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Wo geht's hier nach Arabien

Titel: Wo geht's hier nach Arabien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Springer
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erwähnte Pfälzer Zeitung: » Ich gehe jetzt nach dem Sudan. Die Engländer dulden das nicht, darum reite ich als Kara Ben Nemsi meine alten Karawanenwege. Dann will ich über Mekka nach Arabien zu Hadschi Halef und mit ihm durch Persien und Indien. Sie sehen, dass meine Bücher nicht in einer Studirstube entstehen.« Den Artikel unterschreibt er mit Kara Ben Nemsi.
    Aus Ägypten schickt er seiner Frau Emma Stoffe, aus denen sie für sich und zwei Freundinnen Kleider machen solle. Die Damen sind gerade zum Scherzen aufgelegt, umhüllen sich mit dem hellen Flatter von Kopf bis Fuß, nur ein kleiner Schlitz für die Augen bleibt offen. Maskeraden gehören in der » Villa Shatterhand« zum Alltag, so lässt sich das Trio in der orientalischen Aufmachung fotografieren, und die Aufnahme schicken sie anschließend an Karl: » Dein Harem in Gedanken bei dir.« Zwei Jahre später wird er sich von seiner Frau scheiden lassen und eine andere Dame auf dem Bild ehelichen, die jüngere.
    Ein dreiviertel Jahr reist Karl May mit seinem Diener, der ihm schließlich doch zum unschätzbaren Freund werden wird, im Orient hin und her. Bis nach Sumatra kommen die beiden. Während der Reise erleidet er zweimal einen Nervenzusammenbruch, einmal derart dramatisch, dass zu befürchten ist, dass er in eine Irrenanstalt eingeliefert werden muss. Doch er fängt sich wieder. Um seine Leser nicht zu enttäuschen, besucht er natürlich ein Beduinenlager und reitet also zu den » Bischari«. Nach Mays Angaben lagerten sie angeblich sechs Reitstunden vom nubischen Schellal entfernt. Das kann wohl sein, doch May verschweigt, dass man nicht von Schellal auf verwehten Karawanenspuren dorthin reiten musste, sondern aus Assuan in wenigen Minuten zu Fuß schlendern konnte, auf ausgetretenen Touristenpfaden.
    Statt einer Einladung eines arabischen Stammes folgt May der Aufforderung des deutschen Attachés in Kairo, Max Freiherr von Oppenheim, doch einmal auf ein Plauderstündchen vorbeizuschauen. Der Mann ist berühmt, er gilt als namhafter Orientalist und Archäologe, hat die bedeutende assyrische Siedlung Tell Halaf gefunden und ausgegraben, wird heute noch als der deutsche Gegenspieler von Lawrence von Arabien angesehen und stellt sich später dienstbeflissen in den Dienst der Nazis. Sicher haben May und Oppenheim über die in Bau befindliche Eisenbahnverbindung von Berlin an den Persischen Golf gesprochen. Doch über die Menschen, die entlang der Strecke leben, hat der Freiherr seine ganz eigene Meinung: » Wenn nun die einzelnen Menschenrassen des Bagdadbahngebietes in kultureller Beziehung fraglos weniger wertvoll sind als das amerikanische Volk, ist doch jede einzelne derselben weit besser als der amerikanische Neger, gar nicht zu reden vom Indianer.« Karl May hat darüber anders gedacht.
    Was Karl May auf seiner Arabienfahrt erlebt, hat nicht das Geringste mit dem zu tun, was er für Kara Ben Nemsi erfunden hat. Die touristische Realität frustriert in zutiefst. Das sächsisch-ägyptische Duo reist weiter nach Beirut, das Heilige Land steht auf dem Reiseplan. Doch sie dürfen nicht von Bord des Schiffes, wegen der Pestgefahr müssen sie zwei Wochen in Quarantäne bleiben. Danach besichtigen sie Jerusalem und bleiben dabei immer brav auf der Pilgerroute.
    Aus Aden im Jemen schreibt er im September 1899 an ein befreundetes Ehepaar: » Es haben mich viele auf dem Schiff lieb gewonnen, obgleich ich jetzt das gerade Gegenteil vom früheren Karl bin.«
    Nach seiner ersten Begegnung mit dem Orient ändert er zu Hause seine Art zu schreiben. Das banale Erzählen ist ihm zuwider, er schreibt Lyrik und Predigten, Tiefsinniges und Erbauliches. Hinzu kommen Gerichtsprozesse und reichlich Ärger mit seinen Neidern. Die kritischen Stimmen mehren sich, was er sich einbilde, er habe sein Publikum in die Irre geführt, seine Literatur sei Schund, und außerdem verführe er die Jugend zu einem liederlichen Lebenswandel. Solche und ähnliche Bösartigkeiten nehmen kein Ende mehr. Seine » Glaubwürdigkeit« wird gerichtlich in Frage gestellt, er sei » eidesunwürdig«. Karl May lässt verbreiten, er plane, in die Vereinigten Staaten auszuwandern, zu » seinen Freunden«.
    In einem seiner Spätwerke wendet sich Karl May ab von Kara Ben Nemsi. Er schreibt über den schon zu Lebzeiten legendären bayerischen König Ludwig II.

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