihrem Essen rumstochern und über ihren Bauchumfang stöhnen. Wahrscheinlich weil er den ganzen Tag Bäume hoch- und runterklettert und anständige Mahlzeiten braucht. Es verschafft ihm eine fast verstörende Befriedigung, Freya essen zu sehen, wahrscheinlich weil sie gar nicht aussieht wie jemand, der auch noch einen zweiten Nachschlag verkraften kann.
    Dabei isst Freya mit uns vor allem deshalb so gern, weil ihre Mutter Gesundheitsfanatikerin ist und ihr all die – wie Dad sagt – »guten Dinge des Lebens« (also fettes Fleisch, riesige Schüsseln Nudeln und Mums Walnusskuchen) vorenthält. Freya behauptet, sie hätte gar nicht gewusst, wie Schokolade schmeckt, bis sie im Alter von neun Jahren bei einer Freundin welche gegessen hat. Wie viele von Freyas Geschichten ist wahrscheinlich auch die eine totale Übertreibung, aber man bekommt zumindest einen Eindruck.
    Mum war genauso froh wie Dad, Freya zu sehen, und sie fingen sofort an zu plaudern, wie es ihren Eltern ging und ob es anders war, in der Stadt zu leben als auf dem Land, alles Mögliche. Ich konnte mir mein albernes Grinsen nicht aus dem Gesicht wischen. Aus irgendeinem Grund machte es mich stolz, dass Freya wie eine ganz normale Erwachsene mit meinen Eltern redete.
    Nach dem Mittagessen ging die Unterhaltung munter weiter, und ich fing an, zappelig zu werden. Zum Glück gelang es mir, Dad einen Blick zuzuwerfen, und er und Mum zogen sich zurück. Ich machte Tee für Freya (zwei Stück Zucker, keine Milch), den wir mit in mein Zimmer nahmen. Am Anfang hatte ich immer aufgeräumt, bevor Freya kam, aber nachdem ich den Zustand ihres Zimmers gesehen hatte, machte ich mir die Mühe nicht mehr. Es war ein schönes Gefühl, so ehrlich sein zu können.
    Freya ließ sich auf mein Bett fallen, nahm meinen Teddy vom Kissen und tat so, als würde sie ihn abklatschen.
    Â»Hi, Clover! Du hast mich wohl vermisst, als ich in der großen bösen Stadt war, was?« Sie ließ Clover mit dem Arm winken. »Ja, Freya, hab ich«, knurrte sie. »Mann, Mann, hab ich dich vermisst. Mit Jonny war überhaupt nichts mehr los, seit du weggegangen bist, er sitzt immer nur rum und bläst Trübsal.«
    Â»Pah«, machte ich, stellte die Teebecher vor dem Bett ab und setzte mich neben sie. »Manchmal hab ich das Gefühl, du magst Clover lieber als mich.«
    Â»Stofftiere haben ein geheimes Leben, von dem wir nichts wissen. Tatsache ist: Clover hat mir gestanden, dass er eine Affäre mit Bunny, dem Plüschhäschen, hat, das du mir geschenkt hast.«
    Â»Komisch, letztes Mal als ich dich zu Hause besucht hab, hat mir dieses Häschen erzählt, es würde mit deiner alten Barbie durchbrennen wollen.«
    Â»Mann, so eine Schlampe! Das wird Clover das Herz brechen.«
    Â»Nein, wird es nicht, sein Herz ist aus Schaumstoff.«
    Â»Gar nicht witzig.« Aber sie kicherte, und ich fand es toll, wieder solchen Unsinn reden zu können.
    Â»Ist dir klar, dass wir uns zwei Wochen und sechs Tage nicht gesehen haben?«, sagte ich und legte meinen Arm um sie.
    Â»Typisch für dich, dass du mitzählst. Hey, übrigens, bei mir ist doch dieses Mädchen verschwunden, davon hab ich dir erzählt, oder?«
    Â»Ja. Hat man sie gefunden?«
    Â»Ja, sie trieb in der Themse. In der Zeitung stand, sie sei erwürgt worden.«
    Â»Boah. Ist jemand festgenommen worden?«
    Â»Bis jetzt noch nicht. Solche Geschichten hört man ja immer wieder, aber es fühlt sich nie echt an. Das tun so Sachen, die anderen Leuten zustoßen, ja nie. Dieses Mädchen war sechzehn, genau wie ich … das hätte ich sein können oder eine von meinen Freundinnen.«
    Ich drückte ihre Hand. »Sei vorsichtig, okay?«
    Wir

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