Wo immer Du bist, Darling
gleich noch ausrichten, dass ich wegen ihm jetzt zu spät zur Konferenz komme. Er soll sich hinterher nicht beklagen, wenn der Bericht lückenhaft ist.«
Ehe der Mann noch etwas sagen konnte, drückte sie das Gespräch weg und stapfte wutentbrannt durch die Tür. Die Typen in der Redaktion hatten definitiv zu viel Freizeit.
Carolin kam keine drei Meter weit, da klingelte das Telefon erneut. Fluchend klappte sie es auf und riss es ans Ohr. »Was denn noch?« Langsam wurde ihr die Sache echt zu blöd.
Die Antwort kam erstaunlich ruhig. »Frau Schuster, ich weiß zwar nicht, für wen Sie mich fälschlicherweise halten, aber ehe Sie wieder auflegen, hören Sie mir bitte zu, es ist wichtig.«
Bei seinem ernsten Tonfall blieb Carolin von ganz allein stehen. Was wurde hier gespielt? Plötzlich war sie nicht mehr so sicher, dass die ganze Sache nur ein dummer Witz war.
»Schießen Sie los«, murmelte sie, allmählich doch beunruhigt.
Sie hörte deutlich, wie der Mann am anderen Ende ausatmete. »Frau Zimmermann wurde vor vier Tagen in einem Lebensmittelgeschäft in Mariposa, Kalifornien, als Geisel genommen und anschließend entführt. Bedauerlicherweise können die amerikanischen Behörden im Moment noch nicht sagen, warum sie entführt wurde. Wir müssen daher abwarten, bis …«
»Halt, stopp!« Carolin fand ihre Sprache wieder. »Sie wollen also sagen, dass meine Freundin in Händen von Kidnappern ist und keiner weiß, wer die Typen sind und was sie wollen? Habe ich das richtig verstanden?«
»Wir wissen, dass es sich um eine kubanische Untergrundorganisation handelt. Mehr kann ich Ihnen im Augenblick leider nicht sagen. Ich werde noch heute in die Staaten fliegen und persönlich mit der zuständigen Polizeistelle sprechen. Sobald ich mehr Informationen habe, setze ich mich unverzüglich wieder mit Ihnen in Verbindung. Bitte bleiben Sie erreichbar.«
»Nein, das können Sie vergessen!« Carolin war nicht mehr zu bremsen. »Ich werde auf keinen Fall hier herumsitzen und Däumchen drehen, während die Typen weiß Gott was mit Anja anstellen. Ich komme mit.«
Am anderen Ende erklang ein Räuspern. »Frau Schuster, das geht leider nicht. Es würde nichts ändern, wenn Sie vor Ort sind, da wir …«
»Hören Sie, ich bin nicht von gestern. Die Behörden werden rein gar nichts unternehmen, bis es vielleicht zu spät ist. Entweder, Sie sagen mir jetzt, wann und wo wir uns in den Staaten treffen, oder ich werde auf eigene Faust losziehen.«
Stille. Carolin konnte bildlich vor sich sehen, wie sich der Anrufer die Haare raufte, doch das war ihr herzlich egal. In diesem Punkt würde sie nicht nachgeben, das würde der Schlipsträger schon noch begreifen. Im Geiste legte sie sich die Worte zurecht, die sie ihm gleich an den Kopf pfeffern würde.
»In Ordnung«, lenkte der Mann zu ihrer Überraschung ein. »Wie Sie wollen.« Knistern von Papier. »Mein Flug geht um dreizehn Uhr von Berlin aus. Ich werde gegen fünfzehn Uhr Ortszeit in San Francisco landen. Wenn Sie ebenfalls dorthin kommen, hole ich Sie am Flughafen ab.«
Carolin zückte bereits einen Stift. »Ich kümmere mich sofort um einen Flug. Wie kann ich Sie erreichen?«
Er gab ihr seine Mobilnummer durch. Carolin notierte die Zahlen auf ihrer Handfläche, dann legte sie auf. Während sie das Diktiergerät in die Tasche warf, wählte sie bereits eine Ortsnummer. »Kommt schon, geht ran!«, flehte sie und verließ das Gebäude.
Endlich wurde abgehoben. »Vermittlung.«
»Ja, hallo. Bitte verbinden Sie mich mit dem Flughafen in Kassala.« Das Telefon ans Ohr gepresst, rannte sie zum Bus. Es dauerte fast zwei Minuten, bis sie durchgestellt wurde.
Kaum hatte sie das Gespräch beendet, tippte sie eine ellenlange Zahlenfolge ein. Carolin suchte mit einer Hand das Geld für die Busfahrt aus ihrer Hosentasche und nahm in dem stickigen Gefährt Platz. Wieder wartete sie. Diesmal auf die Verbindung nach Deutschland.
»Heidelberger Nachrichtenblatt. Weidbach.«
»Thomas, hier ist Caro.«
»Hi, was macht der Sudan?«
»Ich muss sofort rüber in die USA. Meine Freundin Anja ist entführt worden. Mein Flug geht um fünfzehn Uhr in Kassala, ich wollte dir nur schnell sagen …«
»Das ist ein Scherz, oder?«
»Nein, das ist bitterer Ernst. Ein Mann vom Auswärtigen Amt hat gerade angerufen. Irgendwelche Typen haben Anja als Geisel genommen.«
Betroffenes Schweigen folgte. »Wie ist das passiert?«, fragte Thomas dann.
»Die wissen noch nichts Genaues, deshalb
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