Wo geht’s denn hier ins Paradies?
Vergessen?“
„Ja, schon, aber … Ich weiß nicht so recht, irgendwas ist los mit Karsten. Schon dass er eine SMS schickt, statt zu telefonieren …“
„Er wollte dich vielleicht nicht stören. Schließlich kann er nicht ahnen, dass wir gerade Mittagspause machen.“
„Ja, vielleicht. Aber trotzdem …“
„Frag ihn, was los ist, wenn du ihn siehst“, meinte Mimi lakonisch. „Wenn du meine Meinung hören willst: Er ist auch nur ein Mann. Und die spinnen nun mal von Zeit zu Zeit.“
„Keine Ausnahme von der Regel?“ Ellen versuchte sich in einen Scherz zu retten.
„Keine!“ Mimi spießte ein paar Tomatenachtel auf die Gabel – und es sah so aus, als würde jeder Piekser dem treulosen Bernhard gelten.
Ellen sah die Freundin mitleidig an. Obwohl Mimi sich sehr gut beherrschte und inzwischen nur noch ironische Bemerkungen über ihre Beziehung zu dem Italiener machte, so wusste sie genau, wie sehr Mimi litt. Bernhard war die große Liebe ihres Lebens. Es würde sicher lange dauern, bis sie die überwunden hatte.
Und irgendwie … Ellen hätte nicht sagen können, wieso sie plötzlich auf den Gedanken kam – ähnelten sich ihre Schicksale. Wenn Karsten auch nicht verheiratet war, so spürte Ellen genau, dass er ihr nicht allein gehörte. Irgendetwas war dran an den Gerüchten, die in den Studios kreisten.
Der Rest des Mittagessens verlief schweigend. Ellen und Mimi hingen ihren Gedanken nach – und beide fragten sie sich, ob ihre Liebe wohl eine Chance hatte.
„Heute keine Überstunden?“, fragte Claude, als Ellen ihre Sachen zusammen packte. „Du wolltest doch noch eine Zeichnung für Carola machen.“
„Das Brautkleid …“ Ellen lächelte. „Der Entwurf ist schon fertig. Wenn ich übermorgen wieder nach Hamburg fliege, nehme ich ihn mit. Vielleicht freut sie sich. Früher haben wir immer gescherzt, dass wir uns gegenseitig mal die Brautmodelle entwerfen.“
„Hat sie denn inzwischen jemanden?“
„Ich glaube nicht. Aber … so ein Kleid ist doch wie geschaffen dafür, von einer glücklichen Beziehung zu träumen. Und … eventuell hilft es Caro, gesund zu werden, wenn sie sich eine romantische Lovestory vorstellen kann.“
„Bestimmt. Zeigst du mir deinen Entwurf?“
„Morgen, ja? Jetzt muss ich weg.“
„Karsten?“, fragte der Chefdesigner mit leichtem Stirnrunzeln.
„Hmm.“
„Pass auf dich auf.“
Ellen nickte nur. Sie war versucht, Claude zu fragen, ob er irgendetwas wusste, ob er ihr sagen konnte, mit wem Karsten Gerhard zusammen war. Aber dann biss sie nur kurz die Lippen aufeinander und schwieg.
Doch während sie sich in der geräumigen Penthouse-Wohnung frisch machte und sich für das Treffen mit Karsten umzog, fragte sie sich immer wieder, was sich plötzlich trennend zwischen sie gestellt hatte – unsichtbar zwar wie eine gläserne Mauer, doch deutlich zu spüren.
Diese Empfindung wich den ganzen Abend über nicht. Zwar war es wundervoll, endlich wieder Karstens Nähe zu spüren, seine Lippen auf der Haut zu fühlen, doch … es war anders als noch vor wenigen Tagen!
„Sag mal – hast du irgendwas?“ Forschend sah sie ihn an. Sie saßen beim Italiener ganz in der Nähe von Ellens Wohnung. Sie hatten gegessen und tranken jetzt noch ein Glas Wein.
Immer wieder nahm Karsten einen kleinen Schluck und verriet so seine Nervosität. Auch spielte er mit dem schlanken Stil des Glases, drehte ihn zwischen den Fingern und vermied es geflissentlich, Ellen in die Augen zu sehen.
„Nein, was sollte denn sein?“ Wieder nahm er einen Schluck Wein.
„Keine Ahnung, deshalb frag ich ja. Hattest du Ärger? Oder – kommst du mit dem Schreiben nicht voran?“
Unwillig schüttelte der Mann den Kopf. „Unsinn. Das ist einfach eine Frage der Konzentration. Außerdem hab ich ja eine gewisse Routine.“ Er biss sich kurz auf die Lippen und fuhr dann fort: „Nimm diese Produktion nur nicht so wichtig. Das ist wirklich nichts Besonderes.“
Es war, als hätte jemand einen Kübel Wasser über ihr ausgegossen. Ellens Augen begannen zu brennen, sie hatte das Gefühl, in der nächsten Sekunde in Tränen auszubrechen. Aber dann schüttelte sie kurz den Kopf und fragte kühl: „Sag mal – was hab ich dir getan? Warum sprichst du so mit mir?“
„Wie spreche ich mit dir? Bilde dir doch nichts ein!“ Karsten hätte sich ohrfeigen können für sein Verhalten. Da gab er sich als personifiziertes Ekelpaket, beleidigte die Frau, die er doch liebte – und das nur, weil er ein
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