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Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition)

Titel: Wo gute Ideen herkommen.: Eine kurze Geschichte der Innovation. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Johnson
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Quadranten.
    Wie konnten ausgerechnet dort, wo jeglicher finanzieller Anreiz fehlt, so viele gute Ideen entstehen?
    Ein Teil der Antwort besteht darin, dass der Einfluss, den ein finanzielles Belohnungssystem auf die Entwicklung guter Ideen ausübt, komplizierter ist, als wir uns das normalerweise vorstellen. Geld lockt die Menschen, sich neue Produkte einfallen zu lassen, doch gleichzeitig zwingt es sie, ihre Innovationen zu schützen. Ökonomen sprechen von einem effizienten Markt, wenn Käufer und Verkäufer gleichermaßen Zugang zu Information haben, und Effizienz gilt gemeinhin als das Ziel jeder Ökonomie. Außer es geht um Ideen. Würden neue Ideen allen zur Verfügung stehen, könnten Unternehmen an ihren Innovationen nicht mehr so viel Geld verdienen, weil jeder Mitbewerber sie sofort aufgreifen würde. Deshalb haben wir, wenn es um Innovation geht, mit voller Absicht ineffiziente Märkte geschaffen: Umgebungen, in denen Copyright, Patente, Betriebsgeheimnisse und Tausende andere Hindernisse dafür sorgen, dass gute Ideen nicht auf andere überspringen.
    Diese Hemmschuhe gibt es im vierten Quadranten nicht. Nicht marktorientierte, dezentrale Umgebungen können nicht mit Geld locken. Es ist ihre Offenheit, die dafür sorgt, dass gute Ideen gedeihen. Alle Innovationsmuster, die wir in den vorigen Kapiteln beobachtet haben – flüssige Netzwerke, langsame Ahnungen, Serendipität, Störeinflüsse, Exaptation, emergente Plattformen –, finden sich am ehesten in Umgebungen, in denen Ideen sich unkontrolliertverbreiten können. In restriktiven Umgebungen, in denen ihr Bewegungsspielraum eingeschränkt ist, ersticken sie. Wenn jedes Mal eine Gebühr fällig wird, sobald eine langsame Ahnung versucht, sich mit einer anderen zu verknüpfen, macht das die Sache nicht gerade leichter. Exaptation wird umso schwieriger, je höher die Mauern sind, hinter denen sich die Erkenntnisse und Errungenschaften anderer verbergen. In einer offenen Umgebung fallen diese Schwierigkeiten weg, und Innovation gedeiht entsprechend.
    Wie in jedem anderen Bereich des Lebens auch muss man Kompromisse eingehen, wenn man innovationsfördernde Umgebungen schaffen will. Wenn alle anderen Bedingungen gleich blieben, würden finanzielle Anreize Innovation durchaus fördern. Das Problem ist nur: Sobald Geld ins Spiel kommt, verändern sich auch die Bedingungen. Ein finanzielles Anreizsystem bringt automatisch Beschränkungen und Geheimhaltung mit sich, wodurch offene Innovationsmuster es umso schwerer haben, ihren Zauber zu entfalten. Die Frage lautet also: Wo liegt die goldene Mitte? Die Argumentation, dass die Aussicht, mit einer Erfindung reich zu werden, genug Ansporn ist, um all die Nachteile aufzuwiegen, die Patentrecht und geheime Forschungs- und Entwicklungslabors mit sich bringen, ist durchaus nachvollziehbar. So lautete auch die Grundannahme im modernen Diskurs über den Ursprung von Innovation. Eine Annahme, die sich zum großen Teil auf die Erfolgsbilanz des freien Marktes stützt. Kapitalistische Wirtschaftssysteme haben sich als innovativer erwiesen als sozialistische und kommunistische. Also scheint der Ertrag, den die absichtlich eingeführten Beschränkungen ermöglichen, die Kosten zu überwiegen.
    Aber wie wir gesehen haben, hinkt dieser Vergleich. Die Preisfrage lautet nicht, wie sich die freie Marktwirtschaft im Vergleich zur Planwirtschaft schlägt. Die Frage muss lauten, wie sie sich im Vergleich zum vierten Quadranten schlägt. Während sich im Laufder letzten beiden Jahrhunderte der private Sektor entwickelte, gab es auf dem öffentlichen eine parallele Entwicklung: die Forschungsuniversität. Der größte Teil der akademischen Forschung entspricht den Kriterien des vierten Quadranten. Neue Ideen werden ganz gezielt veröffentlicht, damit andere sie weiterentwickeln und auf sie aufbauen können. Jede Idee kann ungehindert zirkulieren, es muss lediglich die Quelle genannt werden. Das hat nichts mit Anarchie zu tun. Niemand kann sich der Idee eines Kollegen bedienen, ohne ihn ordnungsgemäß zu zitieren. Doch es ist ein fundamentaler Unterschied, ob der Urheber einer Idee ein Patentrecht einklagt oder lediglich in einer Fußnote erwähnt werden möchte. Akademiker bekommen natürlich ein Gehalt, und gute Ideen können ihnen eine begehrte Professur einbringen.
    Dennoch ist der finanzielle Anreiz verschwindend im Vergleich zum privaten Sektor. Viel wichtiger ist, dass dieses finanzielle Belohnungssystem ohne künstliche

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