Wo geht’s denn hier ins Paradies?
und verzeihen kannst. Es gibt nichts, was ich mir vom Schicksal mehr wünsche.
In Liebe – dein Ingo.“
Lange blieb er so sitzen. Das Blatt Papier war zu Boden gefallen, doch der Mann merkte es nicht. In seinem Innern herrschte Chaos. Und doch kristallisierte sich immer deutlicher diese eine Gefühl heraus: Die Liebe zu Ingo – zu einem Menschen mit großem Herzen, der zu seinem Handeln stand. Und der jetzt nichts so sehr brauchte wie seine Liebe, seine Nähe!
Es dauerte lange, bis er die Verbindung mit der St. George-Klinik in London hatte – und bis er sich zu Ingo durchgefragt hatte. Doch dann hörte er die immer noch ein wenig matte Stimme des Freundes und sagte nur: „Ich liebe dich. Und ich freu mich, dass ich dich bald heim holen kann.“
„Danke. Und – ich freu mich auch.“ Ein kurzes Schweigen, dann fragte der Kranke: „Du hast mit Peter gesprochen – wo ist er jetzt?“
„Bei uns zu Hause. Ich denke, heute Abend werden wir mindestens eine, wenn nicht zwei Flaschen des besten Rotweins leeren, den wir im Keller haben.“
Eine Weile bleib es still, dann sagte Ingo nochmals: „Danke, mein Freund. Ich weiß, warum es sich lohnt, noch um ein paar gute Jahre mit dir zu kämpfen.“
+ + +
Die Dreharbeiten kamen trotz aller widrigen Umstände sehr gut voran. Sven Stevensen sprühte plötzlich vor guter Laune und bester Ideen. Er riss alle mit, und nicht mal Janine und Jonas wagten es, die Harmonie, die auf einmal herrschte, zu stören.
Nach einer hektischen, aber sehr produktiven Woche beschloss Ellen, nochmals nach Hamburg zu fliegen. Carola hatte einen Rückfall erlitten, man hatte sie nochmals operieren und wieder ins künstliche Koma versetzen müssen. Doch die Ärzte waren zuversichtlich, dass sie bald wieder zu sich kommen würde.
Vor allem Dr. Johannes Stettner, der Oberarzt, machte Ellen Hoffnung. „Die Werte sind mehr als zufriedenstellend, und die Kontrollinstrumente zeigen an, dass ihre Gehirntätigkeit aktivierter ist. Es wäre wirklich gut, wenn Sie nochmals herkommen könnten. Ihre Stimme kann viel bewirken. Vielleicht fällt Ihnen auch noch was ein, womit man Carola aus dem Tiefschlaf aufrütteln könnte. Uns gelingt es leider mit Medikamentengaben nicht.“
Es gefiel Ellen, dass sich der Mediziner nicht hinter Fachausdrücken versteckte, sondern sich allgemeinverständlich ausdrückte. Und es gefiel ihr noch mehr, dass er ganz offensichtlich mehr als berufliches Interesse an seine Patientin hatte.
„Du träumst dir da eine Romanze zusammen, für die es gar keine Grundlage gibt“, meinte Mimi, als Ellen am Samstag Morgen ihre Reisetasche packte und zuoberst einen Skizzenblock legte. „Caro ist für den Doktor nichts als ein interessanter Fall.“
„Glaub ich nicht. Ich hab ihn beobachtet, wenn er sie ansieht …“
„Wie ein zu sezierendes Karnickel.“
„Spotte doch nicht so“, meinte Ellen. „Du bist frustriert, das versteh ich ja, aber nicht alle Männer sind schlecht. Nicht jeder ist ein Betrüger und …“
„Spar dir den Atem. Du hast ja auch Recht. Ich bin ein dummes Schaf, dass ich immer wieder auf den Mistkerl und seine Lügen reingefallen bin.“ Mimi umarmte die Freundin zum Abschied. „Grüß Caro von mir – wenn du kannst.“
„Tu ich auf jeden Fall.“
Während des kurzen Fluges arbeitete Ellen noch einen weiteren Entwurf für ein Brautkleid aus. Sie wusste, dass Carola eine schlichte Form bevorzugte. Sie selbst sah sich als mehr romantische Braut. Allerdings sollte ihr Kleid keine Rüschen haben, sondern eine kleine Schleppe. Das schmale Oberteil würde ganz mit Perlen und kleinen Rosenknospen bestickt sein – und am Rocksaum und auf der Schleppe sollten sich Blüten und Perlen als Dolden wiederholen.
Das Bild des Kleides hatte sie noch vor Augen, als sie die Intensivstation betrat. Doch gleich verblasste diese romantische Vorstellung, die harte Realität holte Ellen ein.
Carola lag immer noch reglos in ihrem schmalen Bett. Die Apparate links von ihr summten, das Beatmungsgerät zischte leise.
„Ich hab dir was mitgebracht“, sagte Ellen und legte die Zeichenmappe aufs Bett. „Hier, sieh doch nur – ein Entwurf für ein Brautkleid. So, wie du es immer beschrieben hast.“ Sie streichelte die Hand der Freundin, legte die blassen Finger auf das Zeichenpapier. „Weißt du noch, schon während der Ausbildung haben wir doch besprochen, dass ich dein Brautkleid entwerfe und du meins.“ Sie lachte leise. „Weißt du, auf dem Flug hierher
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