Wo immer Du bist, Darling
Rücksichtslosigkeit. Vielleicht wollte ich das bisher einfach nicht wahrhaben.« Nachdenklich sah er zu Boden, begriff, dass er mit Anja über Dinge gesprochen hatte, die er noch keiner Menschenseele anvertraut hatte. Sie hatte etwas an sich, besaß ein Wesen, das ihm ans Herz ging.
Die anfänglichen Kerben seines Panzers waren aufgebrochen und hatten die verhärtete Schale gesprengt, bis nichts mehr von seinem einstigen Schutzwall übrig geblieben war. Komischerweise fühlte er sich weniger ungeschützt als vielmehr erleichtert und befreit. »Deine Großmutter war nicht die einzige weise Frau in eurer Familie«, murmelte er.
Anja blickte ihn von der Seite an, sichtbar gerührt von seinen leisen Worten. Zögernd griff sie nach ihrem Besteck.
Die Bohnen waren inzwischen kalt, aber das schien ihr nicht so recht aufzufallen, während sie in verständiger Zweisamkeit mit ihm aß. Wenig später räumten sie auf.
Ramon stellte den schmutzigen Topf vor die Höhle und gewann so dem prasselnden Regen wenigstens einen Nutzen ab. Weil er nicht herausfinden wollte, wie Anja auf erneute Dunkelheit in der Höhle reagieren würde, ließ er die Petroleumlampe weiter auf schwacher Flamme brennen.
Da sie sowieso nichts anderes machen konnten, lehnte er sich wieder in der gleichen, bequemen Haltung zurück.
Geübt wickelte er die warmen Decken um Anja, worauf sie sich unverzüglich an seine Brust kuschelte. Zufrieden lauschte er dem einschläfernden Geräusch des Regens.
8.
Im Zwielicht der Höhle
Kalifornien, Sierra Nevada, 05.09.2007, 01:24 Uhr
A nja hatte einen Albtraum, das wusste sie ganz genau, denn die Farben ihrer Umgebung wirkten viel zu grell. Trotz dieses Wissens schien die Decke der Höhle unaufhörlich tiefer zu sinken. Gleich würde sie zerquetscht werden …
Mit einem erstickten Schrei fuhr sie auf, hinter ihr schreckte Ramon fast zeitgleich hoch.
»Was ist passiert?« Sein Griff um ihre Mitte verstärkte sich schützend. »Ist ein Tier in der Höhle?«
»Nein. Nein, ich glaube nicht.« Ihr Herz klopfte immer noch hektisch.
Ramon sah sich im schwachen Schein der glimmenden Lampe um. Weil es aber nichts gab, was er verscheuchen musste, lehnte er sich wieder zurück und zog sie mit sich. »Macht dir die Enge wieder Angst?«, fragte er leise und strich mit dem Kinn über ihren Scheitel.
»Ein wenig vielleicht, aber es geht schon.« Sie winkelte ein Bein an und versuchte, wieder eine bequeme Lage zu finden.
Schläfrig begann Ramon ihren Oberschenkel zu liebkosen, unbeabsichtigt kitzelte sein warmer Atem ihren Hals.
Von dem Albtraum noch ganz aufgekratzt, begannen ihre Sinne plötzlich verrückt zu spielen. Überdeutlich wurde ihr bewusst, dass sie beide unter den Decken praktisch nackt waren. Schmetterlinge erwachten in ihrem Bauch und verbreiteten flatternde Unruhe. Ihr Puls steigerte sich zu einem regelrechten Herzrasen.
Ramon spürte ohne Zweifel, wie aufgeregt sie plötzlich war, denn er küsste ihre Schläfe und zog sie noch enger an sich heran.
Diese zärtliche Geste raubte Anja den letzten Rest an Verstand. Sämtliche aufgestaute Sehnsucht brach sich Bahn und rauschte ungebremst durch ihre Adern. Ohne nachzudenken, drehte sie den Kopf.
Ihre Lippen streiften federleicht seine Wange, zögerten kurz, berührten dann seinen Mundwinkel. Ramons gemächliche Liebkosung hörte abrupt auf.
Spürbar gebannt von dem, was sie tat, hielt er inne, als könnte er nicht fassen, was gerade geschah. Als sie sich zurückziehen wollte, tippte er behutsam gegen ihr Kinn und führte es, bis ihr Mund auf seinem lag. Leise stöhnend küsste er sie. Erst fragend, ungläubig, dann immer fordernder.
Anja drehte sich in seinen Armen um. Ihre Hände glitten wie ferngesteuert an seiner Brust hinab, landeten auf seinem Bauch, angelockt von den geschmeidigen Muskeln, die sich bei jedem Atemzug anspannten. Es war phänomenal, Ramon endlich zu berühren, ihn wahrhaft anzufassen, nicht nur so flüchtig und verhalten wie bisher. Sein durchtrainierter Körper erinnerte sie an lebendigen Marmor. Herrlich warm und fest.
Nachdem sie erst einmal angefangen hatte, ihn zu erkunden, konnte sie nicht mehr damit aufhören. Neugierig betastete sie jeden Zentimeter Haut, den sie fand.
*
Ramons Atmung wurde immer unregelmäßiger bei dem, was Anjas Finger ihm antaten. Er konnte nur beten, dass ihr klar war , worauf sie unweigerlich zusteuerten, denn er überschritt langsam eine Grenze, nach der an Aufhören nicht
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