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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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nicht etwa deshalb heiraten, weil eine wilde Leidenschaft sie übermannt oder weil sie in die Jahre gekommen sind, in denen sie der Hafer sticht. Nein. Sie verdienen jetzt einfach mehr Geld. Sie sehen die Werbeseiten in den Farbbeilagen der Sonntagszeitungen - mit all diesen schick angezogenen jungen Leuten in ihren schneidigen Sportwagen, samt und sonders Experten im Essen, im Trinken und in der Innenarchitektur, die ihre Frauen lieben, ihre Kinder lieben, ihr Heim lieben und zudem vollkommen geruchlos sind.« Er rümpfte die Nase. Bei Sharpewhistle stimmte das nicht ganz. »Und was geschieht? Die jungen Leute möchten selbst diese Konsumgüter besitzen. Hübsche Häuser, hübsche Autos, hübsche Babys. Habt ihr gewußt, daß die Zahl der Frauen, die unter einundzwanzig Jahren heiraten, vor dem Krieg sechzigtausend nicht überstieg? Wohingegen im letzten Statistischen Jahrbuch einhunderteinundsechzig-tausend aufscheinen, davon die größte Gruppe, nämlich zehn Prozent...«
    »Hör doch endlich auf, uns Vorlesungen zu halten, Lionel«, sagte seine Frau ungeduldig, »öffne endlich diese Flasche Champagner. Wann gedenkt ihr denn zu heiraten, meine Lieben? Wohl zu Weihnachten, nach eurer Promotion.« - »Nein. Nächsten Montag«, sagte Muriel.
    Josephine zuckte zusammen. »Du scheinst es sehr eilig zu haben, Liebste.«
    »Montag?« Der Dean sah verärgert drein. »Das ist ganz unmöglich. Montag hab’ ich eine Sitzung.«
    »Es bleibt bei Montag«, wiederholte Muriel.
    »Aber, Muriel«, wandte ihre Mutter ein, »wie kannst du annehmen, daß du bis dahin ein Hochzeitskleid bekommst? Oder nur einen Hochzeitskuchen? Und wir können kaum erwarten, daß unsere Freunde auf eine so kurzfristige Benachrichtigung hin zum Empfang kommen. Wir können nicht einmal Einladungen drucken lassen. Wir müßten alle anrufen - das allein würde Tage in Anspruch nehmen...«
    »Montag.«
    »Du möchtest doch sicher eine weiße Hochzeit, Liebes? Nicht eine von diesen Schnellabfertigungen in einem Standesamt?«
    Muriel schluckte. »Ich glaube, ein Standesamt wäre das beste.«
    Der Dean stellte die Flasche hin. »Es ist absolut unnötig, die Sache geheimzuhalten. Schließlich erwartet man von einem Mann in meiner Position - immerhin Dean von St. Swithin, Mitglied des Königlichen Kollegiums und so weiter und so weiter -, daß er so etwas einigermaßen groß aufzieht. Das halbe medizinische London wird entzückt sein, dem Ereignis beizuwohnen und meinen Champagner zu trinken. Die Ausgabe ist teilweise dadurch gerechtfertigt, daß sie meiner Privatpraxis einen Auftrieb...«
    »Ich fände es besser, eine stille Zeremonie zu haben, Vater; es wird den Leuten dann nicht so leichtfallen, sich das Datum zu merken.«
    Josephine schlug die Hände zusammen. »Aber ein Hochzeitstag ist doch ein Datum, das man sich merken sollte!«
    »Ich bekomme ein Baby.«
    »Was?« Der Dean ließ die Champagnerflasche auf den Tisch fallen. »Du meinst, du bist... du bist... Lieber Himmel!«
    »Wie nett«, sagte Josephine.
    »Nett?« Der Dean blickte wütend um sich. »Das ist absolut nicht nett. Absolut nicht.«
    »Sei nicht albern, Lionel. Die meisten Paare ziehen es heutzutage vor, ihre Selbständigkeit zu behalten und unverheiratet zu bleiben, bis das junge Mädchen in anderen Umständen ist.«
    »Es ist unmoralisch. Völlig unmoralisch.«
    »Das ist keine Sache der Moral, sondern der Mode. Jahrhundertelang dachten hart arbeitende Landmädchen nicht im Traum daran, zu heiraten, bevor sie in andere Umstände kamen.«
    »Unsere Tochter ist doch keine Milchmagd!«
    Muriel kam mit einem Vorschlag zu Hilfe: »Wir könnten eigentlich sagen, daß es eine Frühgeburt ist.«
    »Stellst du dir wirklich vor, daß irgend jemand dieses Märchen noch glaubt?« fragte der Dean wütend. »Schau sie dir in den Sonntagszeitungen an, diese Schauspielerinnen, die ihre Frühgeburten in der Größe von Volksschulkindern in den Armen halten!« Er richtete seinen Zeigefinger auf Sharpewhistle. Der junge Mann war scharlachrot angelaufen und stand mit dem Rücken gegen die Wand, als wollte er sich am liebsten durch das Mauerwerk drücken. »Und nur du, verdammter Kerl, bist schuld daran!«
    »Ich will sie doch immerhin heiraten, Sir.«
    »Sie heiraten? Du? Bei Gott, das kommt nicht in Frage.«
    »Lionel! Bist du verrückt geworden?«
    »Kommt nicht in Frage!« Der Dean war ein kleiner Mann, aber er konnte sich wie ein Turm über Sharpewhistle erheben. Er rammte ihm den Zeigefinger in den

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