Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)
und umschreibt hervorragend den Gedankenfluss, aus dem gute Ideen hervorgehen. Mit Flow ist nicht rasiermesserscharfe Konzentration auf ein ganz bestimmtes Problem gemeint, und auch nicht ein plötzlicher Geistesblitz. Flow ist das Gefühl, wie in einem Strom zu treiben, der uns zwar in eine bestimmte Richtung trägt, uns mit seinen Wirbeln und Wellen aber immer wieder neue und überraschende Impulse gibt.
Wenn man im Atrium von Gebäude 99 steht, wird einem unwillkürlich klar, dass es eigens entworfen wurde, um eine ganz bestimmte Art von Flow zu ermöglichen: den gemeinsamen Flow aus dynamischen Gedanken, die zusammen ein flüssiges Netzwerkbilden, das sich aus den »mixing spaces« und »situation rooms« speist. Wie das Gebäude Nr. 20 des MIT ist auch Gebäude 99 ein Raum, der Informations-Spillover fördert, statt ihn um der Geheimhaltung willen zu beschränken. Genau das ist sein Zweck, und diese Eigenschaft ist eine entscheidende Parallele zu den flüssigen Netzwerken in dicht bevölkerten Städten. Das Bürohaus eines der reichsten Unternehmen weltweit wird nie die ergebnisoffenen Begegnungen ermöglichen, wie sie auf einer belebten Straße in einer Großstadt ständig passieren, aber dieser Vergleich wäre auch unfair.
Wichtig ist, was Bürohäuser wie Gebäude 99 vom Flow in urbanen Umgebungen und von als Übergangslösung gedachten Einrichtungen wie dem Gebäude Nr. 20 gelernt haben. Das Bürogebäude einer Firma wird niemals das Genua des 14. Jahrhunderts wiederauferstehen lassen und auch nicht das Greenwich Village des 20. Jahrhunderts. Dennoch ist das die Richtung, in die heutiges Büro-Design sich bewegt: weg von den Glaspalästen in William H. Whytes
Organization Man
mit ihren Eckbüros und anonym hinter Trennwänden abgeschirmten Schreibtischen, hin zu Umgebungen, in denen neue Ideen sich aneinander reiben können, die sich ganz nach Bedarf auf diese Ideen anpassen lassen. Diese »Verflüssigung« ist es, die Innovationsfluss gewährleistet. Um das Nächstmögliche zu erforschen, kann es schon genügen, eine Tür zu öffnen, aber manchmal muss man auch Wände einreißen.
III.
DIE LANGSAME AHNUNG
Am 10. Juli 2001 schickte der in Arizona stationierte Agent Ken Williams über das antiquierte Automated Case Support System des FBI ein elektronisches Kommuniqué an seine Vorgesetzten in Washington und New York. Das sechsseitige Dokument begann mit dem prophetischen Satz: »Zweck dieses Kommuniqués ist es, das Hauptquartier und New York über Hinweise auf koordinierte Anstrengungen seitens USAMA BIN LADENS (UBL) in Kenntnis zu setzen, Schüler an zivile Flugschulen und Ausbildungszentren in den Vereinigten Staaten zu entsenden.« Es handelte sich um das berüchtigte Phoenix-Memo, jene – weitgehend ignorierte – Warnung aus den heißen Sommermonaten kurz vor 9/11. Im Nachhinein mag es wie Ironie des Schicksals scheinen, dass die New York Times genau an dem Tag, an dem Williams sein Kommuniqué absetzte, einen Kommentar mit dem Titel »The Declining Terrorist Threat« abdruckte.
Williams war während der vorangegangenen Monate ein Muster aufgefallen, das ihn veranlasste, das Memo zu verfassen: Eine »übermäßig hohe Zahl geheimdienstlich relevanter Personen« hatte sich in verschiedenen Flugschulen und zivilen Luftfahrtausbildungszentren in Arizona eingeschrieben. Williams hatte mehrere der fraglichen Personen befragt, darunter auch ein gewisser ZakariaMustapha Soubra, Luftfahrttechnik-Student mit einem F-1 Visum aus Großbritannien. Soubra hatte Bilder von bin Laden bei sich zuhause, und er erklärte gegenüber Williams, dass die amerikanischen Militärbasen und Botschaften, die in der Golfregion und in Afrika angegriffen worden waren, »legitime militärische Ziele des Islam« gewesen seien. Williams wies ebenso darauf hin, dass neun weitere Studenten aus Algerien, Kenia, Indien, Saudi-Arabien und anderen Staaten des Nahen Ostens sich in Flugschulen eingeschrieben hatten. Alle hatten Verbindungen zu islamistischen Gruppen, und zwei davon waren offenbar mit Hani Hanjour bekannt, der später das Flugzeug des American Airlines Fluges 77 ins Pentagon steuerte.
Auch Williams entging, wie akut die Bedrohung war. In dem Memo spricht er lediglich von dem Versuch, einen »Kader von Personen herauszubilden, die auf der Welt verteilt in der Luftfahrt arbeiten werden. Diese Personen werden zukünftig in der Lage sein, terroristische Anschläge gegen Ziele in der zivilen Luftfahrt zu verüben«. Williams
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