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Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Titel: Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Johnson
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fehleranfällig ist – in Form von Mutationen im Erbmaterial selbst oder weil bei der Weitergabe der Information an die nächste Generation etwas schiefgeht –, stehen ständig neue Möglichkeiten zur Erprobung bereit. Nicht selten führen solche Fehler zu einem Fiasko oder es passiert gar nichts, aber dann und wann erschließt eine Mutation einen ganzen neuen Flügel im Palast des Nächstmöglichen. Unter dem Gesichtspunkt der Evolution betrachtet ist Irren nicht nur menschlich. Der Irrtum hat uns Menschen überhaupt erst möglich gemacht.
    Sobald wir daran denken, welch wichtige Rolle Mutationen bei der Entstehung des Menschen gespielt haben, denken wir automatisch auch an Darwins Evolutionstheorie. Dabei hatte Darwin selbst die größten Probleme mit der Vorstellung, dass all die Wunder des Lebens durch zufällige Variation entstanden sein sollten. Nachdem er seine Selektionstheorie als die Erhaltung der besser angepassten Varietäten bei gleichzeitigem Rückgang der schlechter angepassten ausformuliert hatte, fehlte ihm noch eine überzeugende Theorie, wie all diese Varietäten zustande kamen. In
Die Entstehung der Arten
scheint Darwin noch davon auszugehen, dass sie rein zufällig entstehen. Das tut er zum Teil, um die Lamarcksche Theorie von zielgerichteten Veränderungen zu entkräften. Lamarck war der Auffassung, Giraffen hätten einen so langen Hals, weil sie sich ständig nach hoch oben an den Bäumen wachsenden Blättern strecken mussten und der Hals dadurch von Generation zu Generation immer länger geworden sei. Im Lauf des nächsten Jahrzehnts ruderte Darwin jedoch wieder zurück und entwickelte eine Theorie,die er Pangenesis nannte und 1868 in dem Buch
Das Variieren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication
veröffentlichte. Dort versuchte er, die Ungereimtheiten in seiner Selektionstheorie zu lösen, indem er einen komplexen Erbmechanismus anführte, der eine Art gelenkter Evolution möglich machen sollte. Laut dieser Theorie würde jede Zelle im Körper kleine Körnchen mit Erbinformation freisetzen, die Darwin »Keimchen« nannte. Diese Keimchen reicherten sich dann in den Keimzellen des Organismus an. Viel benutzte Organe und Extremitäten würden entsprechend mehr Keimchen produzieren und hätten somit entscheidenden Einfluss auf das Erbmaterial für die nächste Generation. Die Pangenesistheorie wurde von Darwins Zeitgenossen zunächst gut aufgenommen, aber die moderne Genetik widerlegte sie schon wenige Jahrzehnte später als falsch, und die Pangenesis stellte sich als der schwerste Irrtum in Darwins gesamter Laufbahn heraus. In gewisser Weise lag Darwins eigentlicher Fehler darin, dass er die schöpferische Kraft des Irrtums nicht erkannte.
    Zu viele Fehler sind natürlich tödlich, weshalb unsere Zellen über ausgeklügelte Mechanismen zur Reparatur von beschädigter DNA verfügen und über solche, die dafür sorgen, dass der Entschlüsselungsprozess bis ins letzte Nukleotid präzise abläuft. Ein Organismus, der nicht über solche Schutzmaßnahmen verfügt, wäre zwar »innovativ«, die Überlebenschancen seiner Nachkommen aber gleich null.
    Kein Lebewesen wünscht sich Nachkommen mit genetischen Mutationen, aber als Spezies sind wir von Mutation abhängig. Deshalb glauben manche Wissenschaftler, dass sich im Lauf der natürlichen Selektion eine kleine, aber stabile Fehlerrate bei der Entschlüsselung der DNA herauskristallisiert hat, als hätte die Evolution die Fehlerrate auf ein optimales Verhältnis zwischen Mutation und Stagnation »eingestellt«. Man könnte meinen, dieGefahr von Erbfehlern würde den Selektionsdruck, absolut narrensichere DNA-Reparaturmechanismen zu entwickeln, immens erhöhen. Eltern, die in der Lage sind, makellose Kopien ihrer Keimzellen herzustellen, würden gesündere Nachkommen zeugen. Die Nachkommen von Eltern mit fehleranfälligen DNA-Reparaturmechanismen hätten aufgrund höherer Mutationsraten weniger Überlebenschancen, was im Lauf der Zeit dazu führen würde, dass sich die Gene für narrensichere DNA-Reparaturmechanismen in der ganzen Spezies durchsetzen. Die Komplexität unserer DNA-Reparaturmechanismen legt in der Tat die Vermutung nahe, dass die Evolution genau in diese Richtung verlief, nur dass sie die Möglichkeit von Irrtümern eben doch nicht ganz ausgemerzt hat. Unsere Zellen scheinen dafür gemacht, die Tür für Mutationen gerade so weit offen zu lassen, dass Veränderung und Variation ohne katastrophale Folgen für die gesamte

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