Wo du nicht bist, kann ich nicht sein
sind wahrscheinlich nur auf Sex aus.«
»Woher willst du wissen, dass Jonathan das nicht ist?«
»Das weià ich einfach, klar?«
»Genauso wie ich weiÃ, dass Brian und die anderen nette Kerle sind.«
Wir funkelten uns wütend an und eine Weile herrschte Stille. Dann sagte Abby: »Ich will mich nicht schon wieder mit dir streiten, Ros. Du kannst es dir ja erlauben, total hochnäsig zu sein, du hast schon jemanden, aber ich nicht â und ich finde Brian echt süÃ. Nächstes Wochenende gehe ich ins Atelier, und es würde mehr Spaà machen, wenn du mitkommen würdest. Das ist alles.«
Was konnte ich da noch sagen? Ich würde mich schrecklich fühlen, wenn ich allein zu Hause blieb, während sich Abby mit Claudia und drei Typen, die wir kaum kannten, irgendwo in London rumtrieb. Obwohl ich sicher war, dass es eine ganz schlechte Idee war, sagte ich schlieÃlich Ja.
Bin ich denn blöd, weil ich mir Sorgen mache?, fragte ich Jonathan. Wenn sich ältere Typen mit Mädchen abgeben, wollen sie normalerweise bloà mit ihnen schlafen.
Komisch, dass die dich nicht fotografieren wollten. Du bist wirklich hübsch.
War ich froh, dass keiner von uns eine Webcam hatte. Du bist eine Lügnerin, Ros Fielding, dachte ich. Es war leicht, so zu tun, als sei Jonathan mein Freund. Ich hatte unsere Chats gespeichert, und immer wieder guckte ich mir sein Foto an und überlegte, wie sich seine Stimme wohl anhörte und was es für ein Gefühl wäre, wenn er mich küsste. Zuerst waren es nur Kleinigkeiten gewesen, ich hatte eine Gitarre gesehen und mir vorgestellt, wie er spielte und so was. Inzwischen konnte ich auf der StraÃe an keinem Paar vorbeigehen, ohne an Jonathan und Freya zu denken und mich alles Mögliche zu fragen ⦠wie sehr sie ihn liebte und ob sie miteinander geschlafen hatten. Aber dass ich mich für Olivia ausgegeben hatte, bereute ich inzwischen bitter. Je häufiger wir miteinander redeten, desto inständiger wünschte ich mir, er würde mich als Rosalind mögen, nicht als das hübsche Mädchen auf dem Foto.
Was soll ich machen?, fragte ich. Abby und ich sind Freundinnen, seit wir sieben sind. Wir machen alles zusammen.
Komisch, wie man aus Freundschaft manchmal nicht mehr auf seine Instinkte hört. Sag jemandem, dem du vertraust, wo du hingehst. Sagâs deiner Schwester, wenn dein Dad es nicht wissen soll.
Dad ist nicht oft zu Haus, der merkt sowieso nicht, ob ich da bin oder nicht.
WeiÃt du was? Gib mir die Adresse von diesem Atelier. Du kriegst meine Nummer. Wenn was schiefläuft, rufst du mich an. Ich versprech dir, ich ruf dann die Polizei.
Das würdest du für mich tun?
Klar. Hier ist meine Nummer. Und hier ist auch noch meine Festnetznummer, nur für alle Fälle.
Dann geb ich dir auch mal meine Handynummer. Und: Danke für alles.
Kein Problem. Hey, wie wärâs, wenn wir uns bald mal treffen?
Ich schwöre, mir blieb die Luft weg.
Ich hab vor, Freya am Wochenende um den 27./28. zu besuchen. Am 30. hat sie Geburtstag und ich will ihr mein Geschenk bringen. Wir könnten uns samstags zum Lunch treffen oder so.
Oh. Mein. Gott, dachte ich. Und jetzt? Er denkt, ich bin Olivia! AuÃerdem hatte man mich genau davor gewarnt. Ein Treffen mit einem Fremden, den ich im Internet kennengelernt hatte.
Nur wenn du willst.
Meine Finger zitterten über der Tastatur.
Bist du noch da?
Klar will ich mich mit dir treffen!
Cool. Hol mich doch am Bahnhof ab.
Ja. Okay. Toll.
Ich schwenkte auf meinem Stuhl herum und guckte an die Wand, mein Magen hatte sich anscheinend selbstständig gemacht.
4. Unsichtbar
Rosalind
Freitag, 26. September, 18.20 Uhr
Die ganze Woche hatte ich mir Sorgen gemacht, nur um dann zu hören, dass die Nicht-Künstler (so nannte ich sie im Stillen) uns hängen gelassen hatten.
»Claudia sagt, dieses Wochenende hätten sie viel zu tun«, erzählte Abby mir. »Aber nächsten Freitag passtâs.«
Na toll, jetzt konnte ich mir auch noch die ganze nächste Woche Sorgen machen. Hoffentlich cancelten sie die Sache dann auch wieder.
Aber ehe ich blinzeln konnte, war der Freitag schon da. Komisch, wie das läuft mit der Zeit, dachte ich, sie zieht sich endlos, wenn man will, dass sie vergeht, und fliegt nur so dahin, wenn man es nicht will.
»Viel Spaà im Kino.« Dad tauchte vor meiner Zimmertür auf. »Petra und ich probieren
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