Wo geht’s denn hier ins Paradies?
jedenfalls bin ganz froh darüber. Ingo ist zwar nicht gerade das, was sich ein Junge als Vater wünscht, aber wir kommen gut miteinander klar.“
„Wie … wie geht es ihm?“
„Schon wieder viel besser. Die Ärzte sind zufrieden und haben angekündigt, dass er in der nächsten Woche nach Hause fliegen darf. Dann muss er aber in ein Rehabilitationszentrum und sich dort endgültig auskurieren. Deshalb will ich unter anderem auch mit Ihnen sprechen. Könnten Sie mir helfen, das zu organisieren?“
„Natürlich.“ Der Regisseur war immer noch sichtlich irritiert. „Ich bin froh, dass es ihm gut geht. Aber ich …“ Er biss sich auf die Lippen, dann gestand er: „Ich muss aber noch was wissen: Haben Sie sich gesehen? Regelmäßig?“
Peter schüttelte den Kopf. „Nein, nur ganz selten. Aber er hat immer sehr gut für mich gesorgt. Und auch für Mom, als sie noch nicht verheiratet war.“
„Sie haben einen neuen Vater?“ Es war deutlich zu spüren, dass die Situation Sven völlig überforderte.
Peter blieb gelassen. „Ja, mit David komme ich prima klar. Er hat mir als Kind all das gegeben, was man sich von einem Dad nur wünschen kann. Und wenn dann mal Ingo zu Besuch kam, war es ganz spannend. Denn wer hat schon zwei Väter?“ Wieder grinste er.
„Ich … ich muss das erst mal verkraften. Da lebt man jahrelang zusammen, und dann erfährt man von so einem – Geheimnis.“
Peter Reeves stand auf. „Ich denke, Sie sollten Ingo anrufen. Er wartet so sehr darauf. Wenn er nicht nach Ihrem Besuch nochmals einen Rückfall erlitten hätte, hätte er sich bestimmt schon früher gemeldet. Ich bin Ihnen auch noch nachgelaufen, aber Sie waren verschwunden.“
Sven senkte den Kopf. Der hoch gewachsene Mann wirkte total verstört. Peter legte ihm einen Brief auf den Schreibtisch. „Wenn Sie einverstanden sind, fahre ich jetzt erst mal in die Stadt und suche mir ein Hotel. Der Brief hier – der ist von Dad für Sie.“
„Ich … Sie … Sie können doch bei uns wohnen“, meinte Sven.
Der junge Mann sah ihn skeptisch an. „Meinen Sie das wirklich?“
„Warum nicht? Das Haus ist groß, unsere Haushälterin eine exzellente Köchin. Und wir haben einen sehr guten Weinkeller. – Mögen Sie Wein? Oder lieber Bier?“
„Wein wäre klasse.“
Endlich konnte Sven lächeln. Er stand auf und streckte dem Jüngeren die Hand entgegen. „Dann bis heute Abend, Peter. Ich freu mich. Ehrlich.“
„Danke. Ich bin auch sehr erleichtert.“
Sven griff nach dem Brief. „Bis später.“
„O.k. Aber – wo wohnt ihr?“
Sven schlug sich leicht vor die Stirn. „Ich bin wirklich noch nicht ganz klar. Natürlich, die Adresse … hier.“ Er nahm eine Visitenkarte vom Schreibtisch. „Drüben vor dem Studiogelände stehen Taxis.“
„Geht schon klar. Bis dann.“ Peter hob kurz die Hand, dann ließ er einen ebenso irritierten wie nervösen Sven zurück.
Seine Hände zitterten, als er den Briefumschlag aufriss, der auf dem Absender den Namen des Londoner Krankenhauses trug. Doch die Handschrift … diese steilen, energischen Buchstaben.. .das war eindeutig eine Nachricht von Olaf!
„Mein Sven “, las er, „dass ich vom Schicksal noch die Gelegenheit bekommen habe, dir zu schreiben, dir zu erklären … ich hab es nicht mehr zu hoffen gewagt. Aber ich hoffe sehr, dass du mir verzeihen kannst. Ich war viel zu feige, dir einzugestehen, dass ich einmal – ein einziges Mal nur – meine Zuneigung einer Frau geschenkt habe. Einer wundervollen Frau, muss ich zugeben. Sie ist ein sehr ehrlicher, aufrechter und großherziger Mensch. Wenn sie es nicht wäre, hätten wir nicht die Chance bekommen, über die Jahre hinweg Freunde zu sein.
Dass wir es sind, habe ich dir verheimlicht. Aus Angst, dass du
mich nicht verstehen, meine Gefühle für diese Frau – und für meinen Sohn – nicht tolerieren könntest. Glaub mir, sie hat dir nie etwas weggenommen. Mir aber hat sie ein wunderbares Geschenk gemacht: meinen Jungen! Oft habe ich ihn nicht gesehen, ich wollte seine heile Welt, in der es Vater und Mutter gab, nicht zerstören.
In den letzten Jahren aber, da ich immer häufiger Angst vor dem nahen Ende empfand, wollte ich Peter näher kommen. Und er hat meine Zuneigung erwidert! Ich habe nicht nur einen großen Sohn, sondern einen jungen Freund, der mich versteht, mich akzeptiert, meine Liebe zu dir gut heißt – und mich dennoch sehr liebt.
Mein Sven, ich kann mir nur von Herzen wünschen, dass auch du verstehen –
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