Wo du nicht bist, kann ich nicht sein
tief durch und brachte ein Lächeln zustande.
»Ich mag dich sehr. Vielleicht lieb ich dich sogar.«
Er starrte mich an. Mein Lächeln wurde wackelig.
»Ich dachte, wenn ich wüsste, was du so sehr an ihr magst, dann könnte ich dich vielleicht dazu bringen, mich auch so zu mögen.« Seine unbewegte Miene machte mich total fertig. »Sag was.«
Jonathan befreite seinen Arm aus meinem Griff und starrte mich an wie eine Wahnsinnige.
»Du bist viel zu jung für mich! Ros, du bist vier-zehn!«
Ich wollte ihm sagen, dass ich vielleicht noch ziemlich jung war, aber dass das nichts an dem änderte, was ich für ihn getan hatte. Ich war immer da gewesen, wenn er jemanden zum Reden gebraucht hatte. Ich hatte die Schule geschwänzt, als er mich um Hilfe gebeten hatte, und ich war die ganze Nacht lang aufgeblieben und hatte ihn getröstet. Mein Alter änderte nichts an dem, was uns verband, an den Witzen, die wir gemacht, oder an dem, was wir sonst geteilt hatten. Nicht wenn es so stark war, wie ich dachte.
All das hätte ich sagen können, aber ich tat es nicht. Ich ging einfach rein.
9. Offline
Rosalind
20.00 Uhr
Auf seltsame Weise war ich beinahe froh darüber, dass mir die letzten paar Stunden so vorgekommen waren wie eine Folge von Crimewatch , denn das bedeutete, dass ich nicht an Jonathan denken musste. Abbys Eltern hatten Hunderte von Fragen, und es dauerte ewig, bis wir endlich in ihr Zimmer flüchten und allein sein konnten. Die Polizei war noch mal gekommen, um uns zu berichten, dass Brian den Mord an dem ersten Mädchen gestanden hatte. Diesen Verdacht hatte ich zwar schon eine Weile gehabt, aber es dann tatsächlich bestätigt zu bekommen, war ganz schön krass.
Nach einer Weile sagte Abby leise: »Brian hat mir immer ein bisschen Angst gemacht. Ich hab das nie zugegeben, weil ich neidisch auf dich war.«
»Auf mich? Warum?«
»Weil du Jonathan hattest. Er war so viel cooler als alle Jungs, die sich je für mich interessiert haben.«
Ich seufzte. »Ja, aus Eifersucht macht man echt die abgedrehtesten Sachen.«
»Warum hat Brian das wohl getan?«
»Keine Ahnung. Hugh glaubt, es hätte was damit zu tun, dass er vor einiger Zeit von einem Mädchen sitzen gelassen worden ist.«
Abby gab ein leises Schluchzen von sich und ich legte den Arm um sie. Eine Weile schwiegen wir. Dann sagte sie: »Wenn du nicht gewesen wärst, wäre ich jetzt vielleicht tot.«
»Wir wissen nicht, was er vorgehabt hat«, sagte ich schnell.
»Ich hab ihn doch auch irgendwie sitzen lassen, oder nicht? Als er ⦠du weiÃt schon, da hab ich Nein gesagt. Vielleicht hätte ich heute dafür bezahlen sollen. Und wenn ich dann tot gewesen wäre â¦Â« Sie zitterte. »Dann hätte er sich einfach eine andere gesucht.«
Vielleicht war das wirklich das Muster. Brian hatte es auf Mädchen abgesehen, von denen er glaubte, sie würden ihn glücklich machen, und wenn sie ihn dann abwiesen, flippte er aus.
»Ich war mit einem eiskalten Killer zusammen!«, sagte Abby. »So was passiert doch nur im Film, Ros! Mädchen wie wir erleben so was nicht.«
»Das haben wir aber«, sagte ich und drückte ihre Hand. »Und Abby? Ich bin so froh, dass es dir gut geht.«
Am nächsten Tag war der Mädchenmeuchler groà auf allen Titelseiten und Websites â nicht nur weil er gestanden hatte, sondern auch weil Freya wohlbehalten wieder aufgetaucht war und weil auch das zweite Mädchen, Lyndsey, gestern Abend in eine Polizeiwache spaziert war und ihre Geschichte erzählt hatte. Sie hatte Brian in einem Goth-Club kennengelernt. Weil sie Stress mit ihren Eltern hatte, hatte Brian ihr nach ein paar Wochen angeboten, bei ihm zu Hause in eine Dachkammer zu ziehen. Eine Zeit lang war alles gut gegangen, aber dann hatten die beiden einen so heftigen Streit gehabt, dass Lyndsey aus dem Haus floh. Weil sie von seinen Drohungen total verängstigt war, hatte sie sich versteckt und war eine Weile bei Freunden untergekommen, die weit genug weg wohnten. Ich rechnete nach und kam zu dem Schluss, dass Lyndsey schon ein paar Tage weg gewesen sein musste, als Brian Abby das erste Mal begegnet war. Das passte ins Muster.
Viel mehr wurde nicht berichtet, nur eine Zeitung brachte noch ein Interview mit Gabe. »Ich bin völlig schockiert über das, was passiert ist«, wurde er zitiert. »Wenn ich gewusst
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