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Wo fehlt's Doktor?

Wo fehlt's Doktor?

Titel: Wo fehlt's Doktor? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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»Schließlich sind es doch nur die kleinen Abweichungen von der Norm, die uns Menschen überhaupt interessant machen.«
    »Das ist also Ihre Auffassung? Es würde mich interessieren, wie ein Gerichtshof darüber urteilt.«
    Panik stand in den Zügen des Psychiaters. »Dazu kommt es hoffentlich nicht... Ich meine, Sie würden doch nicht... oder würden Sie wirklich...? Haben Sie ein Einsehen, Lancelot! Seien Sie nicht so hart zu uns! Schließlich ist es ein harmloses Laster - wenn es überhaupt ein Laster ist...«
    »Ich glaube, daß es ein Laster ist, und so denken alle anständigen Leute, Bonaccord. Ich würde sagen, daß sogar eine Menge Leute, die ich nicht für anständig halte, vor einem Verhalten wie dem Ihren zurückschrecken würden. Hippies, Drogensüchtige und ähnliche Leute. Sie würden Sie ächten. Weil Sie das Niedrigste vom Niedrigen sind.«
    Dr. Bonaccord sah ihn flehend an. »Aber wenn irgend etwas darüber an die Öffentlichkeit käme - es wäre das Ende meiner Karriere...«
    »Ich glaube, daß das zu Ihren geringsten Sorgen zählen würde.«
    »Lancelot... abgesehen von... von diesem kleinen Vergehen... haben Sie doch Gisela und mich immer als anständige, ehrliche und unbescholtene Menschen angesehen. Darf ich denn nicht an Ihr besseres Ich appellieren? Sehen Sie nicht ein, wie fürchterlich es für sie wäre, wenn das alles von der Presse breitgetreten würde?«
    »Die Tatsache, daß Sie ein Psychiater sind, könnte die Öffentlichkeit veranlassen, das Ganze als entschuldbar anzusehen.«
    »Sie machen immer billige Witze über Psychiater.«
    »Tut mir leid, wenn ich Sie geärgert habe. Ich wünsche ihnen einen guten Morgen, Bonaccord.« Er steckte das Foto in die Tasche. »Nach Scotland Yard fahre ich wohl am besten mit dem Taxi.«
    »Lancelot...«
    Er wandte sich auf der Türschwelle um. »Ja?«
    »Es tut mir schrecklich leid. Und ich schäme mich. Ganz ehrlich.«
    »Das ist eine recht plötzliche Bekehrung.«
    »Alles Ihr Einfluß. Sie sind ein so aufrechter, ehrlicher, gerader Mensch, daß ich mich vor Ihnen schäme.«
    Lancelot brummte: »Ich glaube Ihnen nicht, Bonaccord, aber ich bin bereit, Gnade walten zu lassen. Ich werde schweigen.«
    »Ich wußte, daß ein Mann von Ihrer Menschenfreundlichkeit...«
    »Unter einer Bedingung.«
    »In meiner Lage kann ich Sie nur bitten, sie zu nennen.«
    Sir Lancelot setzte sich auf den Rand des Schreibtisches. »Vor ein paar Tagen hat Ihnen Dr. Frances Humble den Posten eines Vizekanzlers an der Hampton-Wick-Universität angetragen.«
    Dr. Bonaccord nickte nervös. »Das stimmt.«
    »Sie haben abgelehnt.«
    »Auch das stimmt.«
    »Haben Sie eine Feder oder einen Kugelschreiber? Gut. Nehmen Sie einen von diesen Kanzleipapierbogen. Ich möchte, daß Sie ein paar Zeilen an Frau Doktor Humble per Adresse Unterhaus schreiben.«
    »Was soll ich ihr mitteilen?«
    »Ich kann Ihnen die Mühe des Aufsetzens ersparen. >Sehr geehrte Frau Dr. Humble<... na, schreiben Sie schon!« Der Psychiater begann zu schreiben. »>Ich muß geistig umnachtet gewesen sein, als ich den Posten in Hampton Wick ablehnte. Ich nehme ihn voll Begeisterung an...<«
    »Lancelot! Das kann ich nicht!«
    »Sie können es.«
    Er zögerte. Er schrieb den Brief. Er unterschrieb ihn wortlos.
    »Danke, Bonaccord. Ich werde die Adresse auf den Umschlag schreiben und den Brief eigenhändig abgeben. Ich bin sicher, daß Sie in Hampton Wick sehr glücklich sein werden. Es wird sehr anregend sein, die ganze Zeit so viele junge, aktive Geister um sich zu haben. Zweifellos wird sich Ihre... Ihre Sekretärin während der öden Sitzstreiks, die diese Studenten in der Dienstwohnung des Vizekanzlers abhalten, als charmante Gastgeberin erweisen. Guten Morgen!«
    »Ja... aber das Foto?«
    »Ich werde es, wenn Sie erlauben, bis Montag vormittag behalten - bis zur offiziellen Verlautbarung über Hampton Wick. Ich möchte Sie nicht der Versuchung aussetzen, sich nochmals zu drücken. Dann bekommen Sie es ehrenwörtlich zurück. In einem versiegelten Umschlag.«
    Sir Lancelot öffnete die Tür und stand Gisela gegenüber; er machte eine kleine, höfliche Verbeugung. Als sich die
    Haustür hinter ihm schloß, ging Gisela ins Arbeitszimmer.
    »Du hast wohl zugehört?«
    »Jedes Wort. Was für ein Foto war das?«
    »Kein besonderes: du und ich als Kinder mit den Eltern. Wir haben es eigentlich nur aus Sentimentalität aufbewahrt.«
    »Er weiß also, daß wir Geschwister sind?«
    »Ein Mensch wie er hat wohl nicht

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