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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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die bescheiden an die Weisheit der Richter oder leidenschaftlich an den gesunden Menschenverstand der Geschworenen appellierte, erschallte aus dem Gedränge im Foyer. Dr. Fletcher-Boote, ein großer, fröhlicher, rotwangiger Mann in Talar, Halskrause und Perücke, bahnte sich mit ausgestreckter Hand den Weg zu Sir Lionel.
    »Du bist mir hoffentlich nicht böse, weil ich dich heute so früh am Morgen zu Hause angerufen habe«, entschuldigte sich der Dean.
    »Keineswegs. Freut mich, daß ich dich gerade noch einschieben konnte. Du siehst wirklich blendend aus.«
    »Danke. Obwohl ich heute nacht nicht ein Auge zugedrückt habe.«
    Der Königliche Rat verabreichte ihm einen Rippenstoß. »Könnt ihr Ärzte euch nicht mit Drogen betäuben?« Ein weiterer Rippenstoß. »Oder zählt ihr Schafe wie die gewöhnlichen Sterblichen? Wie geht’s der Familie? Was macht deine kluge Tochter? Sie muß jetzt schon fast erwachsen sein.«
    »Erwachsen!« murmelte der Dean.
    »Wir müssen uns wirklich einmal zu einer kleinen Golfpartie verabreden. Obwohl ich, ehrlich gesagt, seit meiner Universitätszeit kaum einen Golfschläger angerührt habe.« Sein Blick fiel auf die Uhr. »Also wo drückt es dich?« fragte er, zur Sache kommend.
    »Ich weiß nicht recht, ob ich dich ausnützen darf. Ich brauche einen juristischen Ratschlag.«
    »Sitzt du in der Tinte?« Der Königliche Rat lachte herzlich und verabreichte dem Dean einen weiteren Rippenstoß. »Wohl die Medizinische Disziplinarkommission? Wieder einmal etwas mit den Damen angestellt, was, Lionel? Die Katze läßt das Mausen nicht.«
    »Es geht um etwas rein Theoretisches.« Der Dean schien sich sehr unbehaglich zu fühlen. »Du mußt verstehen... nun gut, ich muß heute Studenten prüfen. Für das Qualifikationsexamen der >Königlichen Gesellschaft der Aderlässen. Sie hat, wie du vielleicht weißt, ein altes Privileg, medizinische Titel zu verleihen.«
    »Und sie hat auch einen vorzüglichen Weinkeller. Ich habe dort diniert.«
    »Richtig. Ich wollte Fragen stellen, die etwas abseits von der Routine liegen - die Kandidaten, glaube ich, kommen letztlich nur deshalb durch, weil bereits alle Fragen beantwortet sind, die wir nur stellen können. Du weißt über die Gerichtsmedizin Bescheid...«
    »Mord, Schändung, Lustmord. Alles sehr interessant.«
    »Etwas, das noch ein wenig ausgefallener ist, dachte ich. Da ist dieses Mädchen...«
    »Was für ein Mädchen?«
    »Muriel.«
    Der Königliche Rat zog die Stirne kraus. »So heißt doch deine Tochter, nicht wahr?«
    »Oh, die hat nichts damit zu tun. Nicht das geringste. Aber ich dachte, ich sollte dem Mädchen einen Namen geben - statt immer >das Mädchen< zu sagen. So kam ich auf >Muriel<.«
    »Ich verstehe.«
    »Dieses Mädchen... nennen wir es lieber Mary... ist schwanger. Verstehst du?«
    »Aha! Ein Zustand mit unbegrenzten gerichtsmedizinischen Möglichkeiten - sowohl nach als auch vor seinem Zustandekommen.«
    »Richtig. Nun, Muriel, das heißt Mary... kurz: dieses Mädchen ist schwanger. Von einem Mann.«
    »Nicht sehr erstaunlich?«
    »Nein. Natürlich nicht. Ich meine: von einem Mann, den sie kennt.«
    »Manche Mädchen kennen den Mann nicht. Tanzsäle in der Provinz«, fügte er mit beruflicher Sachkenntnis hinzu. »Nachher im Dunkeln kommt es manchmal zu Verwechslungen.«
    »Aber Muriel weiß, wer es war. Dieses Mädchen weiß
    es.«
    »Mary, meinst du.«
    »Sie weiß, wer es war.«
    »Will sie einen Vaterschaftsprozeß?«
    »Nein. Der Mann ist durchaus bereit, sie zu ehelichen.«
    »Anständiger Kerl.«
    »Aber sie will ihn nicht heiraten.«
    »Das ist nichts Ungewöhnliches. Schließlich trinkt man ab und zu mit Vergnügen ein Glas Portwein, hat aber nicht die geringste Absicht, sich einen ganzen Weinkeller von dieser Marke anzulegen.«
    »Sie möchte einen andern heiraten.«
    »Das Mädchen, von dem du gesprochen hast?«
    »ja. Muriel... Ich meine: das schwangere Mädchen.«
    »Irgend jemand sollte diesem andern Kerl möglichst schnell sagen, daß er eine Stute samt Fohlen kauft.«
    »Das weiß er.«
    »Und ist trotzdem bereit, vor den Altar zu treten?«
    »Ja.«
    »Verdammter Esel.«
    »Er schläft zwischen Mistkübeln.«
    »So etwas habe ich mir ungefähr vorgestellt. Aber du machst deine Geschichte ziemlich kompliziert für deine Prüfungskandidaten, glaubst du nicht auch?«
    »Worauf ich hinsteuere, ist einfach das: Wer ist der Vater des Kindes?«
    »Selbstverständlich der Mann, der sie in andere Umstände gebracht

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