Wo ich zu Hause bin
werden.
Das Thema Heimat und Heimatlosigkeit bekommt in den Briefen des Apostels Paulus einen anderen Akzent. Paulus war in Ephesus ins Gefängnis geworfen worden. Er war durch Kleinasien gezogen und hatte die Frohe Botschaft von Jesus Christus verkündet. Er hat dabei Zustimmung erfahren, aber immer wieder auch Verfolgung. Wie er sich bei seinen Wanderungen als Apostel gefühlt hat, drückt er mit den Worten aus: »Bis zur Stunde hungern und dürsten wir, gehen in Lumpen, werden mit Fäusten geschlagen und sind heimatlos« (1. Korintherbrief 4,11). Paulus hat die Heimatlosigkeit im Dienst an der Frohen Botschaft auf sich genommen. Er ist freiwillig heimatlos geworden, um die Botschaft Jesu in alle Städte dieser Welt hineinzutragen. Die Heimat, die er in Jesus Christus gefunden hat, hat es ihm ermöglicht, seine äußere Heimat aufzugeben und heimatlos von der Heimat zu predigen, die wir in Christus finden.
Den Gipfel seiner Heimatlosigkeit erfuhr Paulus, als er in Ephesus zu Unrecht ins Gefängnis geworfen wurde. Doch selbst im Gefängnis verzagt er nicht. Er betet zwar darum, wieder frei zu werden, um weiterhin die Frohe Botschaft den Menschen verkünden zu können. Doch er ist auch zufrieden, wenn Gott es anders entscheidet. Denn dann weiß er, dass Sterben für ihn Gewinnsein wird. Im Sterben wird er zu Christus kommen, um immer bei ihm zu sein. In diesem festen Vertrauen schreibt er an die Christen in Philippi, denen er sich besonders verbunden fühlte: »Unsere Heimat aber ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich alles unterwerfen kann« (Philipperbrief 3,20). Paulus spricht hier von politeuma . Die Christen sind in dieser Welt und in ihren Städten nicht beheimatet. Ihre wahre Heimat ist im Himmel. Sie sind in dieser Welt paroikoi , das heißt: Fremdlinge ohne Bürgerrecht. Ihr Bürgerrecht ist im Himmel. Dort sind sie schon in dieser Welt daheim. Und weil sie im Himmel ihre Heimat haben, können sie ihre Fremdlingschaft hier auf Erden in innerer Freiheit und voll Zuversicht leben.
Diesen Gedanken hat der Hebräerbrief ausführlich entfaltet. Er versteht die christliche Gemeinde als das wandernde Gottesvolk. Sie wandern nicht auf eine irdische Stadt ( polis ), sondern auf das himmlische Jerusalem zu. Der Hebräerbrief nimmt die Patriarchen zum Vorbild, die bekannt haben, »dass sie Fremde und Gäste auf Erden sind. Mit diesen Worten geben sie zu erkennen, dass sie eine Heimat suchen. Hätten sie dabei an die Heimat gedacht, aus der sie weggezogen waren, so wäre ihnen Zeit geblieben zurückzukehren; nun aber streben sie nach einer besseren Heimat, nämlich der himmlischen« (Hebräerbrief 11,13–16). Diese himmlische Heimat ist nicht nur die Heimat, die uns nach demTod erwartet. Es ist vielmehr eine Heimat, an der wir hier auf Erden schon teilhaben. Denn Christus ist durch seinen Tod in das Allerheiligste eingezogen. Und dieses Allerheiligste ist letztlich in uns selbst. In uns ist ein Raum des Heiligen. Heilig ist das, was der Welt entzogen ist, worüber die Welt keine Macht hat. Aber das Heilige ist auch der Raum, in dem wir heil sind und ganz. Und es ist der Raum, in dem wir daheim sind. So verweist uns der Hebräerbrief nicht nur auf die Zukunft, sondern schon in dieser Welt auf den jenseitigen Ort des Allerheiligsten, der in uns selber ist. In diesem Ort des Heiligen auf dem Grund unserer Seele sind wir mitten in der Fremde dieser Welt daheim.
IMPULS
Lies laut einmal den Psalm 122 vor und lass die Worte in dein Herz fallen. Koste sie mit deinem Herzen aus und spüre, was sie in dir hervorrufen:
»Welche Freude, da man mir sagte: Wir ziehen zum Haus des Herrn.
Schon stehen unsre Füße in deinen Toren, Jerusalem:
Jerusalem, als Stadt erbaut, die fest in sich gefügt ist.
Dort ziehen die Stämme hinauf, die Stämme des Herrn,
den Namen des Herrn zu preisen,
wie es Gebot ist für Israel.
Denn dort stehen Throne zum Gericht,
die Throne des Hauses David.
Erbittet für Jerusalem Frieden!
Geborgen seien, die dich lieben.
Friede sei in deinen Mauern,
Geborgenheit in deinen Häusern!
Wegen meiner Brüder und meiner Freunde
Will ich sagen: Friede sei mit dir!
Wegen des Hauses des Herrn, unsres Gottes,
will ich Glück erbitten für dich.«
Diese alten Worte können in dir die Sehnsucht nach der Heimat in Gott oder in
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