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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor?
Autoren: Richard Gordon
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haben heutzutage die seltsamsten Gelüste.«
    »Vielleicht... vielleicht riskiere ich doch einen Versuch...«
    »Das ist die richtige Einstellung.«
    »Ich sag’ dir was. Ich trete von der Prüfung für die Goldmedaille zurück. Das mildert den Druck, der auf mir lastet: Muriel kann gewinnen. Hoffentlich hat sie Freude daran«, sagte er säuerlich. »Aber bei der Quiz-Show werde ich nicht gewinnen. Nicht in meinem augenblicklichen Zustand. Ich bin untröstlich.«
    »Wetten, daß du es nicht bist...?«
    »Ich bin es. Ich bin untröstlich.«
    »Glaubst du, Edgar, daß ich dich trösten könnte?«
    Er blieb stehen und sah sie ungläubig an.
    »Ich habe eine Schwäche für dich, Edgar, das weißt du doch. Es ist so angenehm, an all die Geisteskraft zu denken, die hinter dir und deinen Handlungen steht. Außerdem würde ich dir rasend gern helfen, die tausend Pfund auszugeben.«
    »Du meinst, Tulip, du würdest...?«
    »Du kannst mich heute abend ausführen. Die zwei Mädchen, mit denen ich die Wohnung teile, sind außer Haus.«
    Er nickte heftig.
    »Aber du mußt mir versprechen, Edgar, daß du diesen Quiz gewinnst.«
    »Tulip, ich fühle bereits, daß mein Intelligenzquotient steigt.«
    »Hast du übrigens schon jemals daran gedacht, ein Deodorant zu benützen?«
    Sie sprangen zur Seite, als Sir Lancelot auf sie zusteuerte. Er hastete durch die Aula, durch das Portal, die Außentreppe hinunter, und quer über den Hof. Er starrte stur geradeaus und achtete nicht auf den Gruß der Spitalsbediensteten und der Studenten. Wenn er sich nicht so bald als möglich an einem ruhigen Flußufer wiederfand, würde er - das fühlte er - zerspringen. Das Leben im St. Swithin wurde allmählich zu kompliziert. Außerdem schien es nicht die geringste Chance zu geben, daß sich jemals jemand um ihn und seine Mahlzeiten kümmern würde. Er öffnete die Eingangstür zum Haus Nr. 3 und blieb stehen. Irgend etwas hatte sich in der Vorhalle geändert. Der Tisch war nicht an seinem Platz gestanden, der Teppich war unordentlich zusammengeschoben gewesen, und über den ganzen Boden verstreut waren Blätter der gestrigen Zeitungen gelegen. Jetzt war alles ordentlich, abgestaubt und frisch poliert. Ein ganz zartes Klirren ertönte aus dem Speisezimmer. Er stieß die Tür auf.
    »Ich war so frei, anzunehmen, daß Sie heute zu Hause Mittag essen, Sir Lancelot«, sagte Miß MacNish, die ihr gewohntes kornblumenblaues Kleid anhatte. »Vielleicht haben Sie Lust auf eines meiner Käse-Souffles, gefolgt von gegrillten Nieren mit Tomaten. Und ich habe einen Apfelkuchen gebacken.«
    »Sie sind zurückgekommen!« rief er aus.
    Sie machte ein überraschtes Gesicht. »Zurückgekommen? Ach ja, Sir Lancelot, ich war zwei Nächte weg. Ich werde das wieder einbringen.«
    Er stand da und strich sich den Bart. »Ich bin selbstverständlich hocherfreut, daß Sie da sind... Fiona.«
    »Danke, Sir Lancelot. Es ist immer eine Wohltat, zu hören, daß man geschätzt wird.« Sie widmete sich wieder angelegentlich dem Tischdecken.
    »Wo sind die Katzen?« fragte er unvermittelt.
    »Im Katzenheim, Sir Lancelot. Ich dachte, sie wären in der Obhut berufsmäßiger Tierpfleger besser aufgehoben. Es sind sehr komplizierte Katzen.«
    »Das war sicher klug von Ihnen. Das Heim kann vielleicht eine kleine Geldinjektion brauchen. Ich werde den Leuten eine ausreichende Spende schicken. Ich könnte das Heim auch in meinem Testament bedenken.«
    »Sie sind, wie immer, sehr freundlich und großzügig.«
    »Habe ich recht, wenn ich annehme, daß Sie Ihren vorhergehenden Dienst, oder sagen wir lieber, die Gesellschaft, in der Sie Ihren zweitägigen Urlaub verbrachten, nicht ganz Ihren Ansprüchen entsprechend gefunden haben?«
    »Dr. Bonaccord und ich, Sir, sprechen nicht miteinander. Dasselbe gilt von Mrs. Tennant.«
    »Ja, diese Psychiater sind überaus unverläßliche und rücksichtslose Menschen. Vermutlich wollte er sein Essen zu den unmöglichsten Zeiten und machte ein Geschrei, wenn die Suppe kalt war.«
    »Dagegen hätte ich nichts gehabt, Sir Lancelot. Das hätte zu meinem Dienst gehört. Was ich nicht ertragen kann, ist Unsittlichkeit.«
    »Aber meine liebe Miß MacNish! Sie sind doch gewiß mit offenen Augen ins Haus Nummer i gezogen? Jedermann im St. Swithin weiß, daß Bonaccord mit seiner Sekretärin im vollsten vergnüglichsten Sinn des Wortes zusammen lebt.«
    »Das war mir natürlich bekannt, Sir. Ich kann großzügig sein, so großzügig wie nur irgendwer. Obwohl ich
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