Wo geht’s denn hier ins Paradies?
jetzt – es war ausgesprochen. Und, zum Teufel, er hatte die Wahrheit gesagt! Er liebte Ellen. Liebte ihr schönes Gesicht mit den ein wenig schräg stehenden Augen. Liebte die kleinen Löckchen, die sich immer wieder – so wie jetzt – aus den hochgesteckten Haaren lösten. Liebte das kleine, kaum wahrnehmbare Grübchen in der linken Wange. Und er liebte ihren Mund. Ihr Wesen. Ihre Zärtlichkeit und Hingabe. Von der er noch nicht einmal alles wusste. Aber wonach er sich so sehr sehnte …
„Ich … ich liebe dich auch. Glaub ich.“ Ellen sah lächelnd zu ihm hoch, dann hob sie die Arme, schob sie um seinen Nacken.
Ein Kuss, der nicht enden wollte. Der alle anderen Gedanken und Empfindungen auslöschte. Der glücklich machte wie nie zuvor. Und der beide spüren ließ: Ich will mehr. Mehr von diesem anderen Menschen, der mein Pendant ist. Ich will mehr … mehr … mehr …
Sie lösten sich erst voneinander, als beide kaum noch Luft bekamen. Mit erhitztem, aber strahlendem Gesicht schaute Ellen Karsten an. „Und jetzt?“
„Jetzt gehen wir zu dir.“ Er legte den Arm wieder fester um ihre Schultern.
„Aber deine Termine“, wandte sie ein.
„Vergiss sie einfach.“ Ein übermütiges Lachen folgte. Und dann konnten sie es kaum noch erwarten, ganz allein und ungestört zu sein.
+ + +
„Wo warst du? Ich hab auf dich gewartet!“ Janines Augen sprühten Funken. „Du denkst wohl, du kannst dir alles erlauben, was? Da hast du dich aber ganz schön geschnitten, mein Lieber. Ich bin keine …“
„Halt die Luft an, Janine. Ich war verhindert, sorry.“
„Ach, und dass man inzwischen das Telefon und sogar Handys erfunden hat, ist dir entgangen.“
„Ich hab mich entschuldigt. Mehr kann ich nicht tun.“ Karsten saß in seinem kleinen Büro in den Studios von Geiselgasteig. Hier arbeitete er stets die geringfügigen Änderungen ab, die sich während des Drehs ergaben. Leider war zurzeit alles mögliche umzuschreiben. Zwei kranke Darsteller, ein abwesender Regisseur, mit dem er sich jetzt nicht mal austauschen konnte, nun auch noch eine wütende und hysterische Janine …
„Ich will wissen, ob es eine andere gibt!“ Janine pflanzte sich dicht vor ihm auf. Er roch ihr schweres, ein wenig zu süßliches Parfüm. „Ich will …“
„Du willst hoffentlich deine Rolle behalten“, fiel er ihr ins Wort. „Schon dreimal hat Ben nach dir gerufen. Die anderen warten. Und – so ein Star bist du noch nicht, dass du dir alle Extravaganzen leisten kannst.“
„Mistkerl!“ Ein letzter zornsprühender Blick, dann glitt sie von seinem Schreibtisch und ging hinüber zu den Kulissen, wo man schon auf sie wartete.
An diesem Morgen hatte Ben, der junge Regieassistent, keine Sekunde Spaß an seinem Job. Er musste den Drehplan so ändern, dass man ohne Jonas auskam, der immer noch in der Klinik lag. Offiziell hieß es, er leide an Erschöpfung. Diese Diagnose hatte bei fast allen ein ironisches Lächeln hervorgerufen, doch niemand sprach laut aus, dass sie alle von dem Drogenkonsum des jungen Schauspielers wussten.
Tim Wegener, ein Schauspieler der alten Garde, war schon seit zwei Wochen krank – ihn zu ersetzen war einfach unmöglich. Ein Double hatte einige Szenen spielen können, doch auf Dauer ging es nicht, einen Akteur immer nur von hinten oder verschwommen zu zeigen.
Und jetzt auch noch Janine mit ihren Launen! Ben zweifelte an diesem Tag stark daran, dass er wirklich den richtigen Beruf ergriffen hatte.
„So einen Fummel trag ich nicht!“, begehrte Janine jetzt auf und zog an ihrem Seidenkleid, das von drei langen Perlenketten geschmückt wurde. „Da komm ich mir ja halb nackt vor.“
„Wir kennen dich ganz anders“, zischte eine Komparsin.
„Nun stell dich nicht so an, das war die Mode damals“, meinte Ben.
„Außerdem gehört noch die Pelzstola dazu.“ Claude Schneiders kam mit der schneeweißen Fuchsstola in die Kulissen. „Das hast du einfach vergessen, Schätzchen.“
„Tote Tiere … igitt. Da sieht man ja den Kopf!“ Janine wandte sich angeekelt ab.
„Das war Mode!“ Claude streichelte das seidenweiche Fell. Der Fuchskopf war präpariert, glänzende Glasaugen schimmerten aus dem hellen Fell. „Sieh nur, wie der Pelz schmeichelt …“
„Aber das Kleid … Das ist ja ein richtiger Sack!“
„Janine, hast du dich nicht wenigstens mal ein bisschen mit der Zeit von 1920 beschäftigt?“ Ben versuchte, ruhig zu bleiben, doch es fiel ihm schrecklich schwer. Wenn doch nur Sven
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