Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)
Clinton-Administration das Reinventing-Government-Programm ins Leben rief, war eines der ehrgeizigen Ziele, die Verwaltung innovativer zu machen. Aber Gores Lösungsansätze waren fast ausnahmslos nach innen gerichtet: Es ging darum, neue Organisationsstrukturen innerhalb der Regierung zu schaffen, die Bürokratie zu entschlacken und zwischenbehördliche Zusammenarbeit zu fördern. Der Gedanke hinter Apps-for-Democracy ist da schon weit offener, weil man glaubt, dass die besten Ideen für effektiveres Regieren sehr wahrscheinlichvon
außerhalb
der Regierung kommen werden. Wenn eine außenstehende Entwickler-Community etwas für das Geschäftsmodell von Twitter so Essenzielles wie eine Suchmaske entwickeln konnte, warum sollten Bürger da nicht etwas Vergleichbares für ihre Regierung zustande bringen? Bestimmt hätte der eine oder andere ein paar Vorschläge, um die jährliche Steuererklärung zu vereinfachen.
Verwaltungsbürokratie steht seit Langem in dem Ruf, jede Innovation im Keim zu ersticken, und das zu Recht. Doch verfügt sie auch über vier Eigenschaften, aufgrund derer sie von der Innovationskraft emergenter Plattformen profitieren könnte: Erstens ist sie ein Hort gewaltiger Informationsmengen und erbringt Dienste, die allen nutzen würden, wären wir nur in der Lage, es besser zu organisieren. Zweitens hat der Durchschnittsbürger ein lebhaftes Interesse an diesen Informationen, seien es nun Daten zum Ausbau von Industriegebieten, zum Gesundheitswesen oder zur Kriminalitätsrate. Drittens gibt es eine lange bürgerliche Tradition, Zeit und Energie darauf zu verwenden, Probleme in den Griff zu bekommen, die als Bedrohung des Allgemeinwohls wahrgenommen werden. Viertens und letztens stehen öffentliche Verwaltungen nicht in wirtschaftlichem Wettbewerb zu irgendjemandem, weshalb sie auch nicht dem Druck ausgesetzt sind, ihre Daten geheim zu halten.
Seit Howard Deans Kampagne, mit der er sich im Jahr 2004 als Präsidentschaftskandidat der Demokraten bewarb, wissen wir, wie effektiv sich das Internet und andere Netzwerktechnologien für die Politik nutzen lassen. Den Beweis, wie sich diese Technologien für effektiveres Regieren nutzen lassen, sind die Politiker bisher allerdings schuldig geblieben. Sich eine Regierung als Plattform vorzustellen (um mit den Worten des Internetvisionärs Tim O’Reilly zu sprechen), könnte ein Weg sein, im digitalen Zeitalter neue Formen des Regierens auf den Weg zu bringen. Politische Führung umfasst Aspekte, die besser nicht an flüssige Netzwerkeausgelagert werden. Beschlussfassung und Redenschreiben zum Beispiel. Aber eine gute Regierung sollte auch mit innovativen Lösungen für die Probleme ihrer Bürger aufwarten können, ebenso wie für die Probleme, die die Bürokratie selbst mit sich bringt. Und das ist genau der Punkt, an dem die Magie des Plattform-Modells zum Tragen kommt.
Ein Teil dieser Magie ist rein ökonomischer Natur: Emergente Plattformen setzen die Kosten für Neuentwicklungen drastisch herab. Die 47 Apps, die innerhalb von vier Wochen beim Apps-for-Democracy-Wettbewerb eingereicht wurden, kosteten die Stadtverwaltung etwa 50.000 US-Dollar. Hätte die Verwaltung die Apps in Auftrag gegeben, so Kundras Schätzung, hätten die Kosten sich auf über 2.000.000 US-Dollar belaufen. Außerdem hätte das Ganze länger als ein Jahr gedauert. Dasselbe gilt für Web-Innovation auf dem privaten Sektor. Wären Hurley, Chen und Karim gezwungen gewesen, einen vollkommen neuen Videostandard aus dem Boden zu stampfen, hätten sie Jahre gebraucht und Millionen von Dollars investieren müssen, und am Ende hätten sie nicht mehr gehabt als eine Betaversion. Bis zum heutigen Tag hat Twitter nicht einen Cent für Mapping-Anwendungen ausgegeben, weil es bereits Dutzende Dienste gibt. Entwickelt und verbreitet wurden sie von Dritten, und das zum Nulltarif für Twitter.
In der Natur vorkommende Plattformen legen eine ähnliche ökonomische Effektivität an den Tag, auch wenn sie sich nicht mit Geld beziffern lässt. Helmspechte hacken ihre Nisthöhlen am liebsten in tote Baumstämme. Bäume zum Absterben bringen können sie nicht, also sind sie auf die Hilfe des Zufalls angewiesen. Biber fällen beim Staudammbauen ständig Bäume, weshalb Helmspechte sich gerne in den von Bibern erzeugten Ökosystemen niederlassen. Dort können sie ihre Höhlen in dem weichen Holz der verrottenden Bäume bauen, ohne sie selbst fällen zu müssen. Interessanterweiseverlassen sie ihre Nester
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