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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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lilagestreiften Hemd, das bis zur Taille geöffnet war. Er ging zurück ins Schlafzimmer.
    »Wer war es denn?«
    »Dieser dumme alte Kurpfuscher Spratt.«
    »Was wollte er? War es wegen Miß MacNish?«
    »Nein. Anscheinend hat er Wind davon bekommen, daß man mir den Posten in Hampton Wick angeboten hat.«
    Gisela biß sich schuldbewußt in die Fingerspitze. »Das ist leider meine Schuld.«
    »Macht nichts. Aus irgendeinem Grund drängte er mich, anzunehmen. Vermutlich weil der Posten jemandem angeboten worden ist, der ihm noch mehr zuwider ist als ich. So siehst du wirklich attraktiv aus.«
    »Schmeichler.«
    »Dreh deine Zehen einwärts und presse die Knie aneinander. Spiel das schlimme kleine Schulmädchen.«
    »Ist es so recht? Freust du dich, daß ich meine alten Schulkleider aufgehoben habe?«
    Er lag ausgestreckt auf dem Bett. »Mmmmmm!«
    »Obwohl es lästig ist, sie im Schreibtisch einsperren zu müssen. Ich weiß nicht, was Miß MacNish sagen würde, wenn sie plötzlich eine Turnhose und eine gestreifte Krawatte fände.«
    »Und ein Abzeichen mit der Aufschrift >Haus-Präfekt<.«
    Gisela lächelte, als sie sich im großen Spiegel betrachtete. »Alles paßt noch. Nur ein bißchen eng in der Oberweite.«
    »Der Strohhut ist ein reizender Aufputz.«
    »Gefällt er dir?« fragte sie eifrig.
    »Besonders, wenn du ihn in den Nacken rückst.«
    Sie rückte ihn zurecht. »Erinnerst du dich, wie du auf mich gewartet hast, nur um meine Bücher von der Schule nach Hause zu tragen?«
    Er lächelte leise. »Und hier ahnt kein Mensch, daß wir uns schon damals gekannt haben.«
    Sie lachten miteinander. Gisela sprang leichtfüßig auf das weißüberzogene Bett, auf dem er, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, ausgestreckt lag. Sie begann zärtlich mit ihrem schwarzen Schulstrumpf sein linkes Ohr zu kitzeln. »Ist das angenehm?«
    Er nickte. »Was bewunderst du am meisten an mir?«
    »Das ist eine sehr schwierige Frage.«
    »Versuche sie zu beantworten.«
    »Du bist sehr gescheit.«
    »Ja, das bin ich. Und ich bin anders als die anderen. Ich verstehe die menschliche Psyche und ich verstehe meine eigene Psyche. Ich bin frei von allen Vorurteilen, von Haß, von den Dummheiten, den Besessenheiten und den Wahnvorstellungen der gewöhnlichen Sterblichen. Ich bin normal. Das ist eine unerhörte Leistung.«
    »Natürlich, Cedric.« In ihrer Stimme schwangen Zärtlichkeit und Bewunderung mit.
    Er streckte die Hand aus und hob einen abgetragenen weißen Tennisschuh auf. »Dein Name ist drinnen.«
    »Das sind die Schuhe, die ich bei den Schul-Matches trug.« Er hielt den Schuh unter die Nase und schnupperte daran wie an einer vornehmen Zuchtrose. Die Türglocke läutete.
    »Zum Teufel!« Dr. Bonaccord stieg aus dem Bett, zog einen kurzen Morgenrock an, ging in die Vorhalle und öffnete die Haustür. Draußen stand eine große hagere Dame mittleren Alters mit einem breitkrempigen Hut auf dem Kopf. Sie hatte einen kleinen Koffer in der Hand.
    »Sir Lancelot Spratt?« fragte sie.
    »Das ist die falsche Haustür. Sir Lancelot wohnt auf Nummer 3.«
    »Oh, dort habe ich eine ganze Weile geläutet.« Ihre Stimme erinnerte an die schrillen Preisankündigungen auf Jahrmärkten. »Deshalb dachte ich, ich hätte mich geirrt.«
    »Ich kann Ihnen leider nicht helfen«, sagte er kurz angebunden. »Ist es etwas Dringendes? Geht es um einen Patienten?«
    »Danke. Ich bedarf keiner ärztlichen Betreuung. Ich werde eben warten, bis er zurückkommt. Obwohl ich, das versichere ich Ihnen, nicht gewohnt bin, daß man mich warten läßt.«
    Der Psychiater schloß die Tür. Seine Besucherin begann mit griesgrämiger Miene die Lazar Row auf und ab zu gehen. Es dauerte nicht lange, bis ein Taxi vor dem Haus Nummer 3 stehenblieb und ein bärtiger Mann ausstieg. Sie setzte ein Lächeln auf, als sie auf ihn zutrat. »Sir Lancelot Sprite?«
    »Spratt ist mein Name. Wer sind Sie?«
    »Ich bin Mrs. Grimley. Mich hat die Agentur Hotblack zu Ihnen geschickt.«
    »Gott sei Dank, daß Sie gekommen sind. Treten Sie bitte
    Er drehte das Licht in der Vorhalle auf. »Ein entzückendes Heim«, sagte sie.
    »Freut mich, daß es Ihnen gefällt. Hier ist mein Salon.« Sir Lancelot machte eine Pause. Er rieb sich kräftig die Hände. »Sie müssen mich entschuldigen, Madam, aber ich habe einen der anstrengendsten Tage meines Lebens hinter mir. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mir ein Whisky-Soda eingieße?«
    »Aber überhaupt nicht. Ich finde, daß ein Mann ein Recht auf

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