Wo fehlt's Doktor?
nicht Vizekanzler von Hampton Wick werden.«
Sir Lancelot schenkte ihr ein leises wissendes Lächeln. »Woher hast du von meiner Ernennung gehört? Sie soll doch bis Montag geheim bleiben?«
»Oh, Vater hat uns vorgestern davon erzählt. Er war mit Doktor Humble Mittag essen. Sie war einmal seine Anstaltsärztin, und jetzt sitzt sie im Parlament. Sie hat ihm den Posten angeboten. Er hat sich so davor gefürchtet, und ich mache ihm keinen Vorwurf, wenn man an alle die entsetzlichen Dinge denkt, die diese Studenten dort mit ihren Vizekanzlern aufführen. Der Gedanke daran, daß er derartigen Dingen ausgesetzt sein sollte, hat mich ganz krank gemacht. Das, würde ich sagen, ist wirklich kein Posten für einen intelligenten Menschen. Was die dort brauchen, ist ein akademischer Büffel, der sie in Schach hält. Jedenfalls danke ich Gott, daß sich Vater aus diesem Posten herausreden konnte. Wie es ihm gelungen ist, weiß ich nicht, aber seit heute früh ist er stolz wie ein Schneekönig auf seine Schlauheit.« Sir Lancelot blieb wie angewurzelt stehen. Seine Augenbrauen gingen auf und nieder, sein Gesicht war purpurrot. »Ich muß in einer halben Stunde jemanden in der Nähe von Piccadilly Circus treffen. Ich werde Papa erzählen, wie nett du von ihm gesprochen hast.«
Sie trippelte davon, schälte sich aus ihrem weißen Mantel und ging zur Studentinnen-Garderobe. Sir Lancelot stand da und öffnete und schloß seine Fäuste. Er drehte sich um, durchschritt die Aula, stieß die Spiegelglastür auf und drängte, ohne nach links oder nach rechts zu blicken, an erstaunten Studenten, Schwestern und Patienten vorbei ins Freie. Die Hände in den Taschen seines Jacketts, stürmte er mit gesenktem Kopf durch den Hof. Er bahnte sich seinen Weg durch die einkaufslustigen Leute auf der Hauptstraße, bog in die Lazar Row ein, stieg die Treppe zum Haus Nummer 2 empor, legte den Finger hart auf den Klingelknopf und ließ ihn dort.
Der Dean hatte beschlossen, sein Mittagessen zu Hause einzunehmen. Er saß gerade mit seiner Frau über einer schmackhaft gegrillten Seezunge mit brauner Butter und Tomaten. Er legte Fischmesser und Gabel hin.
»Komisch. Die Glocke ist hängengeblieben. Bisher hat sie meines Wissens immer funktioniert.«
»Diese Häuser sind wirklich schlecht gebaut, Liebster.«
Der Dean durchquerte die Halle und öffnete die Haustür.
»Verräter!« rief Sir Lancelot. »Judas! Du Ratte, du!«
»Lancelot! Es könnte uns jemand hören.«
»Ich schere mich einen Dreck darum! Je mehr Leute erfahren, wie du wirklich bist, um so besser. Du falscher Freund, du! Du Heuchler! Du Schleicher, du!«
Der Dean begriff, was geschehen war. »Du hast wohl herausgefunden, daß Frankie diesen Vizekanzlerposten zuerst mir angeboten hat?«
»Und du hast sie dazu gebracht, ihn mir anzuhängen. Weil du zu feig warst, ihn selbst anzunehmen.«
»Aber ich wollte dir doch einen Gefallen tun, Lancelot. Nimm Vernunft an. Du hast diese Stellung ja immer angestrebt. Vor fünf Jahren, als du sie nicht bekamst, benahmst du dich wie ein Kind, das zu Weihnachten leer ausgeht.«
»Das tut nichts zur Sache. Du hast mich vor knapp zwölf Stunden ganz bewußt an dieser Türschwelle hier irregeführt. Du bist kein Gentleman.«
»Wie üblich, nimmst du die Dinge viel zu tragisch. Und selbst wenn ich Frankies erste Wahl war, was tut’s? Du bist eifersüchtig, das ist es. Eine bemerkenswert kindische Reaktion, wenn mir diese Feststellung erlaubt ist...«
»Hör zu, großer Meister, bilde dir ja nicht zuviel ein! Du warst nicht der erste, dem sie den Posten angeboten hat.« Sir Lancelot stieß seinen Daumen vor. »Das war Bonaccord.«
»Was? Das kann ich nicht einen Augenblick lang glauben.«
»Dann geh und frag seine Sekretärin. Sie hat es mir heute früh unter die Nase gerieben.«
»Das ist empörend von Frankie. Sie gab mir klar zu verstehen, daß ich ihre erste Wahl war. Daß eine Frau wie sie nur einen Augenblick lang einen Kerl, der noch naß hinter den Ohren ist wie dieser Bonaccord, für diesen Posten vorsehen konnte und sich erst dann an mich wandte... sie muß den Verstand verloren haben!«
Sir Lancelot schmunzelte. »Eifersucht ist eine bemerkenswert kindische Reaktion.«
»Ich bin nicht eifersüchtig. Überhaupt nicht. Ich? Auf Bonaccord? Mach dich nicht lächerlich! Was wirst du jetzt tun?«
»Ich werde Frankie sagen, sie soll sich diesen Posten auf den Hut stecken.«
Der Dean kam langsam wieder zu sich. »Wenn du mich jetzt
Weitere Kostenlose Bücher