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Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen

Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen

Titel: Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Walter
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des Stadttheaters, sondern zwischendurch auch als Reiseführerin.
    Als sie während ihres Wahlkampfes durch Island reiste, erzählte sie einmal bei einer Lesung, war sie nie in einem Hotel und nie in einem Restaurant, sondern hat immer bei den Landsleuten gegessen und übernachtet. Welcher Politiker kann das schon von sich behaupten?
    Am Wahltag wurde ihr doch etwas mulmig. Insgeheim wünschte sie sich, auf Platz zwei zu landen. Dann hätte sie die Frauen gut vertreten, müsste aber das Amt nicht übernehmen. In der Wahlnacht war sie vom Wahlkampf so müde, dass sie sich ins Bett legte und einschlief, während die Stimmen ausgezählt wurden. Früh am Morgen wurde sie von einer guten Freundin geweckt. »Es sieht so aus, als seist du Staatspräsidentin«, sagte die und fügte hinzu: »Du musst gleich ins Fernsehstudio.« Sie war zur Präsidentin gewählt worden – und ziemlich überrascht.
Vigdís ging ins Bad, drehte sich die Haare auf Lockenwickler und fragte ihr Spiegelbild: »Glaubst du wirklich, du kannst das machen?« Na ja, und dann »ging das Ganze eben los«.
    Während des Wahlkampfs, gab es allerdings auch heftigen Widerstand gegen Vigdís’ Kandidatur. Nicht wenige fanden, es wäre unpassend für eine Frau, sich so hervorzutun. Einige ehemalige Schulkameraden lachten anfangs sogar, als sie hörten, dass sie kandidieren würde. Außerdem war sie geschieden, alleinstehend und noch dazu alleinerziehende Mutter. Denn Vigdís, die sich immer Kinder gewünscht hatte, hatte 1972 ein Mädchen adoptiert. Damit war sie übrigens auch die erste alleinstehende Isländerin, die eine Erlaubnis zur Adoption bekam. Aber nicht nur das wurde ihr zum Vorwurf gemacht. Auch die Tatsache, dass sie einst gegen den NATO-Stützpunkt protestiert hatte. Was sich, wie Gegner meinten, für ein Staatsoberhaupt nicht gehörte. Aber Vigdís wehrte sich tapfer: »Wenn ich verheiratet wäre, stünde ich heute nicht hier«, sagte sie. Und: »Ich bin nicht sicher, ob irgendein Mann in meinem Alter bereit wäre, sein bisheriges Leben aufzugeben, um seiner Frau nach Bessastaðir, in den Präsidentensitz, zu folgen.«
    Während der Auktion lehnt sich Vigdís zu mir rüber: »Ich bin stolz auf meine Landsleute, dass sie den Mut hatten, eine Frau zu wählen«, sagt sie und verkehrt, ganz Staatsfrau, das Lob für sie in ein Lob für ihre Leute. Nachdem die Auktion vorbei ist, sagt Andri zu mir: »Wir können das Interview eigentlich auch jetzt machen. « Da tippt Vigdís mich an. »Hat er gerade gesagt, dass ihr jetzt das Interview machen könnt?« Ich sage: »Ja.« Und Vigdís: »Das wollte ich auch gerade vorschlagen.«
    Und so bleibe ich erst mal noch einen Moment mit Vigdís auf den Stühlen sitzen. Sie erzählt mir, dass es vor allem die jüngeren und die älteren Frauen waren, die sie gewählt hätten, nicht ihre
Altersgenossinen. Weil die es sich selbst nicht zugetraut hätten, trauten sie es auch einer ihresgleichen nicht zu. Später aber seien viele Frauen auf sie zugekommen und hätten gesagt: »Verzeih mir, dass ich dich nicht gewählt habe.«
    Vigdís hatte es trotzdem geschafft. Und nachdem sie 16 Jahre im Amt war und die Wahl eines neuen Präsidenten anstand, soll ein kleiner Junge, so die Legende, der die Kandidaten im Fernsehen sah, seine Mutter gefragt haben: »Mami, können auch Männer Präsident werden?« Sogar als Reagan und Gorbatschow 1986 ihr Gipfeltreffen in Reykjavík abhielten, zeigten sich manche isländischen Kinder angeblich verwundert, dass sie keine Frauen waren. Ach ja – Reagan und Gorbatschow! Wie war es, die beiden hier in Island zu treffen und mit ihnen zu reden? »So wie mit dir«, sagt Vigdís charmant. Ich bohre nach: »Stimmt es, dass es in Höfði, dem Haus, in dem sie tagten, spukt?« Vigdís grinst: »Nun, das ist alles eine Frage der Betrachtung«, sagt sie. »Man könnte natürlich auch meinen, dass es die alten Dielen sind, die knarzen. Aber ich glaube, dass wir offen bleiben sollten für die Dinge, die nicht bewiesen sind.« Womit sie übrigens eindeutig meint, dass es nicht bewiesen ist, dass dort KEIN Geist lebt. »Schließlich war es doch genau das, gepaart mit der Dunkelheit der langen Winter, was all diese wunderbare Literatur hier hervorgebracht hat. Versteckte Wesen waren überall, in den Klippen und an den Berghängen, und die Großmütter erzählten den Kindern davon. Sagten: ›Geh da nicht hin, das ist gefährlich!‹ Oder: ›Pass auf, da leben Elfen!‹ Ich möchte diese Geschichten um

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