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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor?
Autoren: Richard Gordon
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hat.«
    »Aber wer wäre legal der Vater, wenn das Mädchen den anderen heiratet?«
    »Der andere.«
    »Und was ist mit dem ersten Kerl? Hat der nichts mehr damit zu tun?«
    »Das Gesetz nimmt immer an, daß ein Kind, das einem Ehepaar geboren wird, von diesem Ehepaar stammt. Das mag manchmal ein harter Brocken für den Ehemann sein. Aber du mußt zugeben, daß es eine angenehme und saubere Regelung ist.«
    »Aber...« Der Dean wackelte mit dem Zeigefinger. »... das Mädchen würde doch sicherlich keine Erlaubnis bekommen, den zweiten zu heiraten, wenn sie von dem ersten schwanger ist... Das wäre doch...« Er durchsuchte sein Gedächtnis nach Rechtsausdrücken, »Konsanguinität.«
    »Mit Blutsverwandtschaft hat das überhaupt nichts zu tun.« Dr. Fletcher-Boote tat diese Verwirrung der Rechtsbegriffe sichtlich weh. »Sie können in der Kathedrale von Canterbury getraut werden. Das wäre vollkommen in Ordnung, solange sie den Brautchor bezahlen können.«
    »Es kommt mir lächerlich vor.«
    »Oh, ich weiß nicht recht. Caveatemptor, und so weiter. Ein Mann, der eine Katze im Sack kauft, ist selbst daran schuld. Oder hätte ich sagen sollen: eine Bettkatz im Sack?« Er lachte laut und gab dem Dean wieder einen Rippenstoß. »Natürlich kann man eine solche Ehe ungültig erklären. Sie kann von Gerichts wegen annulliert werden, vorausgesetzt, daß man gewisse Bedingungen einhält, zum Beispiel, daß man die Ungültigkeitserklärung innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung beantragt.«
    »In diesem Fall wäre die Ehe dann eine Ehe, die es nie gegeben hat?« fragte der Dean hoffnungsvoll.
    »Richtig. Ungültig ab initio.«
    »Das könnte ein Hoffnungsstrahl sein.«
    »Obwohl nichts zu machen ist, wenn der zweite - der Kerl, der beim Mist schläft - vor der Eheschließung wußte, daß das Mädel schwanger war. Wenn er nicht beweisen kann, daß er zu jenem Zeitpunkt der Tatsachen unkundig war, dann bleibt die Ehe bestehen.«
    Der Dean kaute nachdenklich an der Krempe seiner Melone. »Aber Andy ist durchaus nicht der Tatsachen unkundig.«
    »Wer ist Andy?«
    »Oh, niemand!... So kann ich also nichts dagegen tun... ich meine... in diesem rein theoretischen Fall kann die Hochzeit stattfinden? Sie kann nicht einmal später für ungültig erklärt werden?«
    »Ich würde dem Ehepaar raten, sich scheiden zu lassen, ich meine, falls sie und er später Lust dazu haben. Scheidungen werden jetzt so leicht gemacht, daß man manchmal geradezu ein schlechtes Gewissen hat, ein Anwaltshonorar dafür zu kassieren. Ich muß jetzt leider gehen, Lionel. Ich verteidige einen Herrn aus der Finanzwelt, auf dessen Talente London vermutlich eine ganze Weile wird verzichten müssen.«
    Der Dean machte sich, mit einem Blick auf die Uhr, eilig auf den Rückweg. Eigentlich sollte er schon im St. Swithin sein, aber er hatte seinen Assistenten gebeten, die Morgenvisite für ihn zu übernehmen. Er hatte strenge Berufsansichten über Leute, die ihre Arbeit schwänzen, aber eine Krise, wie sie einem nur einmal im Leben zustößt, rechtfertigt alles, sogar das Kognaktrinken im Schlafzimmer.
    Die Familie erwartete ihn im Salon von Nummer 2. Muriel las noch immer die Lancet. Edgar Sharpewhistle starrte schweigend auf Andy, der mit geschlossenen Augen und verschränkten Armen zu meditieren schien. Josephine hatte eine Schüssel auf dem Schoß und schälte Erbsen für das Mittagessen. Anscheinend hatte seit längerem keiner von ihnen den Mund aufgemacht.
    Der Dean stapfte in den Salon und nahm mit schwungvoller Bewegung den Hut vom Kopf. »Ich habe, wie versprochen, Rat eingeholt. Rechtsberatung. Die denkbar beste. Von Mr. Fletcher-Boote, einem ganz hervorragenden Königlichen Rat. Ich genoß die Auszeichnung, vorgelassen zu werden, ohne mich vorher anmelden zu müssen. Ich habe ihm die Fakten unterbreitet. Ich glaube behaupten zu können, daß ich das in zusammenhängender Rede getan habe, ohne zu sehr ins Detail zu gehen oder meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen...«
    »Kann ich jetzt Andy heiraten oder nicht?« fragte Muriel ungeduldig.
    »Ja.«
    Andy öffnete die Augen. »Er sei gesegnet. Er sei gesegnet. Seien Sie gesegnet, Sir. Mögen wir alle gesegnet sein.«
    Muriel faßte ihn am Arm und küßte ihn.
    »He! Und was ist jetzt mit mir?« Sharpewhistle sah wütender aus als je zuvor.
    »Bitte, halt den Mund, Edgar«, sagte der Dean streng. »Die Gesetzeslage ist völlig klar. Du kannst Andy heiraten, Muriel, trotz der Umstände, in die dich
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