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Wo geht's hier nach Arabien

Titel: Wo geht's hier nach Arabien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Springer
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von Gott offenbartes Wort. So glaubt es die islamische Welt. Eine Übersetzung des arabischen Originals kann also keine Gültigkeit besitzen, sondern höchstens eine » Übertragung dem Sinne nach« sein. Die 114 Suren des Korans sind der Länge nach geordnet. Ihr Inhalt wurde dem Propheten Muhammad zwischen dem Jahr 610 und 632 geoffenbart, zuerst in Mekka, dann in Medina. Da Muhammad selbst nicht lesen und schreiben konnte, notierten seine Anhänger die einzelnen Offenbarungen. In Venedig erschien im Jahr 1537 die erste gedruckte Fassung des heiligen Buches. Nicht nur der Inhalt, das Buch selbst gilt als heilig. Als ich in den achtziger Jahren in Marokko mein erstes Koran -Exemplar kaufen wollte, wurde mir das verweigert. Schließlich sei ich ungläubig. Damit hatten sie sogar Recht.
    Die Diskussionen um den Urtext des Korans verebben auch in der arabischen Welt nicht. Salman Rushdie hätte das fast mit dem Leben bezahlt. Sein Bestseller Die satanischen Verse handelt von den angeblich aus dem Urtext gestrichenen Versen, nach denen es erlaubt sei, neben Allah auch die drei altarabischen Göttinnen al-Lat, al-Manat und al-Uzza anzurufen. Die moderne Wissenschaft geht davon aus, dass einige Passagen gar nicht auf ein arabisches Original zurückgehen, sondern in aramäischer Sprache vorlagen. Die spektakulärste Theorie besagt, dass den verstorbenen Moslem im Paradies gar keine » Jungfrauen« erwarten, sondern » Trauben«. Also Obst statt Mädels. So laute die richtige Übersetzung der aramäischen Quelle.
    Wo und wann sich Spitaler während der Kriegszeit in Arabien aufhielt, lässt sich nicht mehr nachvollziehen. Es ist aber davon auszugehen, dass er bei den Kämpfen in Nordafrika selbst vor Ort war. Im Jahr 1955 fährt er nach Syrien. Als Wissenschaftler. Eine gute Autostunde nördlich von Damaskus liegt an den Steilhängen des Libanongebirges das Städtchen Maalula. Mancher hat von dem Ort schon gehört, da die Familie des syrischen Schriftstellers Rafik Schami, der in Deutschland lebt und Bestseller in deutscher Sprache schreibt, aus Maalula stammt.
    Maalula ist ein christlicher Pilgerort mit mehreren Klöstern, Kirchen und Heilsstätten. Wer über die Geschichte Näheres erfahren will, sollte sich bereits zu Hause informieren, da die gut gemeinten Heftchen in deutscher Übersetzung, die man vor Ort erwerben kann, nur mit Mühe zu entziffern sind: » Zu dieser Zeit dass Takla vor der Fesnteröffnung in ihrer wohnung, die aufdas Aufenthaltsort vom Buloss hinausschaut, wenn er das Volk prädigte, verliß sie die Fensteröffnung nicht, sonder bleibt sie setzem, um die Gnadewörter aus Buloss-Mund mit großer Freude und voller Aumerksamkeit zu hören. Sie hatte sich ohne Essen veregesse. Als ihre Mutter es bemerkte war die Lage auf sie beide verschärft.« Hinter dem Kauderwelsch steckt die Legende der jungen Frau Tekla, die als Begleiterin des heiligen Paulus verehrt wird und in Maalula ihren Häschern durch eine Felsspalte entkam.
    In Maalula wird heute noch ein aramäischer Dialekt gesprochen. Aramäisch war 2000 Jahre die Verkehrssprache im Nahen Osten und gilt gemeinhin » als die Sprache, die Jesus sprach«. Heutzutage können sich die jungen Wissenschaftler den Weg nach Maalula sparen. Kein Mensch spricht mehr Aramäisch. Anton Spitaler hat 1933 seine Dissertation über diesen Dialekt geschrieben und reiste 1955 dorthin, um Sprachaufnahmen zu machen. Spitaler gilt heute noch als ein unverzichtbarer Experte in Sachen Maalula-Dialekt.
    Zu der Zeit von Spitalers Maalula-Reise lebt bereits eine ganze Reihe von geflüchteten Nazis in Damaskus. Sie hatten ihre Verbindungen aus dem Weltkrieg genutzt, um sich der Verfolgung im Nachkriegsdeutschland zu entziehen. Von Ribbentrops Sekretärin bis zu Adolf Eichmann, der vor seiner endgültigen Flucht nach Südamerika dort kurze Zeit gelebt haben soll, hat sich eine Nazigemeinde im europäischen Viertel gebildet. Womöglich besucht Anton Spitaler alte Bekannte, bevor er wieder ins Flugzeug steigt.
    Die Angst vor Aufruhr in der islamischen Welt und die Unberechenbarkeit der Islamisten verhindere im Moment noch die große kritische Koran -Ausgabe, sagen die heutigen Hüter des Spitaler-Schatzes. Die deutsche Wissenschaft spielt also die Supernanny für die islamische Wissenschaft. Wie wäre es, wenn man den modernen arabischen Koran -Experten die

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